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Herr Schwaab, im Mai mit dem VfB Stutt­gart abge­stiegen, spielen Sie jetzt mit Ihrem neuen Klub in der Cham­pions League – es hätte für Sie auch schlechter laufen können.
Als ich vor drei Jahren zum VfB Stutt­gart wech­selte, hatte ich mir das alles ganz anders vor­ge­stellt. Ich hatte nicht erwartet, dass ich mit dem VfB um den Abstieg spielen würde. Zum der Ende der ver­gan­genen Saison ist mein Ver­trag in Stutt­gart aus­ge­laufen. Und dann hat sich die Mög­lich­keit geboten, zu Eind­hoven zu wech­seln. Ich musste nicht lange über­legen.

Auch wegen der Chance, wie mit Lever­kusen wieder in der euro­päi­schen Königs­klasse zu spielen?
Das spielte sicher­lich eine Rolle. Noch­mals in der Cham­pions League zu spielen ist natür­lich über­ra­gend. Auch die Mög­lich­keit um Titel mit­zu­spielen, ist ein großer Anreiz gewesen. Aber unab­hängig davon, habe ich den Wechsel zu PSV Eind­hoven noch in keiner Minute bereut. Alles ist sehr, sehr pro­fes­sio­nell, und auch die Men­schen sind super nett. Hier herrscht wirk­lich eine gute Arbeits­at­mo­sphäre. 

Auch jetzt, wo es in der Meis­ter­schaft nicht so läuft? PSV Eind­hoven hat als amtie­render Meister immerhin schon neun Punkte Rück­stand auf Tabel­len­führer Feye­noord.
Man spürt schon, dass das Umfeld und die Zuschauer etwas unru­higer werden. Das Pro­blem ist im Moment ein­fach, dass wir die guten Leis­tungen nicht in Punkte umwan­deln können. 

Es dürfte leichter fallen, sich fürs täg­liche Trai­ning zu moti­vieren, wenn man um die Meis­ter­schaft und nicht gegen den Abstieg spielt.
Ich bin im Trai­ning immer voll moti­viert und will meine Leis­tung bringen. Aber die Stim­mung ist ein­fach eine andere – in der Kabine, auf dem Trai­nings­platz. Wen man um den Meis­ter­titel kämpft, spürt man auch Druck – aber das ist ein anderer Druck. Du merkst als Spieler im Abstiegs­kampf, dass es hier nicht mehr nur um Fuß­ball geht. Es geht um die Exis­tenz von Men­schen im Verein, die im Falle des Abstiegs ihren Job ver­lieren werden. Das lässt einen als Spieler nicht kalt. Aber wenn du Siege ein­fährst und zu null spielst, dann beflü­gelt dich das. Gewinnen macht ein­fach Spaß – ver­lieren nicht.

Wenn man als Abwehr­spieler auf einen Antoine Griez­mann von Atlé­tico Madrid und jetzt gegen Bayern auf einen Robert Lewan­dowski trifft, über­wiegt da die Vor­freude oder der Respekt vor sol­chen Welt­klas­se­leuten?
Respekt ist immer da – auch bei den Spielen in der nie­der­län­di­schen Ere­di­visie, da gibt es auch starke Stürme. Aber es ist natür­lich etwas beson­ders, gegen einen Lewan­dowski oder Griez­mann zu spielen. Vor einigen Wochen bist du bei der Euro noch vor dem Fern­seher gesessen, hast sie spielen gesehen und jetzt steht man selber mit diesen Aus­nah­me­spie­lern auf dem Platz.

Wie bereitet man sich als Ver­tei­diger auf solche Duelle vor?
Jeder Spieler bekommt Video­se­quenzen. Die schaut man sich in den Tagen vor der Partie, aber auch noch­mals am Spieltag an. Man sieht dabei nicht nur, wie sich der Stürmer, son­dern auch wie sich die anderen Spieler ver­halten – wie zum Bei­spiel der FC Bayern gerade tickt.

Was zeichnet Robert Lewan­dowski in den Augen des Abwehr­fach­manns aus, was ist typisch für sein Spiel?
Es gibt beim ihm eben nichts Typi­sches. Und das macht ihn in meinen Augen so gefähr­lich. Lewan­dowski hat ein­fach alles: einen guten Körper, mit dem er den Ball geschickt abschirmt, er ist schnell, kann in die Tiefe gehen, sein Kopf­ball­spiel ist sehr gut – man darf ihn ein­fach keine Sekunde aus den Augen lassen.

Zum Cham­pions League-Auf­takt gab es für Eind­hoven gegen Atlé­tico Madrid eine unglück­liche 0:1‑Niederlage – auch wegen eines ver­schos­senen Elf­me­ters.
Uns wurde auch noch ein in meinen Augen regu­läres Tor aberkannt. Wir haben gegen Atlé­tico eine richtig gute Partie gemacht. Für die Leis­tung, die wir da abge­lie­fert haben, wäre eigent­lich nicht nur ein Punkt ver­dient gewesen, dafür hätte es auch drei Punkte geben können – genauso wie gegen Rostow. Da waren wir nach einer aus­ge­gli­chen ersten Halb­zeit in der zweiten Hälfte die deut­lich bes­sere Mann­schaft.

