Seit mittlerweile drei Jahren besteht die Fanabteilung des BVB als eigene Abteilung innerhalb des eingetragenen Vereins. Viel ist in der Zeit geschehen, doch der anfängliche Schwung und die Hoffnung auf eine aktive Mitsprache der Fans bei Fanthemen sind bei vielen Mitgliedern mittlerweile in Enttäuschung und Unzufriedenheit umgeschlagen. Letzter vorläufiger Höhepunkt war die Debatte um die Evonik-Fahne und die Rolle der Vorsitzenden der Fanabteilung bei deren Präsentation. Etliche Mitglieder fühlten sich nicht nur übergangen, sondern gar von den eigenen Vertretern getäuscht. Die Fanabteilung steht vor der Abteilungsversammlung im November am Scheideweg.
Zur Einleitung die Bitte, dass sich jeder einen Austritt aus der Fanabteilung aufgrund persönlicher Enttäuschung gut überlege. Mit einem Alter von drei Jahren steckt die FA quasi noch in den Kinderschuhen und ein Rückgang der Mitgliederzahl, bevor sie überhaupt ein stabiles Fundament erreicht hat, wäre das Verpassen einer großen Chance für die Fanschar des BVB.
Es wäre das traurige Eingeständnis, dass Fans nicht in der Lage sind, einen Verein aktiv mitzugestalten; ein fatales Signal. Wenn dieses Projekt scheitert, wird es keine zweite Chance mehr geben. Alle zukünftigen Versuche von Fans sich zur Durchsetzung ihrer Interessen zu organisieren, würden vom Verein sicherlich nicht mehr ernst genommen.
Jeder der trotzdem mit dem Gedanken eines Austritts aus der Fanabteilung spielt, sollte bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass die derzeitige Lage trotz allem gar nicht so schlecht ist. Gerade die manchmal kritisierte Stellung der FA als Abteilung innerhalb des Vereins (die neben all den Vor- und Nachteilen vor allem auch eine starke symbolische Bedeutung hat – Fans als Teil des Vereins und nicht außerhalb organisiert), bietet schon jetzt große Möglichkeiten der Mitgestaltung. Man möge sich bitte verdeutlichen, dass die FA mit mehr als 2.000 Mitgliedern eine nicht zu verachtende Basis hat. Wenn man beispielsweise bedenkt, dass zu einer Jahreshauptversammlung des e.V. ungefähr 1.000 Vereinsmitglieder erscheinen, bekommt man eine kleine Vorstellung von dem, was mit einer starken und aktiven Fanabteilung alles möglich ist. Lasst dieses Potential nicht auf Grund der Enttäuschung durch einzelne Personen wirkungslos verpuffen, sondern sorgt im November per Wahl dafür, dass Leute eures Vertrauens dieses Projekt weiterführen.
Die Häufung von Auftritten des Vorstandes im Zusammenhang mit Sponsoring-Maßnahmen und die immer öfter vorkommenden Äußerungen in den Medien, stehen einer immer stärker schwindenden Fannähe gegenüber. Während jene Aktiven, die Spieltag für Spieltag am Fanpoint und bei Fantreffen im direkten Kontakt mit den Fans stehen, einen Eindruck davon bekommen, was die Fans wirklich bewegt, kann man zunehmend den Eindruck gewinnen, dass diese Stimmungsbilder bei den Entscheidungsträgern nicht wirklich ankommen. Kein Fan auf der Südtribüne schreit nach einer überdimensionalen Fahne mit noch überdimensionalerem Sponsorenlogo, die ihm bei „You’ll never walk alone“ dann auch noch vor der Nase hängt. Ihm diese Fahne als Geschenk zu präsentieren, dass er nicht ablehnen kann und ihn damit erstens zu entmündigen und zweitens für dumm zu verkaufen, ist nicht die Art und Weise mit der man Akzeptanz erwirbt und den Fans das Gefühl gibt für sie zu arbeiten. Dass man sich dabei noch vor den Karren Evonik spannen ließ und somit zu einem Teil der fußballfremden Premierenschau beim Spiel gegen Werder Bremen wurde, macht das Ganze nicht besser. Dass man sich eines sehr beliebten Fangesangs bedient und mit dessen positivem Effekt einen Imagegewinn für den, auf der Fahne als übergroßes Sponsorenlogo vertretenen Konzern erzielt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Warum dann die Fahne auch noch zu You’ll never walk alone heruntergelassen wird, einem Zeitpunkt an dem die Südtribüne sich mit tausenden gen Himmel gestreckten Schals von ihrer besten Seite zeigt, bleibt ebenfalls ein Geheimnis der Verantwortlichen. Vor diesem Hintergrund erhält die Geschichte mit dem Fanabteilungs-Bulli, der ebenfalls im Rahmen der supitollen Werbeveranstaltung überreicht wurde, einen sehr faden Beigeschmack. Mit ein wenig Gespür hätte man hätte man die schon lange feststehende Übergabe nicht an diesem Abend durchgeführt, wenn man nicht in den Verdacht geraten will, einem Sponsoren seine Unterstützung verkauft zu haben.
