Die geplante Kooperation des SC Paderborn mit RB Leipzig schlägt hohe Wellen. Die aktive Fanszene des SCP hat einen Boykott angekündigt. Im Interview erklärt ein Vertreter der „Supporters Paderborn“ die Beweggründe.
Als Reaktion hat die aktive Fanszene angekündigt, den Spielen des SCP bis auf Weiteres fernzubleiben. Habt ihr Euch bewusst für diesen radikalen Schritt entschieden, um Druck auf die Entscheidungsträger aufzubauen?
Es ist auf jeden Fall ein Druckmittel. Auch als wir vor fünf Jahren gegen die hohen Ticketpreise bei unseren Heimspielen gekämpft haben, haben wir darauf zurückgegriffen. In der aktuellen Situation sehen wir keine Alternativen. Wir sind im Grunde gezwungen, so zu handeln. Uns fehlt einfach die Motivation, unter diesen Bedingungen unter der Woche tagelang Choreos vorzubereiten oder uns anderweitig für einen Verein aufzuopfern, der nicht mehr für unsere Werte steht.
Die Stellungnahme mit der Boykott-Ankündigung haben zunächst sechs Gruppen unterzeichnet. Von wie vielen Personen ist hierbei die Rede?
Die Unterzeichner spiegeln zunächst einmal das engere Ultra-Umfeld von etwa 100 bis 150 Personen wider. Wir sind aber gerade dabei, auch die anderen Fanclubs und weitere Anhänger in unser Vorgehen einzubeziehen. Wir sind ja nicht die einzigen, die diese Kooperation ablehnen. Es ist natürlich spekulativ, aber ich denke schon, dass es 500 bis 1000 Leute werden könnten, die den Spielen fernbleiben würden. Ohne uns selbst zu wichtig zu nehmen: Es werden vornehmlich diejenigen sein, die langfristig unabhängig der Liga zum Verein stehen. Unser kleines Stadion wird natürlich dennoch ausverkauft sein, da brauchen wir uns nichts vormachen. Doch auch wenn unser Stadion nie das lauteste war – bei der Atmosphäre wird man unser Fehlen wohl deutlich spüren.
Trainer Steffen Baumgart hat für Euren geplanten Boykott wenig Verständnis. Im „Westfalen-Blatt“ sagte er: „Wir leben in einem freien Land, da darf jeder seine Meinung haben. Ich mag es deshalb gar nicht, wenn gleich gedroht wird.“
Als Drohung würde ich unsere Reaktion nicht bezeichnen. Es ist vielmehr die Konsequenz, die wir aus einer aus unserer Sicht fatalen Entwicklung ziehen. Eine erste Entfremdung gab es schon im vergangenen Jahr mit der Ausgliederung der Profi-Abteilung. Die Spirale des modernen Fußballs dreht sich immer weiter. Hier muss jede Gruppierung, jede Fanszene für sich selbst entscheiden, wo für sie die Grenze erreicht ist. Bei der Fanszene von Preußen Münster war es zum Beispiel die Ausgliederung, bei uns ist dieser Punkt jetzt mit der Kooperation mit Leipzig erreicht.
Es gibt auch Vorwürfe, Ihr würdet die Mannschaft nach dem unerwarteten Aufstieg gerade in einer besonders schwierigen Situation im Stich lassen.
Dass es unsere Entscheidung der Mannschaft nicht einfacher macht, ist uns bewusst und fällt uns unheimlich schwer. Wir sind jedoch keine Stimmungslieferanten. In Anbetracht der Umstände sehen wir einfach keine andere Wahl.
In drei Wochen will sich der Verein mit Euch zusammensetzen, um über das Thema zu reden. Ein Friedensangebot?
Die Initiative zu diesem Treffen ging von unserer Seite aus. Wir sind keine bockigen kleinen Kinder und offen für den Austausch. Dass dieser allerdings erst in drei Wochen stattfindet, zeigt auch, wie ernst der Verein unser Anliegen nimmt. Wahrscheinlich hoffen die Verantwortlichen, dass sich die Lage bis dahin etwas beruhigt hat. Von daher erwarten wir von diesem Gespräch nicht allzu viel.
Kann es einen Kompromiss geben?
Solange unser Verein- in welcher Form auch immer – mit dem Marketingkonstrukt aus Leipzig zusammenarbeitet, werden wir von unserer Haltung nicht abweichen. Eine andere Lösung als eine Auflösung der Kooperation kann es für uns nicht geben.
Wie optimistisch seid Ihr diesbezüglich?
Wir haben den Kopf noch nicht in den Sand gesteckt. Wir haben noch einige Ideen und wollen offensiv für unser Anliegen kämpfen – bis zum Ende.
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