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Herr Toprak, wie geht es Ihnen nach dem ersten Bun­des­li­ga­spiel nach langer Zeit?

Ich fühle mich sehr gut, vor allem, weil ich keine Schmerzen hatte. Es war mein erstes Bun­des­li­ga­spiel über­haupt, und ich bin sehr dankbar, dass es bereits zum Rück­run­den­auf­takt geklappt hat. Noch schöner wäre es aller­dings gewesen, wenn wir in Ham­burg gepunktet hätten.



Wo gibt es even­tuell noch Beschwerden?


Von Beschwerden mag ich nicht spre­chen, es gibt sicher noch ein paar Dinge auf­zu­holen, schließ­lich habe ich ja einige Monate im Mann­schafts­trai­ning gefehlt. Aber ich fühle mich sehr gut.

Bei wie viel Pro­zent Ihrer Leis­tungs­fä­hig­keit sehen Sie sich?

Das kann ich nur schwer ein­schätzen, diese Bewer­tung muss das Trai­ner­team vor­nehmen. Ver­gan­gene Woche bin ich noch durch eine leichte Grippe zurück­ge­worfen worden, des­halb war ich am Wochen­ende sicher nicht ganz bei 100 Pro­zent.

Besteht noch eine gewisse Angst bei Zwei­kämpfen?

Diese Angst gibt es nicht. Ich konnte pünkt­lich zur ersten Ein­heit ins Trai­nings­lager mit der Mann­schaft ein­steigen und habe ver­sucht, alles zu machen wie zuvor. Von daher wird Dir auch von den Kol­legen wenig geschenkt. Ich finde das gut, weil sich dadurch erst gar keine Angst ein­schleicht.

Worum geht es bei den der­zei­tigen Arzt­be­su­chen?


Es sind gar nicht mehr so viele. Wir schauen vor allem, ob die Narben gut ver­heilen und alle Gelenke und Mus­keln intakt sind.

Inten­siv­sta­tion, Roll­stuhl, Haut­trans­plan­ta­tion – wie haben Sie die Lei­dens­zeit durch­ge­standen?

Es war wichtig, dass alle in meinem Umfeld mir Kraft geben – Familie, Freunde, der ganze Verein und meine Berater. Das hat wun­derbar geklappt, vom ersten Tag an. Und es war wichtig, dass ich mir immer kleine Zwi­schen­ziele stecke, lange vor dem Spiel gegen den HSV am ver­gan­genen Wochen­ende war es zum Bei­spiel mein Wille, dass ich zum Hin­run­den­auf­takt im Sta­dion sein kann, wenn auch nur an Krü­cken. So habe ich mich Schritt für Schritt zurück gekämpft.

Gab es Gedanken an das Kar­rie­re­ende? Gab es einen Plan B?


Diesen Plan B gab es nie. Ich habe alles ver­sucht, damit ich wieder spielen kann und mich über­haupt nicht mit dem Gedanken an eine Alter­na­tive beschäf­tige. Das hätte ich noch früh genug tun können, wenn es nicht geklappt hätte.

Hatten Sie bestimmte Vor­bilder bei der Bewäl­ti­gung dieser schwie­rigen Situa­tion?

Eigent­lich nicht, denn es gab meines Wis­sens nach keinen Ver­gleich mit einer ähn­lich schweren Ver­let­zung bei einem Fuß­baller.

Sie haben davon gespro­chen, dass Sie in dieser Zeit gemerkt haben, dass es schlim­mere Schick­sale geben kann. Welche Erleb­nisse im Kran­ken­haus oder in der Reha waren es, die Ihnen diese Sicht­weise ver­mit­telt haben?


Naja, es waren Fälle in der Klinik, die viel schlim­mere hatten, zugleich waren auch Men­schen dabei, die sicher nicht mehr so wie ich in ihren alten Beruf zurück gehen konnten.

Wer oder was hat Ihnen in dieser Zeit geholfen?


Alle, die sich in meinem engeren Umfeld und in dem des Ver­eins bewegen, auch die Fans, die mich gefeiert haben, vor allem aber die »Alles Gute«-Website des Schü­lers Tim Schütz, auf der schon über 50.000 Men­schen vorbei geschaut haben, um mir Gene­sungs­wün­sche zu hin­ter­lassen. Das finde ich unglaub­lich, und es hat mir sehr geholfen

Was berei­tete in der Reha die schwie­rigsten Pro­bleme? Die Schu­lung des Gleich­ge­wichts, die Belas­tung der Beine, der Kraft­aufbau oder etwas anderes?