Ebenso unverständlich ist es, dass auf der anderen Seite der Infowagen, der – als eine grundlegende Einrichtung einer soliden Basisarbeit – ursprünglich die Fans unter der Südtribüne mit Informationen versorgen und die Kommunikation der Fanabteilung mit ihren Mitgliedern stützen sollte, keinen Vorrang vor den publicityeinträglichen Leuchtturmprojekten hat.
Als starke Basis benötigt die Fanabteilung neue Mitglieder. Die gewinnt man aber nicht durch Aktionen am Fan vorbei, sondern wohl eher durch Aktionen, die dem Fan sein Fansein durch die Organisation von Auswärtsfahrten erleichtern, durch regionale Zusammenkünfte schöner machen und ihm das Gefühl geben, ein Teil von Borussia zu sein. Dieses Gefühl vermittelt die Fanabteilung derzeit nicht.
Die wichtigsten Fragen für die Zukunft der FA sind daher: Wie kann es mit der Fanabteilung weitergehen und was muss passieren, damit das Vertrauen der Mitglieder wieder zurück gewonnen werden kann?
Zuerst muss ein quasi Geburtsfehler der Fanabteilung behoben werden. Aufgrund der Gründung der FA in Zeiten finanzieller Not des e.V. hat die Fanabteilung kein eigenes Budget zur Verfügung. Dennoch entschloss man sich gleich zu Beginn zur Durchführung von kostenintensiven Projekten wie dem Borusseum, sicherlich auch mit dem Hintergedanken, die FA möglicht schnell bekannt zu machen und Mitglieder zu gewinnen. Im Nachhinein muss jedoch feststellen, dass dieser Weg vielleicht der falsche war. Einerseits haben häufige Spendensammelaktionen bei den Fans eher für Unmut und Ablehnung gesorgt, andererseits war man gezwungen auch verstärkt mit den Sponsoren des BVB zusammenzuarbeiten, die der Fanabteilung Spenden zukommen ließen. Man begab sich damit freiwillig in eine finanzielle Abhängigkeit von Sponsoren und war als Gegenleistungen zu Maßnahmen gezwungen, die auch gegen den Willen der Abteilungsmitglieder gerichtet waren und Unmut hervorriefen. Jeder dürfte sich da unter anderem noch an das peinliche Warsteiner-Halbzeitspielchen erinnern, bei dem Plastikflaschen aufgepustet werden mussten.
Diesen Fehler gilt es zu korrigieren und durch Basisarbeit zu überzeugen, statt durch Leuchtturmprojekte. Basisarbeit ist zwar personenintensiv, aber verursacht weitaus weniger Kosten und vermittelt jedem das Gefühl, dass durch die Arbeit der Fanabteilung wirklich positives für die Fanszene geschaffen wird. Das Potential und engagierte Fans, die sich dieser Aufgabe mit Freuden annähmen, erhielten sie denn die Rückendeckung des Vorstandes, sind vorhanden. Leider ist der Punkt „Arbeit am Fan“ auch in der teilweise nur bruchstückhaft funktionierenden Öffentlichkeitsarbeit der Fanabteilung noch viel zu unterrepräsentiert. Die Fanabteilung hat zum Beispiel – durch die vorbildliche Arbeit der Regionalvertreter – Fans in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands zusammengeführt und gemeinsame Fahrten zu Spielen und Aktivitäten initiiert. Zum Beispiel organisieren die Regionalvertreter Süddeutschland Busse, die den Fans aus Bayern und Baden-Württemberg regelmäßig die Möglichkeit geben, gemeinsam mit dem Bus anzureisen und Gleichgesinnte in ihrer Region kennen zu lernen. Und dies ist nur ein Punkt, der bei den „Betroffenen“ wirklich positiv an‑, insgesamt in der Außendarstellung aber viel zu kurz kommt. Dabei kann man mit sozialem Engagement eigentlich nur Sympathien sammeln und dem Fan die positiven Auswirkungen einer organisierten Fanarbeit für ihn selbst verdeutlichen.
