Der FC Barcelona ist aus der Champions League ausgeschieden und muss in der Europa League weitermachen. Aber was erwartet den stolzen Verein dort überhaupt? Ein Leitfaden.
Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom, in Kopenhagen schellt das Telefon, vielleicht nach Rotterdam, vielleicht nach Mailand, vielleicht auch Teneriffa, eine Woche Sandstrand!
Das ist der melodische Willkommensgruß an den FC Barcelona vom Fuße des Volkes. Willkommen in Rasgard, in Cluj, in Budapest und in Zagreb. Willkommen in der Europa League!
Letztmals war dem einstigen Giganten diese Peinlichkeit in der Saison 2003/04 unterlaufen, als er international in einem Wettbewerb ran musste, der in Sachen Prestige, Glamour, Kohle und fußballerischer Klasse eine Liga unter der Champions League rangiert. Damals hieß der Contest noch Uefa Cup, bei Barca stand Frank Rijkaard an der Linie und Xavi trug statt Anzug noch Trikot. Die Gruppenphase überstand Barca seinerzeit gegen die Granden vom FK Matador Púchov, Panionios Athen und Bröndby IF. Celtic Glasgow im Achtelfinale war dann aber eine Nummer zu groß.
Weil die stolzen Katalanen seit ihrem Champions-League-Ausscheiden gestern Abend sicherlich noch nicht einen Gedanken an die Europa League verloren haben, springt das 11FREUNDE-Service-Team ein und erklärt die wichtigsten Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten. Willkommen bei: Europa League für Dummies.
Wie zur Hölle bin ich hierher gekommen?
Spätestens, wenn Schönwetterfußballer wie Memphis Depay, Coutinho und Ousmane Dembele im Februar in der Zorneskälte von Kasachstan die Knochen hinhalten, werden sie sich fragen, wie zur Hölle sie dort eigentlich hineingeraten sind. Zu ihrer Verteidigung: Mit der Frage werden sie nicht allein sein. Die knapp 400 teilnehmenden Mannschaften, die in der Europa League jährlich an den Start gehen, werden glücklicherweise durch diverse Zwischenrunden durchsiebt. Zu Beginn einer Spielzeit allerdings liest sich der Spielplan wie das Verzeichnis eines Diercke Atlas – vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Ob sich ein Team nun über einen grundsoliden achten Tabellenplatz qualifiziert hat, über den nationalen Ligapokal, den sie im Finale gar nicht gewonnen hatten, über die Fair-Play-Wertung, weil sie im vergangenen Jahr die Conference League oder vor zwölf Jahren mal den Intertoto-Cup gewonnen oder weil sie auf der Soester Allerheiligenkirmes an der Schießbude vier Dosen umgebolzt haben, ist geradewegs nicht erkenntlich. Wie, was, wann und wo, ist in den meisten Fällen nicht mehr nachzuverfolgen. Die Europa League – ein Fest für Fatalisten.
Bayer Leverkusen ist dieses Jahr fällig
Dauergast der Europa League ist ein Verein aus dem Bergischen Land im südlichen Nordrhein-Westfalen. Wo die Wupper in den Rhein und Titelambitionen in Enttäuschung münden: Bayer 04 Leverkusen. In den Monaten von August bis Dezember bauen sich die Leverkusener Luftschlösser, in denen sie von Titeln träumen. Diese Hirnspinnereien beinhalten auch den Sieg der Europa League. Erlaubt ist das durchaus. Zumal Bayer bis in den Winter hinein auch tollen Fußball zeigt, eine aufstrebende, hungrige Mannschaft auf den Platz stellt und die Gruppenphase der Europa League in der Regel in Schutt und Asche schießt. Irgendwann rauscht es sich allerdings aus, Leverkusen fliegt gegen ein Team der Marke Young Boys Bern aus dem Wettbewerb, verspielt national die sicher geglaubte Champions-League-Qualifikation, um für die kommende Saison abermals das Europa-League-Ticket zu buchen. Januar, Februar, März, April, die Jahresuhr steht niemals still.
Ein deutsches Überraschungsteam
Zuhauf haben sich neben Bayer Leverkusen auch deutsche Überraschungsteams in der Europa League oder im Uefa Cup versucht. Ob der SC Freiburg, der VfL Bochum oder der FC Augsburg: In Europa kennt sie keine Sau. Da änderte auch das Ausscheiden in der Gruppenphase nichts dran. Die deutschen Überraschungsmannschaften konkurrieren dabei zuvorderst mit dem eigenen Schicksal, Ligaalltag und europäische Auftritte nicht unter einen Hut zu bekommen. Das Schicksal wird dem FC Barcelona vielleicht nicht ereilen, aber man sei gewarnt.
Englische Mannschaften: Ganz oder gar nicht
Anders als die deutschen Vertreter, denen der Wille keineswegs abzusprechen ist, diesen Pokal zu gewinnen, interpretieren die Teams aus England diesen Wettbewerb, den Franz Beckenbauer ganz in ihrem Sinne mal den „Cup der Verlierer“ genannt hat. Biegt die Premier League auf die entscheidende Saisonphase ein, treten englische Klubs in der Regel mit einer B‑Elf auf. Eine klassische Kosten-Nutzen-Rechnung. Denn einerseits ist die Champions-League-Qualifikation oberste Prämisse, andererseits wirft jedes Auswärtsspiel in Wolverhampton mehr Fernsehgelder ab als der Gewinn der Europa League. Ist in der Liga die Messe gelesen, setzt das gegenteilige Szenario ein. Dann zieht eines der Großkaliber, dessen neuer Außenverteidiger mehr gekostet hat als das Budget aller teilnehmenden Teams zusammen, in den Sportmodus und brettert kurzerhand durch den Wettbewerb, überrollt Celtic, Lazio, Frankfurt und wie das Fallobst sonst so heißt.