Streik, Vorwürfe und eine Entlassung: Im beschaulichen Mainz brennt gerade richtig der Baum. Der Klub setzt seine Identität aufs Spiel.
Was ist gerade in Mainz los? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Geht es ums Geld?
Im Prinzip schon. Doch das Kernproblem der aktuellen Mainzer Chaostage ist vor allem die mangelnde Kommunikation – und zwar seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Wie in allen anderen Vereinen berieten Klubvertreter und Mannschaft im Frühjahr aufgrund der fehlenden Einnahmen über einen Gehaltsverzicht. In Mainz, so heißt es, ging es dabei um 15 Prozent weniger Geld für Spieler und leitende Angestellte. Allerdings blieb für Außenstehende monatelang unklar, ob die Akteure dabei auf den Betrag verzichteten oder ihn stundeten. Erst nach langem Hin und Her gestand Sportvorstand Rouven Schröder ein, dass die Entscheidung für die zweite Option gefallen war.
Demnach hätte der Klub jene 15 Prozent zu einem Zeitpunkt zurückgezahlt, wenn es die „wirtschaftliche Lage wieder erlauben“ würde. Diese schwammigen Formulierungen ließen Fans und Öffentlichkeit relativ ratlos zurück. Wann genau würde das sein? Kann es passieren, dass der Klub überhaupt nichts zurück zahlt? Augenscheinlich waren es aber eben auch die Spieler, die sich genau diese Fragen stellten, als der Mannschaftsrat nun (wohl im Zuge der Auszahlung der Fernsehgeldrate an den Verein) das Gespräch mit den Funktionären suchte – und abgeblockt wurde.
Den Spielern soll es also vor allem um Klarheit in der Angelegenheit gegangen sein. Doch jene Klarheit konnte der Klub nicht liefern: Die Verantwortlichen sind hin und her gerissen zwischen idyllischer Identität und harter Realität. Der „Familienklub“ Mainz 05 steht finanziell klamm da, musste seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und konnte gleichzeitig die Topverdiener nicht zu einem Gehaltsverzicht bewegen. In der Familie gab es Streit – und keiner wollte es zugeben.
Der Grund für die Degradierung? Beierlorzer: „Die zu erwartenden Konflikte“
Welche Rolle spielt Adam Szalai?
Der Stürmer kann auf eine bewegte Mainzer Vergangenheit zurückblicken, in der er mit den „Bruchweg-Boys“ 2010 sogar die Tabellenspitze erklomm. Die Gegenwart nach seiner Rückkehr im vergangenen Jahr kommt trostloser daher. Ihm glückte in der kompletten vergangenen Spielzeit nur ein einziges Tor. Rund um den Bruchweg halten sich nun hartnäckig die Gerüchte, er sei mit Übergewicht aus dem Urlaub zurückgekehrt. In jedem Fall spielte er in den Planungen der Mainzer keine Rolle mehr, gleich vier Konkurrenten standen im Angreifer-Ranking vor ihm. Laut Vorstand Schröder soll Szalai bereits im Sommer, wohl aber sehr deutlich vor anderthalb Wochen nahe gelegt worden sein, sich einen neuen Verein zu suchen.
Das wäre an sich ein recht nachvollziehbarer Vorgang: Szalai ist Kapitän der ungarischen Nationalmannschaft und dürfte ein Interesse daran haben, vor der EM im kommenden Jahr über genügend Spielpraxis zu verfügen. Gleichzeitig wollte der Klub in der derzeitigen Lage einen der Topverdiener noch vor dem Ende der Transferperiode am 5. Oktober abgeben.
Kurios bleiben allerdings zwei Begebenheiten: Im Pokalspiel der Mainzer vor drei Wochen stand Szalai, mit dem der Trainer eigentlich nicht mehr planen wollte, im Kader und traf nach seiner Einwechslung auch prompt zur 2:1‑Führung. Zweitens wurde Szalai nicht nur mitgeteilt, dass er keine Rolle mehr spiele. Er sollte nicht mehr am Mannschaftstraining teilnehmen und individuell trainieren. Coach Achim Beierlorzer begründete das später mit „den zu erwartenden Konflikten mit der Situation“, wohlgemerkt nur für ihn selbst, nicht fürs Team. Szalai soll auf die Entscheidung unwirsch reagiert haben – mit harschen Worten gegenüber dem Trainer.
Auch eine andere Aussage des Trainers Beierlorzer im Nachgang hinterließ Stirnrunzeln: „Dass Adam uns in gewisser Weise helfen kann, steht außer Frage.“ Das sehen die Mainzer offenbar weiterhin nicht so, der Stürmer muss bei der U23 trainieren. Außerdem treffen sich Szalai und Mainz 05 nach Lage der Dinge bald vor dem Arbeitsgericht.