Quarantäne ist das, was man daraus macht. Weshalb wir euch nicht allein lassen, sondern in loser Reihenfolge die besten Fußballbücher vorstellen, die man gelesen haben muss. Oder auf keinen Fall angefasst haben sollte. Teil 1.
Oliver Kahn – Nummer eins (2004)
„Nummer eins“ ist keine herkömmliche Lebensgeschichte, sondern vielmehr Gedankenstrom des besten deutschen Torwarts aller Zeiten. Das liest sich mal kurzweilig, mal arg bemüht. Die Kapitel heißen „Willenskraft“, „Druck“ oder „Motivation“. Zwischendurch tauchen biografische Versatzstücke auf. „Fußball ist Kunst“, schreibt Kahn an einer Stelle, um danach seitenlang über die Basis von Kreativität zu sinnieren: Inspiration. „Wenn ich in den Tierpark gehe, schaue ich dem Panther mindestens eine halbe Stunde lang zu.“ Kunden, die dieses Buch gekauft haben, kauften auch: „Sieben Wege des Erfolgs“, „Sepp Maiers Torwartschule“ und „Inspektor Clousseau – Der irre Flic mit dem heißen Blick“.
Colin Irwin – Sing When You’re Winning (2008)
Colin Irwin ist bekannt für seine Tätigkeit als Musikjournalist. Er arbeitete für den „Melody Maker“, die BBC oder den Guardian. Fußballfan ist er, wie üblich in England, seit seiner Geburt. Es lag also nah, ein Buch über Stadiongesänge zu schreiben. Am Ende entstand eine harte Bestandsaufnahme des modernen Fußballs, aber auch ein häufig munteres Buch, für das er die gesamte britische Insel bereiste, die ewig Gutgelaunten der großen Premier-League-Klubs besuchte, aber auch die ganz unten in den Amateurligen, bei Wind und Wetter und vermeintlich mieser Stimmung. An einer Stelle zitiert Irwin einen Satz des legendären Trainers Bill Shankly: „In einem Verein gibt es eine heilige Dreifaltigkeit – Spieler, Trainer und Anhänger. Vorstände gehören da nicht hin. Die sind nur dazu da, die Schecks zu unterschreiben.“ Er ist Traum, Credo und Fazit zugleich.
Ronald Reng – Der Traumhüter (2002)
Der Traum aller Amateurkicker: Eben noch Kreisliga, jetzt schon Premier League. Lars Leese hat genau das erlebt. Mit Anfang 20 spielt er noch für Klubs mit Namen wie Sportfreunde Neitersen oder VfB Wissen, im Alter von 28 hütet er das Tor des englischen Erstligaklubs FC Barnsley und vereitelt beim 1:0‑Sieg in Liverpool Großchancen im Minutentakt. Für viele das beste Fußballbuch, das je in Deutschland erschienen ist – amüsant und kenntnisreich aufgeschrieben von Journalist und Hobbytorhüter Ronald Reng.
Diese Rezensionen erschienen erstmals in 11FREUNDE Spezial – Das waren die Nuller. Das Heft gibt es bei uns im Shop – genau wie das Abo mit allen aktuellen Ausgaben.
Lutz Pfannenstiel – Unhaltbar (2009)
Anfang der Neunziger bricht der Torwart Lutz Pfannenstiel auf, um am anderen Ende der Welt, beim malayischen Klub Penang FA, Fußball zu spielen. Mit dieser Entscheidung beginnt eine beinahe 20-jährige Odyssee um den Erdball. Bis 2010 spielt er auf allen sechs Kontinenten Fußball, in Albanien, Kanada, Neuseeland, Namibia, England oder Brasilien. Weil er in Indonesien „auffallend gut“ hält, sitzt er wegen vermeintlicher Spielmanipulation 101 Tage im Gefängnis, später lebt er zeitweilig mit einem Pinguin zusammen, steht mit der Mafia in Kontakt und wird nach einem Zusammenprall klinisch tot vom Platz getragen. Ganz normaler Fußballalltag halt.
David Peace – The Damned United (2006)
Echauffierte man sich in Deutschlands Talkshows noch über ach so pikante Details aus Biografien von Effe oder Lothar, veröffentlichte der Krimiautor David Peace 2006 ein Romanporträt, das wie ein Orkan über die englische Fußballlandschaft hinwegfegte. Peace schildert halbfiktiv und ohne Rücksicht auf Personen die düsteren 44 Tage des Trainers Brian Clough beim Serienmeister Leeds United im Sommer 1974. Das liest sich etwa so: „Hier hassen sie Flair. Zerren es raus auf die Straße und treten es in den Magen, töten und hängen es an der Laterne auf, damit es alle verspotten und sehen können.“ Irgendwo zwischen Bret Easton Ellis Lakonik und Charles Bukowskis Nihilismus. Die Times jubelte nach Erscheinen: „Wahrscheinlich der beste Roman, der je über Sport geschrieben wurde.“ Wahrscheinlich hat sie „The Damned United“ ist ein Monstrum von einem Roman (»> Hier geht’s zum Shop).
SZ-Verlag – Fußball Unser (2005)
Als noch nicht alles von vorne bis hinten erzählt war, bevor Autoren und Verlage ihre Anekdotenheftchen und Fußballersprüchebände auf den Buchmarkt schmissen, veröffentlichten drei Autoren im Verlag der Süddeutschen Zeitung diese wunderbare Fußballbibel. Ohne eine besondere Ordnung reihen sich hier außerordentlich nebensächliche Fakten und Schnurren aus der Geschichte des Fußballs aneinander. Wissenswertes zu den Verletzungen des Toni Schumacher, Listen der Pokalsieger Liechtensteins, Infos zur kleinsten Liga der Welt oder die Protokolle berühmter Radioreportagen. Ein Buch wie eine bunte Tüte vom Süßigkeitenhändler des Vertrauens.