Wie fühlt es sich eigentlich an, so ein Heimspiel von RasenBallsport? Unser Autor hat den Selbstversuch gewagt.
In der 16. Minute halten hunderte einheimischer Freunde die Nummer 16 für den Außenverteidiger Lukas Klostermann hoch, der sich das Kreuzband gerissen hatte. Drei Minuten später sind die Gladbacher Fans dran, die bislang geschwiegen haben, 19:00 Minuten lang, entsprechend dem Jahr der Vereinsgründung. Protest! Dann rollen sie ein riesiges Transparent mit der Aufschrift „Traditionsverein seit 1900“ aus und beginnen zu singen. Nur so richtig zu hören sind sie nicht. Minutenlang singt das Reststadion gegen sie an: „Auf geht´s Leipziger Jungs, schießt ein Tor für uns.“
Sächsische Rebellion als Gegenwehr der Gladbacher Demonstration. Überhaupt gibt es in Leipzig eine „Leckt uns doch mit Eurem Traditionsverein-Gequatsche“, der Trotz ist unübersehbar. Etwa auch gegenüber dem alles dominierenden Sponsor? Aus der Kurve wird konsequent „Rasenballsport“ angefeuert, den Schwindelnamen des Vereins, den man brauchte, um eine Abkürzung zu haben, die dem zu bewerbenden Produktnamen entspricht.
Den Rennmäusen geht langsam der Taurin aus
Unten wird weiter ein Fußball gebolzt, der viel Kraft und Kampf und Willen beinhaltet, und bei sensiblen Gemütern für Kopfschmerzen sorgt. Man kann das aber auch für Vollgasfußball ohne Drehzahlbegrenzung halten und gut finden. RB Leipzig führt inzwischen mit 1:0, der Gast aus Mönchengladbach quält sich. Später wird ihr Trainer André Schubert sagen, dass es ein Ziel von Leipzigs Spielweise sei, den Gegner in Panik zu versetzen. Die überfällt irgendwann auch den Zuschauer.
Aber nicht die Freunde. Irgendwann hüpft das ganze Stadion, und der obere Teil der Tribüne schwingt, aber dann gibt es doch keine einstürzenden Neubauten. Den Rennmäusen geht langsam der Taurin aus, und schon gerät ihr Spiel ins Schwanken. Gladbach gleicht noch aus. Das Spiel des vierten Spieltags der Bundesliga endet 1:1.
Es wird gespielt, um ein Produkt zu verkaufen
Es war Fußball, mit zwei Mannschaften in einem Stadion voller Zuschauer, die nun applaudieren. Es war nicht der Kongo und keine überdrehte Marketingshow, weil die Leute von der Dose schließlich nicht blöd sind. Sie simulieren richtigen Fußball für ihre Zwecke, statt eine Verkaufsshow draus zu machen. Beim Fußball geht es überall ums Geld, ums Geschäft, ums Marketing und den ganzen unromantischen Kram, bei jedem noch so traditionsreichen Traditionsklub. Doch nur in Leipzig wird aus den völlig falschen Gründen gespielt: Um ein Produkt zu verkaufen. Und deshalb ist es ein falscher Freund, der in die Bundesliga gekommen ist.