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Robert Hil­bert, der ehe­ma­lige Welt­schieds­richter und Türkei-Experte Markus Merk gab jüngst im 11FREUNDE-Inter­view zu: Mir geht es genau wie meinen tür­ki­schen Kol­legen: Ich blicke über­haupt nicht mehr durch.“ Wie gut sind Sie über den Mani­pu­la­ti­ons­skandal in Ihrer Wahl­heimat infor­miert?

Robert Hil­bert: Mein tür­kisch ist leider noch nicht so gut, als dass ich die ganzen Hin­ter­grund­be­richte ver­stehen könnte, aber glück­li­cher­weise spielen einige Deutsch-Türken bei Bes­iktas, die mich mit neuen Infor­ma­tionen ver­sorgen können. Aber ganz ehr­lich: Hier in der Türkei ist noch nie­mand in der Lage wirk­lich zu ver­stehen, was da alles pas­siert ist.

Bis­lang wurden mehr als 60 Per­sonen im Zuge des Skan­dals fest­ge­nommen, dar­unter auch Ihr Trainer Tayfun Havutcu. Wie haben Sie die bis­he­rigen Schre­ckens­mel­dungen ver­ar­beiten können?

Roberto Hil­bert: Das ist für uns Fuß­baller nicht gerade leicht. 
Natür­lich spre­chen wir beim Trai­ning über neu­er­liche Fest­nahmen oder Mani­pu­la­ti­ons­vor­würfe und natür­lich habe ich das Thema auch schon mit meiner Frau dis­ku­tiert. Aber ich muss zugeben: Ich ver­suche die Gedanken über den Skandal so gut es geht aus meinem Kopf zu ver­bannen.

Warum?

Roberto Hil­bert: Aus Selbst­schutz. Schließ­lich besteht mein Job noch immer darin, gute Leis­tungen auf dem Fuß­ball­platz abzu­lie­fern und mich auf dem Trai­nings­platz in Best­form zu halten. Wenn ich mir zu viele Gedanken über den ganzen Schla­massel mache, leiden dar­unter auto­ma­tisch meine Fähig­keiten als Leis­tungs­sportler. Das bedeutet nicht, dass mir der Skandal egal ist, aber es macht viel­leicht deut­lich, wie unan­ge­nehm die Situa­tion für mich ist.

Wegen des Skan­dals wurde der Termin für den Sai­son­auf­takt vom 5. August auf den 9. Sep­tember ver­schoben. Welche Aus­wir­kungen hat diese Ver­spä­tung für Sie?

Robert Hil­bert: Als uns unser Prä­si­dent (Yil­dirim Demi­r­ören, d. Red.) die Nach­richt im Trai­nings­lager über­brachte, war das für uns alle ein Schock. Sie müssen sich das vor­stellen: Jeder Fuß­baller freut sich, wenn die anstren­gende Sai­son­vor­be­rei­tung vorbei ist und der Wett­be­werb end­lich wieder beginnt. Und da stehst du nun und bekommst die Infor­ma­tion, dass der 1. Spieltag um fast einen Monat nach hinten ver­legt wird. Das depri­miert unge­mein.

Wie hält Sie der Trai­ner­stab bei Laune?

Robert Hil­bert: Wald­läufe und Medi­zin­ball­übungen würden jetzt bei einigen Spie­lern wahr­schein­lich eher schlecht ankommen. Also sind es vor allem Test­spiele oder Spiel­formen, um die Span­nung inner­halb der Mann­schaft hoch zu halten. 
Ich für meinen Teil habe aller­dings genug davon, nur den Trai­nings­platz zu sehen, ich will end­lich in die Saison starten. Das ist es doch, wofür wir so hart arbeiten.

Sie müssen ziem­lich wütend auf die­je­nigen sein, die für den Skandal ver­ant­wort­lich sind.

Roberto Hil­bert: Das bin ich auch, aber vor allem tut es mir leid für die tür­ki­schen Fans, für die der Fuß­ball teil­weise ihr Leben ist. Derbys in Istanbul sind mit keinem anderen Fuß­ball­spiel zu ver­glei­chen. Diese Stadt braucht den Fuß­ball. Wenn ich durch Istanbul spa­zieren gehe, rei­chen mir selbst Fans von Gala­ta­saray und Fener­bahce (die größten Klubs in Istanbul, d. Red.) die Hand. Die Men­schen hier sind fuß­ball­ver­rückt.

Ein Spiel, dass mitt­ler­weile Unter­su­chungs­ge­gen­stand ist, ist das tür­ki­sche Pokal­fi­nale 2011. Sie gewannen damals mit Bes­iktas gegen Istanbul Büyük­sehir Bel­e­diye Spor erst im Elf­me­ter­schießen den Cup. Zwei Spieler des Geg­ners haben behauptet, man hätte ihnen vor dem Spiel 100.000 US-Dollar ange­boten.

Roberto Hil­bert: Ich kann mir ein­fach nicht vor­stellen, dass dieses Spiel mani­pu­liert wurde. Das war ein groß­ar­tiges Spiel mit zwei starken Mann­schaften. Kein Wunder, dass dieses Finale erst im Elf­me­ter­schießen ent­schieden wurde. Ich habe zwar meinen Elf­meter ver­schossen, aber glück­li­cher­weise gewannen wir trotzdem. Ich habe mir das Spiel sogar vor einigen Tagen noch­mals in Ruhe ange­schaut, konnte aber beim besten Willen keine Szene erkennen, in der jemand absicht­lich neben das Tor schoss oder etwas in der Art..

Roberto Hil­bert, wie geht es jetzt mit dem tür­ki­schen Fuß­ball weiter?

Roberto Hil­bert: Ich bin nicht in der Lage bestimmte Maß­nahmen oder Ver­ur­tei­lungen zu for­dern, dafür habe ich zu wenig Insi­der­wissen. Aber ich ver­traue in die ver­ant­wort­li­chen Per­sonen, die den Fall hof­fent­lich gründ­lich und sauber auf­lösen werden und ent­spre­chende Strafen ver­teilen. Und wenn das alles geschafft ist, können wir uns end­lich wieder über Fuß­ball freuen.