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Seite 2: „Drei Tage und drei Nächte paralysiert im Bett“

Als Sie zehn Jahre alt waren, bekamen Sie mit, wie Ihr Vater Ihre Mutter erstach. Meinen Sie diese Zeit?

Damals habe ich daran gezwei­felt, ob ich es als Fuß­ball­profi schaffen kann. Täg­lich fuhr ich von unserem Dorf Trus­ko­lasy zum Fuß­ball­trai­ning in die Stadt Cze­s­tochowa. Sechsmal die Woche zwei Stunden hin und zwei zurück. Abends kam ich erst um zehn oder elf ins Bett. Nach dem Tod meiner Mutter fuhr ich zwei, drei Monate über­haupt nicht mehr zum Trai­ning.

Wie moti­vierte Sie Ihr Onkel zu einer Rück­kehr?

Er über­re­dete mich, bei einem Sich­tungs­tur­nier mit­zu­ma­chen. Einige der besten Jugend­spieler des Landes nahmen teil, also sagte ich zu – und wurde zum besten Spieler gewählt. Als ich heim­kehrte, sagte mein Onkel nur: Hast du gesehen, was du kannst? Und wie gut du sein könn­test, wenn du regel­mäßig trai­nierst?‹ Dieser Tag und dieser Satz gaben mir sehr viel Kraft.

2015 erschien Ihre Bio­grafie, in der Sie offen über den Tod Ihrer Mutter reden. Waren die Gespräche mit der Autorin Mal­gorzata Doma­galik auch eine The­rapie für Sie?

Das Buch wollte ich schreiben, weil die Zeit reif war. Und weil ich dachte, dass ich danach in Inter­views nie wieder zu dem Thema befragt werde.

Und nun sitzen wir hier und spre­chen wieder dar­über.

Es ist okay.

In Ihrer Bio­grafie sagen Sie: ›Ich habe mir die Schuld dafür gegeben, dass ich nicht in der Lage gewesen bin, etwas zu tun.‹ Wie ist es heute?

Ich habe mich oft gefragt, ob ich das zuge­lassen hätte, wenn ich älter und stärker gewesen wäre. Aber diese Kon­junk­tiv­fragen bringen nichts. Es ist wie im Fuß­ball. Wenn du dir nach dem Spiel den Kopf dar­über zer­brichst, wie du in einer bestimmten Situa­tion reagiert hast, machst du dich wahn­sinnig. Du musst es akzep­tieren.

Suchen Sie heute noch nach Gründen für die Tat Ihres Vaters?

Nein.

Ihr Vater kam 2012 aus der Haft, kurz danach starb er. Haben Sie mit dem Kapitel abge­schlossen?

Das geht nicht, das möchte ich auch nicht. Aber ich will auch nicht ständig nach dem Warum fragen. Nach dieser Sache lag ich drei Tage und drei Nächte im Bett und war wie para­ly­siert. Irgend­wann merkte ich: Es muss wei­ter­gehen.

Ihr Bruder sagt, dass er Ihrem Vater ver­geben habe. Haben Sie?
(Über­legt.) Ich glaube, dar­über möchte ich nicht reden.

Sie haben sich viele Male mit der Autorin getroffen. Woher kannten Sie sich?

Mal­gorzata ist eine sehr bekannte Jour­na­listin in Polen, die nicht aus der Fuß­ball­branche kommt. Aber genau das fand ich inter­es­sant, denn sie hat einen anderen Blick auf die Dinge. Für sie steht der Mensch im Vor­der­grund. Nach und nach ent­stand ein Ver­trau­ens­ver­hältnis. Sie tauchte ein in eine Fuß­ball­welt, sie las alle wich­tigen Fuß­ball­bio­gra­fien von Eric Can­tona über Pep Guar­diola bis Alex Fer­guson. Und ich lernte, mit jemandem über dieses Thema zu spre­chen. Auch wenn es mir oft schwer fiel.