Bei einem Autounfall verlor Mulgheta Russom sein Augenlicht. Seine Leidenschaft seitdem: Blindenfußball. Obwohl er für den DFB nur eine Schaufensterpuppe ist.
„Mich hat der Trainer des MTV Stuttgart angerufen, der gleichzeitig auch Bundestrainer der deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft ist. Er hatte von einem Kollegen gehört, dass ich sehr sportlich bin und wollte wissen, ob ich Lust habe, Blindenfußball auszuprobieren.“
Die hat er. Bereits vor seinem Unfall spielt Russom Fußball, bei der TSG Tübingen in der Landesliga. Die beste Voraussetzung, um auch im Blindenfußball durchzustarten.
„In der Landesliga habe ich allerdings vor allem Rechtsaußen gespielt, weil Laufen meine Stärke ist. Jetzt bin ich beim MTV Stuttgart der Abwehrchef und für die Standards zuständig. Ich bin ziemlich zweikampfstark, an mir kommt man nicht so leicht vorbei.
Beim Blindenfußball ist das Spielfeld nur 20 mal 40 Meter groß und wird an den Längsseiten durch Banden begrenzt. In den Ball sind Rasseln eingebaut, damit die Spieler ihn lokalisieren können. Eine Mannschaft setzt sich aus vier Feldspielern und einem sehenden Torwart zusammen. Die Feldspieler dürfen überhaupt nichts sehen und müssen bei vorhandenem Sehrest eine Dunkelbrille tragen. Die wichtigste Regel: Die Spieler müssen das spanische Wort „Voy“ („Ich komme“) rufen, wenn sie sich dem ballführenden Spieler nähern.
„Ich erkläre das Spiel immer, indem ich auf vier verschiedene Sportarten zurückgreife. Wie beim Tennis müssen die Zuschauer auch beim Blindenfußball ruhig sein. Ähnlich wie beim Eishockey geht es an den Banden extrem zur Sache und die Spielregeln sind angelehnt an Basketball und Handball. So fliegt man zum Beispiel ab dem fünften persönlichen Foul vom Platz.“
Seit 2007 nun spielt Russom auch in der Nationalmannschaft. Bei internationalen Spielen geht es etwas härter zur Sache als in der Bundesliga, erzählt er.
„Im Gegensatz zu Brasilien, das fünfzig Mannschaften hat, gibt es bei uns in der Bundesliga nur neun Teams und deshalb achte ich darauf, meinen Gegenspieler nicht zu stark zu verletzen, damit er weiterhin in der Nationalmannschaft spielen kann.“