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Fabian Her­bers, Sie spielen in den USA bei Chi­cago Fire und befinden sich gerade in Disney World in Orlando, Flo­rida. Welche Ach­ter­bahn hat es Ihnen angetan?
Ach­ter­bahn­fahren ist wegen der Pan­demie momentan leider nicht erlaubt. Aller­dings bin ich ja nicht zum Urlaub­ma­chen hier, son­dern wegen des MLS is back-Tour­na­ments, das in Orlando aus­ge­tragen wird. Weil sämt­liche Spiele im selben Sta­dion statt­finden, sind wir zusammen mit allen anderen Mann­schaften in einem Hotel des Walt Disney World Resorts unter­ge­bracht. Selbst­ver­ständ­lich unter strengsten Qua­ran­täne-Vor­schriften. Bei meiner Mann­schaft und mir per­sön­lich wurde noch nie­mand positiv getestet. Ich hoffe, das bleibt auch so.

Erklären Sie uns kurz den Modus des Tur­niers.
Das Tur­nier hat am 8. Juli begonnen und ist an eine Welt­meis­ter­schaft ange­lehnt, nur dass keine Nationen gegen­ein­ander antreten, son­dern die Teams aus der Eas­tern und Wes­tern Con­fe­rence der MLS. Gerade befinden wir uns noch in der Vor­runde, danach geht es mit den Ach­tel­fi­nals weiter. Aller­dings wurden mit Dallas und Nash­ville bereits zwei Teams vom Tur­nier aus­ge­schlossen, weil sie meh­rere Corona-Fälle hatten und ent­spre­chend nicht wett­be­werbs­fähig waren. Statt der ursprüng­lich ange­dachten Teil­neh­mer­zahl von 26 Mann­schaften sind jetzt nur noch 24 dabei.

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Wie im Film: Das Walt Disney World Resort in Orlando, Flo­rida.

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Hätten Sie die Mög­lich­keit gehabt, Ihre Teil­nahme an dem Tur­nier aus Sorge vor einer Corona-Infek­tion zu ver­wei­gern?
Ich habe nach Deutsch­land und Eng­land geblickt und gesehen, dass dort wieder gekickt wird und nahezu alles ohne Kom­pli­ka­tionen abläuft. Ich hatte ein­fach wieder richtig Lust auf Fuß­ball. Hätte ich aller­dings einen trif­tigen Grund gehabt, dann hätte ich das Tur­nier auch absagen können. Es gibt Spieler, die sich aus Sorge um ihre Fami­lien vom Tur­nier abge­meldet haben. Carlos Vela vom Los Angeles FC bei­spiels­weise. Ich bin allein­ste­hend, daher musste ich mich nicht zwi­schen Fuß­ball und Familie ent­scheiden.

Ich musste mich nicht zwi­schen Fuß­ball und Familie ent­scheiden“

Plan­mäßig findet das Finale am 11. August statt. Wie stehen die Chancen für Ihr Team?
Natür­lich bin ich opti­mis­tisch gestimmt und will soweit wie mög­lich kommen. Das erste Spiel haben wir gegen den aktu­ellen Meister, Seattle Sounders, mit 2:1 gewonnen, in der zweiten Partie gegen die San José Ear­th­quakes haben wir 0:2 ver­loren. Eine Vor­her­sage ist natür­lich schwierig. Ich bin aber über­zeugt, dass wir eine der bes­seren Mann­schaften in der MLS sind. Ansonsten hat der Los Angeles FC gute Karten, die waren letztes Jahr spie­le­risch das Maß aller Dinge und auch ohne ihren Star Carlos Vela haben sie noch eine schlag­kräf­tige Truppe.

Wie emp­finden Sie die Zusam­men­ar­beit mit ihrem neuen Trainer, dem ehe­ma­ligen Bun­des­li­ga­spieler Raphael Wicky?
Schon bevor er zu uns kam, war mir der Name Raphael Wicky ein Begriff. Als Spieler beim HSV habe ich ihn damals wahr­ge­nommen. Obwohl er erst seit knapp sechs Monaten bei uns ist, kann ich sagen: Als Trainer hat er tak­tisch unheim­lich viel auf dem Kasten, ver­gisst dabei aber nicht, dass wir Men­schen und keine Maschinen sind. Seine Kom­mu­ni­ka­tion ist vor­bild­lich. Er schafft es, allen Spie­lern das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind und kann sie so bei Laune halten, beson­ders die, die nicht in der ersten Elf stehen. Er ist zwei­fels­frei einer der besten Trainer, die ich bis jetzt gehabt habe.

