Darmstadt 98 statt Nikosia: Dirk Schuster ist zurück am Böllenfalltor. Die Rückkehr des einstigen Erfolgstrainers zum Bundesliga-Absteiger ist nicht unumstritten, aber die wohl einzige richtige Entscheidung – für Klub und Trainer.
Diese Gefahr besteht natürlich auch in Darmstadt. Schusters kurzfristiger Abgang in Richtung FC Augsburg nach dem Klassenerhalt im Mai 2016 hatte den Anhängern der Lilien knallhart vor Augen geführt, dass Lippenbekenntnisse, vermeintliche Fußballwunder und selbst Verträge im Zweifelsfall nur von geringfügiger Bedeutung sind. Schuster wird einige Zeit und wohl auch (schnelle) Erfolge benötigen, um kritische Fans wieder glaubhaft von seiner Liebe zum Verein überzeugen. Dass der Anruf von Präsident Fritsch „das Herz gleich wieder aufspringen ließ“ und „einen Gedankenprozess ausgelöst hat“, wie Schuster betonte, wird der geübte Fan als rhetorischen Kniff weglächeln.
Vater des Erfolgs
Andererseits ist Schuster der Vater der nicht für möglich gehaltenen Darmstädter Erfolgsstory, die den finanziell angeschlagenen Klub binnen drei Jahren vom sportlichen Absteiger in der 3. Liga zum erstmaligen Klassenerhalt in Liga eins führte. Auch das ist nicht vergessen. Noch dazu kennt der ehemalige DFB-Nationalspieler den Verein nach fast vier gemeinsamen Jahren bestens. „Es wird die Kunst sein, die Erfolge der Vergangenheit nicht allzu sehr in den Vordergrund zu schieben. Wir werden bei Null anfangen, als würden wir zum ersten Mal zusammenarbeiten“, warnt Fritsch davor, in Nostalgie zu verfallen. Doch: Hätte es wirklich einen besseren Kandidaten geben können als Schuster? „In unserer Situation hätten uns Experimente nicht weitergeholfen“, ist sich der Vereinsboss sicher.
Woran durchaus etwas dran ist. Werte wie mannschaftliche Geschlossenheit und eine stabile defensive Grundordnung, die Schusters erste Amtszeit geprägt haben, hat Darmstadt 98 unter Frings zuletzt schmerzlich vermissen lassen. Dazu ist Schuster keiner, der davor scheut, große Namen auf der Bank zu lassen. Vermeintliche Leistungsträger wie Hamit Altintop und Kevin Großkreutz zählte Frings mehrmals an – spielen durften sie meistens trotzdem.
Alles Gute und viel Erfolg
Dem vorhandenen Spielermaterial vertraut Schuster, der wie seine Assistenten Sascha Franz (Co-Trainer), Kai Schmitz (Analyse, Athletik) und Frank Steinmetz (Athletik) bis Juni 2019 unterschrieb. Auch Frings‘ Verdienste stellte er nicht in Frage. „Es wird nicht alles umgekrempelt. Torsten hat tolle Arbeit geleistet“, erklärte der neue und alte Lilien-Coach – wohl wissend, dass er sich nach seinem unrühmlichen Weggang vor 18 Monaten, dem ein nicht weniger unrühmlicher Rausschmiss in Augsburg vor fast genau einem Jahr folgte, nicht mehr viele Fehltritte leisten kann. Das gilt auch für die Lilien.
Den ersten Griff in die psychologische Trickkiste nahm übrigens Schusters Vorgänger vor. „Torsten hat mir eine Botschaft auf dem Flipchart hinterlassen“, berichtete Darmstadts Coach von seiner Rückkehr in die Kabine. „Alles Gute und viel Erfolg“, hätte Frings ihm sinngemäß mit auf den Weg gegeben.