In der Europa-League-Qualifikation bekommt es Eintracht Frankfurt gleich mit einem mächtigen Namen zu tun: Mittetulundusühning Jalgpalliklubi Football Club Flora. Klingt machbar, nur die Fans nehmen einiges auf sich.
Trotz Übermachtstellung im nationalen Wettbewerb ist der chronische Europa-League-Qualifikationsteilnehmer Flora auf internationaler Ebene nur eine sehr kleine Nummer. Im Duell mit anderen Giganten international mittelrelevanter Ligen musste man sich in den letzten Jahren den Gegnern aus Zypern (APOEL Nikosia), Albanien (FK Kukësi), Georgien (Dinamo Tiflis), Nordmazedonien (Rabotnicki Skopje) und Gibraltar (Lincoln FC) stets geschlagen geben. Der 4:2 Sieg nach Hin- und Rückspiel der ersten Qualifikationsrunde gegen Radnicki Nis, den letztjährigen Überraschungszweiten der serbischen Linglong Tire Super Liga, wird also als großer Triumph verbucht.
Jedes nicht dramatisch hohe Ausscheiden gegen die Eintracht wäre ein weiterer Erfolg, ein Weiterkommen eine Sensation. Deutlich wird das auch auf dem Transfermarkt. Der gesamte Kader der Esten ist laut „transfermarkt.de“ nur 5,25 Millionen Euro wert. In Frankfurt-Spielern gerechnet bekommt man den Flora-Kader also für einen Jetro Willems (5 Millionen Euro Marktwert) plus den 34-jährigen Ersatztorwart (Jan Zimmerman, 250.000 Euro). Das Spiel gegen die Eintracht ist für Tallinn eins der größten der Vereinsgeschichte. Dementsprechend werden wesentlich mehr Zuschauer als bei den Ligaspielen erwartet, zu denen normalerweise nur gut 700 Zuschauer kommen.
Schaukeln statt Kicken
Das liegt auch daran, dass Fußball laut Reiseführer nicht der Volkssport der Esten ist. In Estland genießt man sein A. Le Coq viel lieber beim Kiiking, dem Extrem-Schaukeln. Bei dem Gedanken an Überschläge auf bis zu acht Meter hohen Schaukeln wird hessischen Gemütern aber eher schwindelig. Ohnehin empfindet der ein oder andere nach der langen Reise und vielleicht einem A. Le Coq zu viel etwas Unwohlsein. Ärgerlich, dass man mit der Schmalspurbahnfahrt an der Altstadt vorbei auch die Raepteek, die älteste Apotheke Europas, ausgelassen hat. In der historischen Abteilung werden sogar noch Rezepte mit verbranntem Igel aufbewahrt. Bestimmt auch für diejenigen genau das Richtige, die ob der unmittelbar bevorstehenden Partie noch etwas nervös sind.
Wozu aber eigentlich kein Anlass besteht, schließlich ist die Eintracht haushoher Favorit. Sollten die Adler das Duell mit Flora wie erwartet schaukeln, geht es in der nächsten Runde entweder gegen den ungarischen Vizemeister FC Vehérvar oder den FC Vaduz aus Liechtenstein. Mit Fahrzeiten von nur 15, beziehungsweise fünf Stunden, wird das für die zähen Eintracht-Fans fast schon ein Heimspiel.