Überzeugung durch Basisarbeit wäre der erste Schritt, um eine breite Mehrheit hinter sich und in die Fanabteilung zu bringen. Im zweiten Schritt hat man dann die Möglichkeit, ein eigenes Budget für sich vom Verein einzufordern. Damit können größere Projekte in Angriff genommen werden und das – was für viele Fans sehr wichtig ist – weitestgehend frei von Verpflichtungen den Sponsoren gegenüber.
Der zweite wichtige Ansatzpunkt ist der, dem Handeln der Fanabteilung durch seine Vorsitzenden wieder ein Mehrheitsvotum der Abteilungsmitglieder zu geben. Dabei kann der Anspruch erstmal nur sein, die eigenen Mitglieder zu vertreten und nicht eine komplette Fanszene. Fans vertreten zu wollen, die nicht in der Fanabteilung organisiert sind und dort auch ihre Meinungen und Wünsche nicht kundtun, kann mit einer noch geringen Anzahl von Abteilungsmitgliedern nur zu Verärgerung und Problemen führen.
Doch wie kann man die FA wieder zurück zur Basis führen? Vor allem durch häufigere Abteilungsversammlungen, wo die Kommunikation zwischen Mitgliedern und Vorstand noch am einfachsten möglich ist. Dabei wäre es wünschenswert, wenn die Diskussion vor allem das zukünftige Handeln betrifft. Bisher bestand ein Großteil der Versammlung aus der Diskussion über vergangene Aktivitäten und aufgetretene Probleme. Manöverkritik ist sicherlich wichtig und darf nie fehlen, noch wichtiger sind aber Gespräche über die weitere Richtung, die die FA einschlagen soll. So könnte man beispielsweise eine Art Quartalsplan vorstellen und den Mitgliedern zumindest umreißen, was für Aktivitäten in den nächsten Monaten geplant sind und wie sie umgesetzt werden sollen. Gibt es für die verschiedenen Planungen kein Mehrheitsvotum, sind sie eben zu unterlassen. Das schränkt den Vorstand zwar ein Stück weit in seinen Handlungen ein, verschafft ihm aber immer die komfortable Möglichkeit, die Mehrheit der Abteilung hinter sich zu wissen. Klar ist, dass es dabei auch nur um das Abstecken des groben Handlungsspielraums gehen kann, alles andere führt nur dazu, dass das System erstarrt und unflexibel wird. Die Handlungskompetenz bleibt dem Vorstand unbeschnitten und erfolgt auch in Absprache mit den Mitgliedern des Fanbeirates. Ebenso muss dem Vorstand auch immer ein Handlungsspielraum für plötzlich auftretende Probleme und Aktivitäten bleiben. Aber auch da wird man Fehler sicherlich schneller verzeihen, wenn die Mitglieder der Fanabteilung mit dem eingeschlagenen Weg grundsätzlich einverstanden sind.
Beide Ansätze fordern auch von den Mitgliedern einiges ab. Sinn für das realistisch machbare, seine Meinung wirklich kund zu tun und sich nach Möglichkeit auch aktiv in die Arbeit einzubringen – aber letztendlich kann eine aktive Fanarbeit auch nur mit aktiven Fans erfolgen und erfolgreich sein.
Nutz die Chance, die sich durch die Existenz einer Fanabteilung bietet und tragt mit dazu bei, dass sie wieder den richtigen Weg einschlägt. Macht euch Gedanken was man verbessern kann und gestaltet aktiv mit, bringt euch ein. In der Vergangenheit hat die Arbeit der FA auch viel Gutes bewirkt, was man leider nur all zu schnell übersieht. Sorgt dafür, dass diese sinnvolle Arbeit weiter vorgesetzt wird und dann wird auch bald die Enttäuschung über die Fanabteilung wieder der Freude und dem Stolz weichen, eine Abteilung zu haben, die ihr Ohr am Fan hat und Gehör bei unserem Verein findet.