Heiko Herrlich war einer der besten Stürmer seiner Zeit – bis ihm ein Hirntumor beinahe das Leben kostete. In der neuen Ausgabe von 11FREUNDE erzählt er von seiner Zeit zwischen Strahlentherapie, Angst, Glauben und Comeback-Gedanken. In unserer Bildergalerie veröffentlichen wir Auszüge dieses Interviews.
Heiko Herrlich war einer der besten Stürmer seiner Zeit – bis ihm ein Hirntumor beinahe das Leben kostete. In der neuen Ausgabe von 11FREUNDE erzählt er von seiner Zeit zwischen Strahlentherapie, Angst, Glauben und Comeback-Gedanken. In unserer Bildergalerie veröffentlichen wir Auszüge dieses Interviews.
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Herrlich, am 3. Dezember 1971 in Mannheim geboren, spielte für Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund. 1993 und 1995 wurde er Pokalsieger, 1995 holte er sich die Torjägerkanone mit 20 Toren (gemeinsam mit Bremens Mario Basler). Im selben Jahr wurde er Nationalspieler, seine Bilanz: fünf Spiele, ein Tor. Mit Borussia Dortmund gewann er 1996 und 2002 die Meisterschaft, 1997 die Champions League und den Weltpokal. Im Herbst 2000 diagnostizierten die Ärzte einen bösartigen Hirn-Tumor. 2004 beendete er seine Karriere. Nach Trainerstationen in Dortmund, Bochum, Unterhaching und in der Nachwuchsabteilung des DFB trainiert er heute die U17 von Bayern München.
»Nach dem ersten Schock über die Diagnose sagte ich zu meinem Arzt: ›Ein Tumor? Dann lasst uns das Ding rausholen. Kopf auf, Kopf zu, fertig!‹ Doch mein Arzt schaute betreten zu Boden…«
»Ich habe nie am meinem Glauben gezweifelt. Dorthin gebracht hat mich mein ehemaliger Mitspieler Jorginho. Als ich sah, wie dieser Mensch wirklich jeden Menschen mit der gleichen Freundlichkeit behandelte, war ich fasziniert…«
»Krebs? Ich konnte es zunächst nicht begreifen. Hatte ich nicht alles dafür getan, um nicht krank zu werden?«
»Mein erster Gedanke: Jemand, der mit 150 Sachen gegen einen Baum knallt und sofort tot ist, hat keine Chance, Angelegenheiten ins Reine zu bringen. Ich schon.«
»Man führte eine Biopsie bei mir durch. Eine lange Nadel, die ins Gehirn vordringt. Wäre dabei ein Gefäß beschädigt worden, wäre ich verblutet.«
»Ich konnte nichts mehr schmecken, nichts mehr riechen. Mir fielen die Haare aus. Jeden Tag ging wieder ein Stück Lebensqualität flöten.«
»Ich wurde zum Hypochonder. Hatte ich irgendwo ein Zwicken, dachte ich: Mein Gott, jetzt auch noch Leberkrebs! Ich war voll der Psycho.«
»Während meiner Krankheit war meine Frau mit unserem ersten Kind schwanger. Die Vorfreude auf meine Tochter hat mich häufig aus den Löchern der Depression befreit.«
»Ich war Champions-League-Sieger, Weltpokalsieger, Nationalspieler, Fußballer mit einem gut gefüllten Konto. Dann wurde ich krank und wollte nur noch überleben.«
»Ich bekam mehr als 2000 Karten und Briefe, viele Menschen sprachen mich auf der Straße an und wünschten mir Glück. Das hat mir gut getan.«
»Ich wollte von Beginn an reinen Tisch machen. Also ging ich mit meiner Krankheit an die Öffentlichkeit.«
»Es hat gedauert, bis ich mich von den Spätfolgen der Erkrankung erholt hatte. Psychisch, nicht physisch. Natürlich hatte ich Angst, dass der Krebs zurückkehren könnte.«
Frage: Am 15. September 2001 feierten Sie Ihr Comeback: Beim Derby gegen Schalke wurden Sie nach 77 Minuten eingewechselt. Wie befreiend war es, wieder auf dem Platz zu stehen?
»Befreiend ist vielleicht das falsche Wort.«
»Ich vermisse die Stimmung kurz vor dem Spiel. Kennen Sie die Eröffnungsszene in ›Der Soldat James Ryan‹? Die Atmossphäre in der Kabine vor einem wichtigen Spiel lässt sich damit durchaus vergleichen.«
»Das war die Gnade Gottes. Andere würden sagen: ein Sechser im Lotto. Ich hatte unglaubliches Glück.«
»Ich habe vieles gewonnen durch die Krankheit. Vor allem die alltägliche Dankbarkeit dafür, wenn die Menschen um mich herum gesund sind.«