Bis zum Spiel gegen Atlé­tico spra­chen wieder alle von den Über-Bayern und einer noch­ma­ligen Stei­ge­rung unter Ance­lotti – danach wurde viel über tak­ti­sche Defi­zite dis­ku­tiert.
Gegen Atlé­tico zu spielen, ist nie ein­fach, da tun sich auch Real oder Bar­ce­lona schwer. Atlé­tico kann nicht nur brutal gut ver­tei­digen und eklig sein, son­dern auch guten Fuß­ball spielen. Von daher ist es nicht die Rie­sen­über­ra­schung, wenn der FC Bayern dort ver­liert. Bayern ist und bleibt den­noch eine der besten Mann­schaften auf der euro­päi­schen Bühne – auch wenn sie im Moment nicht jedes Spiel sou­verän gewinnen.

Die nie­der­län­di­schen Klubs haben den Anschluss an die euro­päi­schen Spitze ver­loren. Auch der PSV Eind­hoven hat schon bes­sere Zeiten gesehen. Wenn man PSV Eind­hoven hört, denkt man an Romario, Ronaldo, Robben oder van Nis­tel­rooy – von der aktu­ellen Mann­schaft kennen nur Experten den einen oder anderen Spieler.
Das war damals wahr­schein­lich nicht anders. Die gerade zitierten Spieler zählten zu ihrer Zeit bei PSV Eind­hoven viel­leicht auch noch nicht zu den Stars mit ganz großem Namen. Viel­leicht wird das in ein paar Jahren wieder genauso sein und einer aus unserem Team ent­wi­ckelt sich zum Top­star.

An wen denken Sie da?
(Lacht) ich will keine Namen nennen. Wir haben einige junge Spieler mit extrem hoher fuß­bal­le­ri­scher Qua­lität in unseren Reihen. Und im PSV-Nach­wuchs­be­reich gibt es neue Super­ta­lente. In der Län­der­spiel­pause haben ein paar Jugend­spieler bei uns mit­trai­niert – das war schon sehr beein­dru­ckend, wie weit sie für ihr Alter schon sind.

Aber es lässt sich nicht leugnen, dass auch die nie­der­län­di­sche Natio­nal­mann­schaft schon bes­sere Zeiten hatte – erst die EM ver­passt und jetzt schon wieder ein holp­riger Start in die WM-Qua­li­fi­ka­tion.
Die Mann­schaft hat beim 0:1 gegen Frank­reich ein gutes Spiel gemacht. Ich glaube nicht, dass es eine grund­sätz­liche Frage der feh­lenden Qua­lität ist.

Viel­leicht müssten die nie­der­län­di­sche Teams auch mal ergeb­nis­ori­en­tierter agieren, sich dem Zwang des schönen Spiels und Cruyffs Ver­mächtnis ent­ziehen?
Da ist schon was dran. Jede Mann­schaft in der Ere­di­visie ver­sucht Fuß­ball zu spielen, auch die, die unten stehen. Es geht hier nicht nur ums Gewinnen, son­dern auch darum, den Leuten einen anspre­chenden Fuß­ball zu zeigen. Es ist alles ein wenig ent­spannter als in der Bun­des­liga. Im deut­schen Fuß­ball wächst man mit dem unbe­dingten Sie­ges­willen auf, wes­halb ich ver­suche, diesen auch bei uns rein­zu­bringen. 

Wel­chen Stel­len­wert genießt die Bun­des­liga in den Nie­der­landen?
Einen sehr hohen. Meine Mit­spieler sind immer bes­tens über den deut­schen Fuß­ball infor­miert. Sie wissen, wer in wel­cher Partie die Tore gemacht hat. Die eng­li­sche Pre­mier League ist viel­leicht noch ein biss­chen mehr im Fokus. Aber die Bun­des­liga wird auf jeden Fall auf­merk­samer ver­folgt als die spa­ni­sche Liga.

Sie spra­chen anfangs von dem ange­nehmen Umfeld bei Ihrem neuen Klub. Sie hätten das schon vor drei Jahren haben können. Schon vor Ihrem Wechsel zum VfB zeigte Eind­hoven Inter­esse an Ihnen.
Das war nur ein leises Anklopfen. Aber damals war es für mich noch zu früh für einen Wechsel ins Aus­land. Jetzt war der rich­tige Zeit­punkt dafür gekommen. Und ich bin­wirk­lich sehr, zufrieden in Eind­hoven. Das macht richtig Spaß hier.

Auch weil alles so fami­liär ist?
Ja. Das mit der PSV-Familie wird hier im Klub auch immer wieder betont. Und es sind keine leeren Worte – das erkennt man schon daran, dass viele große Spieler nach Ende ihrer Kar­riere zum Klub zurück­kehren, um dort Auf­gaben zu über­nehmen. Cocu trai­niert die Pro­fi­mann­schaft, andere wie van Bommel, van Nis­tel­rooy, Zenden oder Nilis sind bei uns oder in die Jugend­ar­beit ein­ge­bunden. Das ist ein Zei­chen einer große Ver­bun­den­heit mit diesem Verein.

Und was ist aktuell in der Cham­pions League-Saison für PSV Eind­hoven noch drin?
Wir haben leider einige Punkte liegen gelassen. Jetzt stehen wir mit nur einem Zähler da und müssen schauen, dass wir zumin­dest unser Mini­mal­ziel, näm­lich Platz drei in der Gruppe, noch errei­chen.

Ein Punkt in Mün­chen würde da guttun – ein rea­lis­ti­sches Ziel?
Gegen Atlé­tico haben wir gezeigt, dass wir ver­tei­digen können. Und bei Bayern wie­derum hat man gesehen, dass sie Schwie­rig­keiten haben gegen Teams, die gut ver­tei­digen und ein schnelles Umschalt­spiel zeigen. Die Auf­tritte von Köln und Frank­furt gegen Bayern haben gezeigt, dass sie nicht unver­wundbar sind.