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Trainer Raphael Wicky gibt tak­ti­sche Anwei­sungen, Fabian Her­bers (links) hört genau zu.

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In der MLS gibt es den Salary Cap, eine Gehalts­ober­grenze für Spieler. Macht das die Liga attrak­tiver als bei­spiels­weise die Bun­des­liga, in der die finanz­stärksten Klubs die besten Chancen bei Spie­ler­ver­pflich­tungen haben?
Ja, auf jeden Fall. Die MLS ist ein sehr gutes Bei­spiel, wie fairer, gerechter Wett­be­werb funk­tio­nieren kann. Hier wird nahezu jedes Jahr ein anderer Verein Meister, in Deutsch­land seit Jahren immer nur Bayern Mün­chen. Das Meis­ter­schafts­rennen ist in der MLS für die Fans viel span­nender.

Es gibt aber auch Aus­nahmen, die soge­nannte Beckham Rule. Sie besagt, dass drei Spieler pro Team mehr Geld ver­dienen dürfen. Sorgt das nicht intern für Unmut?
Für die MLS hat diese Aus­nahme einen großen Mar­ke­ting-Wert. Dadurch können groß­ar­tige Spieler wie Kaká, Andrea Pirlo, Zlatan Ibra­hi­movic oder Bas­tian Schwein­steiger in die Liga geholt werden. Dank sol­cher Stars steigt die Begeis­te­rung für Fuß­ball im Land. Wenn man mit gesundem Men­schen­ver­stand an die Sache geht, dann ist es nur logisch, dass diese gestan­denen Welt­stars auf­grund ihrer Klasse und ihrer erbrachten Leis­tungen in der Ver­gan­gen­heit mehr Geld ver­dienen. Neid oder Eifer­sucht gibt es von meiner Seite aus daher nicht.

Sie haben bei Chi­cago Fire mit Schwein­steiger zusammen gespielt. Wie haben Sie sich auf und neben dem Fuß­ball­platz ver­standen?
Es war ein unfass­bares Gefühl, als er das erste Mal in der Kabine neben mir Platz nahm. Ich bin der eng­li­schen Spra­chen zwar mächtig, den­noch war es schön, jemanden zu haben, mit dem man auch mal auf Deutsch kom­mu­ni­zieren und dis­ku­tieren konnte. Oft­mals hat er mit Tipps gegeben, gerade dann, wenn ich nicht als Angreifer, son­dern auf der Acht ein­ge­setzt wurde. Von seiner Erfah­rung habe ich sehr pro­fi­tiert. Privat haben wir aber nicht viel Zeit mit­ein­ander ver­bracht, weil er Frau und Kind hat, mit denen er in seiner Frei­zeit natür­lich mög­lichst viel Zeit ver­bringen wollte. Sein Abschied von uns war gleich­zeitig sein Kar­rie­re­ende. Es war sehr emo­tional, einige Mit­spieler haben sogar ein paar Tränen ver­drückt.

Er ist der Beste, mit dem ich auf dem Feld stehen durfte“

War er der beste Fuß­baller, mit dem Sie auf­laufen durften?
Er ist sicher­lich der Beste, mit dem ich auf dem Feld stehen durfte. Anders als bei Bayern oder in der Natio­nal­mann­schaft hat Schwein­steiger bei uns oft als Innen­ver­tei­diger gespielt. Neben Schwein­steiger habe ich noch Ils­inho als über­ra­genden Fuß­baller ken­nen­ge­lernt. Mit ihm zusammen habe ich bei Phil­adel­phia Union gespielt. Ils­inho ist aller­dings ein ganz anderer Spie­lertyp. Einer, der das Eins-gegen-Eins sucht. Bei zehn von zehn Ver­su­chen würde er mich jedes Mal nass machen.

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Bas­tian Schweinster hat Wayne Ronney von D.C. United im Griff.

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Im Pod­cast Gemischtes Hack wurde Ihr Name auf­ge­griffen, nun werden Sie von Tommi Schmitt und Felix Lob­recht als Fuß­ball­gott ver­ehrt. Wie nehmen Sie diesen Hype um ihre Person wahr?
Mein Bekannt­heits­grad ist seit der ersten Erwäh­nung bei Gemischtes Hack gestiegen, keine Frage. Der Hype findet zum Glück nur in den sozialen Medien statt, ist mitt­ler­weile aber etwas abge­ebbt. Mein Leben in den Staaten hat sich dadurch nicht ver­än­dert, es kamen nur auf einen Schlag Tau­sende neue Fol­lower bei Insta­gram hinzu. Aber selbst­ver­ständ­lich ist es cool, plötz­lich Teil eines Pod­casts zu sein, dessen ein­ge­fleischter Fan man ist. Und natür­lich freue ich mich, wenn ich ein Foto poste und mir Hun­derte Hackis Kom­men­tare wie Fabi Her­bers, Fuß­ball­gott!“ hin­ter­lassen.