Sicher eine Mischung aus allen genannten Dingen. Und dann gab es ein­fach auch kon­di­tio­nelle Rück­stände auf­zu­holen und die Arbeit mit dem Ball wieder auf­zu­nehmen.

Wie war der Kon­takt zu den Mit­spie­lern?


Der war von Anfang an klasse, nicht nur wegen der Besuche in der Klinik. Auch wenn ich anfangs nur Lauf­trai­ning machen konnte, hatte ich sehr schnell das Gefühl, wieder bei der Mann­schaft zu sein.

Es wurde davon gespro­chen, dass Sie nun ein Jahr lang starkes Son­nen­licht meiden müssten. Stimmt das, und inwie­weit ist so etwas über­haupt zu rea­li­sieren?

Das stimmt und stellt kein großes Pro­blem dar, weil man sich darauf ein­stellen kann.

Wie hat Sie diese schwie­rige Zeit als Mensch ver­än­dert?

Ich denke nicht, dass ich dadurch ein anderer Mensch geworden bin. Aber ich weiß dadurch, wie wichtig es ist, gesund zu bleiben. Und ich habe erfahren, dass ich selbst im Unglück noch großes Glück gehabt habe, sonst wäre ich heute nicht soweit.

Jürgen Kohler hat Sie geadelt, ebenso der »Kicker«. Welche Ziele ver­folgen Sie nach ihrer kom­pletten Gene­sung mit dem SC Frei­burg und in der Natio­nal­mann­schaft?


Ich möchte ein­fach wieder auf dem Rasen stehen und mir einen Platz in der SC-Stammelf erar­beiten. Alles wei­tere ergibt sich dann.

Ist Kohler Ihr Idol?

Dazu kenne ich ihn zu wenig. Ich habe mich über sein Lob gefreut, weil es von einem großen Spieler kommt, aber zum Idol habe ich ihn des­wegen nicht ernannt.

Bei Mesut Özil dau­erte es lange, bis dieser sich ent­schlossen hatte, für Deutsch­land zu spielen. Wie lief es bei Ihnen ab?

Es war sicher keine leichte Ent­schei­dung, ich bin hier geboren und habe tür­ki­sche Wur­zeln. Aber ich denke, dass es für Spieler mit meinem Hin­ter­grund das Beste ist, in dem Land zu spielen, in dem sie geboren sind und das ist Deutsch­land.

Welche Erin­ne­rungen haben Sie an den Gewinn der U19-Euro­pa­meis­ter­schaft?

Es war groß­artig, zumal es der dritte Titel in diesem Jahr war. Mit der zweiten Mann­schaft des SC bin ich auf­ge­stiegen, mit unserer U19 im glei­chen Jahr Meister geworden und dann noch der EM-Titel, das war schon Wahn­sinn.

Sie sind beid­füssig. Ist dies und ihr Spiel Resultat der guten Schu­lung im Frei­burger Fuß­ball­in­ternat?


Ich denke schon, dass die Aus­bil­dung in unserer Fuß­ball­schule einer der besten des Landes ist. Mir hat das jeden­falls sehr geholfen, weil auch abseits des Platzes alles per­fekt war.

Sie standen in den Vor­be­rei­tungen zu Ihrem Abitur. Wie weit sind Sie in dieser Hin­sicht?


Ich habe die münd­liche Prü­fung in Spa­nisch nach­holen dürfen und habe sie dann im Herbst auch bestanden, also das Abitur in der Tasche.

Wie groß ist die Vor­freude auf das erste Heim­spiel mit dem SC Frei­burg in diesem Jahr?


Riesig, ich weiß noch nicht, ob ich spielen darf, aber damit würde ein wei­terer Traum in Erfül­lung gehen.

Werden Sie sich selbst schon wieder nach nor­malen Maß­stäben beur­teilen? Oder als Rekon­va­les­zent?


Das weiß ich nicht, das sollen andere beur­teilen. Aber es hat mich sehr gefreut, dass unser Trainer Robin Dutt am ver­gan­genen Samstag gesagt hat, es käme ihm vor, als sei ich nie weg­ge­wesen.

Sind Sie dank­barer Ihrem Talent gegen­über als zuvor?


Ich bin auch davor nicht undankbar mit meinem Talent umge­gangen. Aber ich weiß jetzt, wie wun­derbar es ist, Fuß­ball­profi zu sein.