Nach über 30 Jahren Sportschau und an die 20 DFB-Pokalfinale endet Gerhard Dellings Karriere als ARD-Moderator nach dem Endspiel heute Abend. Im Interview spricht er über Jürgen Klopp, Fußball als Unterhaltungsware und RB Leipzig.
Wen meinen Sie mit wir?
Mich und die Reporterkollegen meiner Generation. Früher gab es nur den Fußball. Die Übertragung hat mit dem Anpfiff begonnen und endete mit dem Schlusspfiff. Wir haben dann mit den Vor- und Nachberichten angefangen. Solange die journalistisch getrieben sind, habe ich damit auch kein Problem.
Was halten Sie von den Fieldinterviews, bei denen Spielern unmittelbar nach dem Schlusspfiff ein Mikrofon unter die Nase gehalten wird?
Die finde ich prinzipiell schon gut. Dabei sind herausragende Momente entstanden, bei denen Emotionen, der Charakter eines Spielers durchgekommen sind. Da darf es auch ruhig mal härter zur Sache gehen. Aber man sollte die Fieldinterviews nicht zum Dogma erheben. Insbesondere bei Aufzeichnungen, da gibt es einige Interviews nach Spielschluss, auf die man verzichten könnte, weil sie keine Aussage haben. Die meisten Spieler sind doch heute so geschult, dass sie nicht mehr sagen, was sie denken. Sie schalten sofort auf den Medienmodus, sobald man ihnen ein Mikrofon hinhält.
Ist es nach einem Pokalfinale leichter mit den Siegern als mit den Verlierern Interviews zu führen?
Eigentlich nicht.
Beim Pokalfinale 2015 hat Sie Jürgen Klopp als damaliger BVB-Trainer im Interview nach der Niederlage seiner Mannschaft gegen Wolfsburg attackiert – weil Sie aus seiner Sicht mangelndes Einfühlungsvermögen für den Verlierer zeigten.
Das stimmte ja nicht. Es war ein Missverständnis und lag sicher auch an der besonderen Situation. Es war Klopps letztes Spiel als BVB-Trainer. Er hat dann im Gespräch immer wieder herausstellen wollen, dass vor allem der Schiedsrichter Schuld an der Niederlage hatte. Irgendwann war es dann genug, zumal die Zeit auch davonlief.
Was Sie ihm mit den Worten „Es ist nun aber, wie es ist“ signalisierten.
Ich wollte die kurze Zeit, die ich da noch hatte, nutzen und Jürgen Klopp einen guten Abschied gestalten und ihn auf ein paar BVB-Fans auf der Tribüne hinweisen, die sich vor uns auf einem Transparent für sieben tolle Jahren bedanken wollten. Aber Klopp hat das gar nicht kapiert. Und ich war überrascht, dass er eine Attacke gegen mich fuhr. Aber damit muss man leben. Das sind die Emotionen, von denen ich vorher gesprochen habe und die ich mir häufiger in den Interviews wünsche. Prinzipiell glaube ich schon, dass man als Reporter im Umgang mit Verlierern mitfühlend sein muss. Aber wenn man wie ich seit frühester Kindheit Sportler war, weiß man, wie sich Verlieren anfühlt. Die Sensibilität dafür ist ganz sicher nicht verloren gegangen.