Neu­lich war Mats Hum­mels im Pod­cast zu Gast. Warum bekam Hum­mels den Vorzug vor Ihnen?
Das frage ich mich auch! Ich muss wohl mal ein ernstes Wört­chen mit Tommi Schmitt reden. (Lacht.) Nein, Mats Hum­mels ist eine gestan­dene Größe im deut­schen Fuß­ball und ein Idol für viele Kinder und Jugend­liche. Für die Hörer ist ein Welt­meister von 2014 even­tuell ein wenig inter­es­santer als ich. Viel­leicht bekomme ich ja nochmal eine Ein­la­dung, aber ich will mich auch nicht vor­drän­geln.

Mit wel­chem Verein fie­bern Sie mit und wer war das Idol Ihrer Kind­heit?
Als Fan von Borussia Dort­mund habe ich Anfang der 2000er natür­lich Marcio Amo­roso bewun­dert. Mit ihm wurde Dort­mund 2002 Meister, er wurde zusammen mit Martin Max Tor­schüt­zen­könig. Dann folgte eine recht maue Zeit, unter Klopp ging es glück­li­cher­weise wieder bergauf. Heut­zu­tage ver­suche ich so gut es geht, die Spiele der Bun­des­liga und vor allem die Par­tien vom BVB zu ver­folgen.

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Wurde nicht nur von Fabian Her­bers ver­göt­tert: Dort­munds Stürmer Marcio Amo­roso.

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2002 sind Sie als kleiner Junge in die Jugend­mann­schaft von Twente Enschede gewech­selt. Wie kam es dazu?
Ich komme aus Ahaus an der Grenze zu den Nie­der­landen. Twentes Talent­scouts hatten mich früh ent­deckt, schließ­lich wurde ich zum Pro­be­trai­ning ein­ge­laden und konnte die Ver­ant­wort­li­chen von mir über­zeugen. Wegen der geo­gra­fi­schen Nähe blieb ich zuhause wohnen und musste nicht ins Internat.

Tommi als Spie­ler­be­rater? Das klingt gran­dios!“

Ihr Weg in den Pro­fi­fuß­ball war letzt­lich aber den­noch sehr unkon­ven­tio­nell…
Mir war früh klar, dass es für mich nicht für die erste oder zweite Bun­des­liga rei­chen wird, daher habe ich den Fokus auf meinen aka­de­mi­schen Wer­de­gang gelegt. Nach meinem Abitur in Deutsch­land wurde ich in den USA an der Creighton Uni­ver­sity für BWL ange­nommen. Mit dem Traum vom Pro­fi­fuß­ball hatte ich zu diesem Zeit­punkt bereits abge­schlossen. Die Unver­sität bot mir nicht nur eine gute Aus­bil­dung, son­dern auch ein gut auf­ge­stelltes, inter­na­tio­nales Fuß­ball­team. Beim Col­lege Soccer konnte ich durch viele Tore und Assists auf mich auf­merksam machen und plötz­lich buhlten einige MLS-Ver­eine um mich. 2016 kam dann das Enga­ge­ment bei Phil­adel­phia Union zustande, 2019 ging es zu Chi­cago Fire.

Ihr Ver­trag in Chi­cago läuft Ende Dezember 2020 aus. Wie geht es für Sie weiter?
Ich bin sehr glück­lich hier in Chi­cago, will mit dem Verein noch etwas errei­chen und würde mich über eine Ver­trags­ver­län­ge­rung freuen. Ansonsten habe ich auch meinen Bachelor in der Tasche und mache gerade per Fern­stu­dium meinen Master in Eco­no­mics. Grund­sätz­lich bin ich gegen­über anderen Län­dern und Ligen offen, auch eine Rück­kehr nach Deutsch­land zu meiner Familie ist nicht aus­zu­schließen.

Könnte Glad­bach-Fan Tommi Schmitt Sie nicht im Falle einer Rück­kehr nach Deutsch­land bei der Foh­lenelf unter­bringen?
Tommi als Spie­ler­be­rater? Das klingt gran­dios! (Lacht.) Anders als noch vor ein paar Jahren würde ich mir die 2. Bun­des­liga leis­tungs­mäßig zutrauen. Ich denke, das ist eine ganz gesunde Selbst­ein­schät­zung.