Jörg Schmadtke, vor Jahren antworteten Sie auf die Frage nach Ihren Stärken als Manager: „Ich nehme mich selbst nicht so wichtig.“ Gilt das noch?
Ich hoffe doch. In unserer Branche ist die Wahrnehmung schon übertrieben. Da muss man sehr aufpassen, den Leuten nicht auf den Sack zu gehen.
Und Sie passen auf?
Ich habe zumindest keine Werbeverträge und ich muss auch nicht in jeder Talkshow sitzen. Ich will kein Marktschreier sein und Leuten ständig Dinge erzählen, die sie vielleicht gar nicht hören wollen. Es gibt im Leben schließlich Wichtigeres als 1:0, 1:1, Pfosten rein oder Pfosten raus.
Wollen Sie keine Werbeverträge?
Weiß ich nicht, jedenfalls will ich mich nicht ständig auf Plakatwänden anschauen.
Sie sind seit 1984 im Profigeschäft. Wie hat sich seitdem die Wahrnehmung der handelnden Personen verändert?
Durch Smartphones hat sich der Umgang total geändert. Durchaus denkbar, dass wir hier beim Interview im Café bereits fotografiert worden sind, ohne es zu merken. In meiner Zeit als Profi kam es noch vor, dass bei Bundesligaspielen gar keine Kameras im Stadion waren.
Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Früher rief mich der Manager ins Büro, es gab einen Satz heiße Ohren und gut war’s. Heute fühlen sich viele von uns genötigt, Strafmaßnahmen öffentlich zu machen und hart durchzugreifen, weil die Öffentlichkeit Wind von allem kriegt.
Dabei ist es Ihnen gelungen, im emotionsgeladenen Umfeld des 1. FC Köln Ruhe einkehren zu lassen.
Das liegt daran, dass unser Trainer und ich auf einer Linie sind, uns von äußeren Schwingungen nicht beeinflussen zu lassen.
Das haben sich in Köln schon andere vorgenommen.
Natürlich nehmen wir diese Schwingungen auch wahr, aber wir sind uns einig, dass die niemals unsere Entscheidungen beeinflussen dürfen. Ich halte es jedenfalls für Schwachsinn, wenn es heißt: „Die Presse hat den Trainer entlassen.“ Medien können vielleicht Dinge beschleunigen, aber sicher keine Entscheidungen fällen. Das können nur die handelnden Personen. Wenn es anders liefe, hätten alle verloren.
Sie machen das aber ganz clever. Als der FC mal zehn Pflichtspiele ungeschlagen blieb und ins DFB-Pokal-Achtelfinale einzog, appellierten Sie in einem ironischen Clip per Klub-TV, die Fans mögen „ruuuhig, janz ruuhig“ bleiben.
Ich gebe zu, die Aktion war gut, denn sie hat tatsächlich funktioniert.
Ein Klubfunktionär ruft den Anhang auf, nicht in Euphorie zu verfallen, und dann ist Ruhe im Karton. So einfach ist das?
Das Ganze wurde uns dadurch erleichtert, dass wir fast durchgehend Erfolg hatten. Es gab nur wenige Phasen, in denen wir drei Mal in Folge nicht gewonnen haben. Dann ist es leicht, das Gesamtziel im Auge zu behalten, das nach wie vor Konsolidierung und Etablierung in der Bundesliga bedeutet.
Aber jetzt könnte der Klub eine neue Ebene erklimmen. Schließlich spielt der FC nach 25 Jahren wieder im internationalen Geschäft.
Stimmt, wir haben eine gute Basis, Trainer und Manager haben langfristige Verträge. Aber uns beiden ist bewusst, dass es im Fußball auch schnell wieder vorbei sein kann.
Der SC Freiburg, Mainz 05 und der FC Augsburg schwebten in Jahren, in denen sie in der Europa League spielten, lange in Abstiegsgefahr.
Und ich bin mit Hannover 96 in so einer Saison am Ende Siebter geworden.
Sie meinen, es geht auch anders.
Ich denke, der FC hat sich mit der Qualifikation Zeit erkauft, denn wir haben eine große Sehnsucht befriedigt. Und jetzt hoffe ich, dass man mit uns zumindest zwei Jahre lang Geduld hat, weil alle verstehen, was die Mehrfachbelastung für den Verein bedeutet.