Die unwürdige Verabschiedung zeigt: Der FC Bayern ist tatsächlich zu einer Art Fußballmaschine verkommen. Was auch mit Uli Hoeneß zu tun hat.
Der FC Bayern war schon immer ein Arschloch. Jedenfalls aus Sicht derer, die es nicht mit den Münchenern hielten. Die Bayern waren immer besser, hatten immer mehr Kohle und die aufregenderen Spieler. Und wenn auch mal irgendwo anders ein aufregender Fußballer spielte, dann kauften sich die Bayern ihn einfach. Weil man in München nun mal gerne zeigt, was man hat, weil in diesem Teil von Deutschland eine gewisse Hochnäsigkeit zum guten Ton gehört, war es schon immer so herrlich einfach, den FC Bayern München zu verabscheuen.
Eine gewisse Menschlichkeit konnte man den Bayern nie absprechen
Was man diesem Klub allerdings nie absprechen konnte, war eine gewisse Menschlichkeit und soziale Verantwortung. Die wiederum war in München deutlich ausgeprägter als bei anderen, vermeintlich sympathischeren Klubs. Das galt vor allem im Umgang mit dem eigenen Personal. Spieler und Trainer, die schon aufgrund ihrer enormen Kosten auf die Leistungsfähigkeit reduziert wurden, mal ausgenommen.
Für verdiente Ex-Spieler war der FCB stets ein doppelter Boden, Sprungbrett in die Karriere danach oder gar Retter in der Not. Der fast dem Alkohol erlegene Gerd Müller ist nur das prominenteste Beispiel. Ähnlich verhielt es sich im Umgang mit dem Personal. Der siegessüchtige Ehrgeizling FC Bayern verstand es stets, sich abseits des Platzes als harmonische Großfamilie zu präsentieren. Streng, aber gerecht. Anspruchsvoll, aber das Herz am rechten Fleck.
38 Jahre lang im Einsatz
Nach der Verabschiedung von Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt muss die Frage erlaubt sein, wie viel von dieser Menschlichkeit noch übrig ist. Wie man auch zu dem Mediziner steht: Er war 38 Jahre beim FC Bayern angestellt, hat in dieser Zeit Weltruhm erlangt, aber auch mitgeholfen, die Münchener zu einem Welt-Verein zu machen. „Mull“ behandelte schon Bayern-Beine, als Pep Guardiola (Jahrgang 1971) auf dem örtlichen Bolzplatz seine ersten Doppelpässe spielte. Er ist eine Instanz, war ein anerkanntes Mitglied der Bayern-Familie und gilt als bester Vereinsarzt der Welt. Hat so ein Mann, welche Fehler und Macken er auch haben mag, wie auch immer man seinen überraschenden Ausstieg beurteilen möchte, nicht etwas mehr Respekt verdient?