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Seite 2: „Eine Form von reaktionärer Politik“

In anderen Bun­des­län­dern gab es wie­der­holt Kritik am Vor­gehen von BF-Ein­heiten, weil sie unan­ge­messen hart gegen Fuß­ball­fans oder Demons­tranten vor­ge­gangen sein sollen. Haben auch Sie dies­be­züg­liche Erfah­rungs­werte aus Ihrer Arbeit?

Per­sön­lich habe ich die nicht, aller­dings kann ich mir auf­grund des Status als Son­der­ein­heit gut vor­stellen, dass diese Vor­würfe nicht von unge­fähr kommen. Von sol­chen Son­der­ein­heiten wie dem SEK ist ja bekannt, dass sie sehr rigide und nicht gerade zim­per­lich vor­gehen. Mit­tel­fristig ist das wohl auch von der neuen NRW-Ein­heit zu befürchten, gerade wenn es um Aus­ein­an­der­set­zungen zwi­schen Ultras und der Polizei geht. Da herrscht dann mög­li­cher­weise auch von­seiten der Polizei ein erheb­li­ches Gewalt­po­ten­zial. Ein wei­terer Kri­tik­punkt ist, dass es so gut wie unmög­lich ist, sich juris­tisch gegen über­hartes Vor­gehen der Polizei zu wehren. Es gibt keine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­mög­lich­keiten. Poli­zei­ge­walt ist kaum kon­trol­lierbar. Man kennt den Korps­geist bei der Polizei, Ver­fahren gegen über­grif­fige Beamte werden im Keim erstickt. Wenn man sich dazu ent­schließt, juris­tisch etwas zu unter­nehmen, muss man sich sogar der Gefahr bewusst sein, dass man even­tuell selbst einer Straftat, der fal­schen Ver­däch­ti­gung, bezich­tigt wird.

In einigen Bun­des­län­dern wurden die Poli­zei­ge­setze schon ver­schärft, in anderen steht dies bevor. Gibt es bei der Polizei einen all­ge­meinen Trend zur Auf­rüs­tung?

Ja, diesen Trend gibt es absolut. Die Ver­schär­fung der Poli­zei­ge­setze zielt auf das Sicher­heits­ge­fühl der Bürger ab. Aber auch hier ist wieder sehr viel Sym­bolik im Spiel. Die ist aller­dings durchaus gefähr­lich für einen libe­ralen Rechts­staat. Wenn der Polizei immer mehr Mög­lich­keiten ein­ge­räumt werden, ohne Kon­trolle von außen Maß­nahmen zu ergreifen, die Bürger in ihrer Frei­heit ein­schränken, ist das nicht ganz unbe­denk­lich.

Auf­fällig ist, dass solche Ver­schär­fungen oder Maß­nahmen wie die Füh­rung geheimer Daten­banken häufig im Kon­text von Fuß­ball­spielen getestet werden – wie nun auch die BFE-Pre­miere auf Schalke. Ein wei­terer Trend?

Die juris­ti­sche Auf­ar­bei­tung von Straf­taten im Kon­text von Fuß­ball­spielen unter­scheidet sich häufig nur gering­fügig von Ver­fahren bei Demons­tra­tionen. Das sind die beiden Felder, wo viel aus­pro­biert wird, weil sie natür­lich auch in der Öffent­lich­keit viel Beach­tung finden. Des­halb kann man dort gut expe­ri­men­tieren und zeigen, dass man etwas für die Sicher­heit tut. Natür­lich ent­stehen auch ent­spre­chende Bilder, auf deren Grund­lage man noch wei­tere For­de­rungen her­leiten kann. Letzt­end­lich ist es eine Form von reak­tio­närer Politik.

Werden diese Maß­nahmen das Ver­hältnis zwi­schen Fuß­ball­fans und der Polizei weiter ver­schlech­tern?

Das Ver­hältnis war nie ein gutes und wird durch solche Maß­nahmen sicher nicht besser werden. Ich sehe nichts, was die Situa­tion auf Dauer dees­ka­lieren könnte. Dabei wäre es hierfür an der Zeit. Gerade hier auf Schalke gibt es eine gewisse Geschichte mit der Polizei, ich erin­nere nur an das Salo­niki-Spiel (im August 2013 stürmten Poli­zisten die Schalker Nord­kurve wegen einer maze­do­ni­schen Fahne, 89 Fans wurden dabei ver­letzt, d.Red.). Seitdem sind es nicht nur Ultras oder Fans in der Nord­kurve, die der Polizei kri­tisch gegen­über stehen, son­dern auch nor­male“ Besu­che­rinnen und Besu­cher. Wenn dann eben eine hoch­ge­rüs­tete Ein­heit mit beson­deren Uni­formen vor Ort ist, macht es das Bild, das viele Fans von der Polizei haben, sicher nicht besser. Da kommt bei einigen Fans viel­leicht die Frage auf: Sind diese Poli­zei­ein­heiten für uns oder gegen uns hier? Von daher fürchte ich, dass das Ver­hältnis auf Dauer sehr ange­spannt bleibt. Dabei müsste es das viel­leicht gar nicht.

Was müsste sich ver­än­dern?

Ich würde einen durchweg höf­li­chen und ent­spannten Umgang der Polizei mit den Bür­ge­rinnen und Bür­gern sehr schätzen, so wie dies etwa in Eng­land an der Tages­ord­nung ist. Das haben wir in Deutsch­land gerade bei Fuß­ball­ein­sätzen leider kaum. Im Gegen­teil: Hier wird es aus meiner Sicht immer kon­fron­ta­tiver. Leider über­trägt sich das dann auch auf die Staats­an­walt­schaften und Gerichte. Dort werden har­sche Poli­zei­me­thoden häufig sehr unkri­tisch bewertet und nicht hin­ter­fragt. Dem­entspre­chend werden diese Sach­ver­halte dann sehr ein­seitig zu Lasten der Fans bewertet. 

Thomas Wings ist Rechts­an­walt und berät für die Königs­blaue Hilfe“ Schalke-Fans, die im Rahmen von Fuß­ball­spielen mit Polizei oder Justiz in Kon­flikt geraten.