Der 1. FC Heidenheim brachte die Bayern an den Rande einer Niederlage. Warum es egal ist, dass der Zweitligist am Ende trotzdem ausschied.
Selbst wer nur ein einziges Pokalspiel gespielt hat, kennt es. Selbst wer nur ein einziges Mal einen Trainer nach einer Sensation im Kreispokal angesprochen hat, kennt es. Selbst wer nur seinen sonst nicht gerade lebensbejahenden Lebenspartner aufgeregt hoffend am Dienstagabend auf der Couch sitzend sieht, kennt es. Den Satz: „Der Pokal hat seine eigenen Gesetze.“ Eine Binse, ausgesprochen als letzte Patrone im Motivationscolt des Coaches, als Erklärung für das Unerklärliche, als Selbstvergewisserung, dass heute vielleicht alles möglich ist.
Bis das 0:1 fällt. Und man merkt, dass ein Pokalspiel eben auch nur Fußball ist. Und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit die bessere Mannschaft gewinnen wird. Die, die dann meist nicht die eigene ist.
Alles wie immer
Gestern Abend trat der 1. FC Heidenheim in München an. Gegen die Bayern, auswärts, im DFB-Pokal-Viertelfinale. Dorfklub gegen Rekordmeister. Eigentlich keine Chance, krasser Außenseiter, nicht einmal die ARD – die häufig mehr Bayerninhalte hat als FCBayern.tv – wollte dieses Spiel übertragen. Nach zwölf Minuten traf Leon Goretzka zum 0:1. Dann bewies der Pokal, dass er den gleichen Gesetzen folgt, wie jedes andere Fußballspiel.
Kapitel 12, Absatz 3 des DFB-Regelbuchs: „Verhindern eines Tors oder Vereiteln einer offensichtlichen Torchance.“ Weshalb Bayerns Niklas Süle nach 15 Minuten die Rote Karte sah. Und der Wahnsinn seinen Anfang nahm.
Doch dieses Spiel zwischen Heidenheim und den Bayern allein an einem Platzverweis festzumachen, wäre ein bisschen zu kurz gegriffen. Nein, dieses Spiel war vom Zweitligisten von langer Hand geplant. Genauer: Seit dem 30.03.2017. Da hatte FCH-Vorstand Holger Sanwald zur Pressekonferenz gebeten, um einen neuen Spieler vorzustellen: Robert Glatzel. 23 Jahre alt, mit Stationen beim SC Fürstenfeldbrück, Unterhaching, 1860 München (meist zweite Mannschaft) und dem 1. FC Kaiserslautern.
Glatzel steht parat
An so einem waren natürlich viele Vereine dran. Am Ende entschied sich Glatzel dazu, im Sommer zum 1. FC Heidenheim zu wechseln. Und wenn sich so einer, meinte Holger Sanwald, für den 1. FC Heidenheim entscheide, dann bedeute das was. „Es ist kein Geheimnis, dass ihm auch Angebote anderer Zweitligisten vorlagen.“
Gestern Abend spielte Robert Glatzel dann so, als würde er seinem Vorstand einen Grund dafür liefern wollen, sagen zu können: „Dafür haben wir ihn verpflichtet.“ Aber das ist natürlich Unsinn, denn welcher Zweitligist holt einen Stürmer, damit er drei Tore gegen die Bayern schießt? Glatzel traf zum 1:1, er schoss das 3:4 und beim Elfmeter zum 4:4 verlud er Sven Ulreich und chipte locker in die Mitte.