Christian Streich hat seinen Vertrag beim SC Freiburg verlängert. Gott sei Dank.
Meine Frau, die an Fußball eher unterdurchschnittlich interessiert ist, fragt nach jedem Bundesligaspieltag: „Wie hat eigentlich mein Freund Christian Streich gespielt?“ Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Mein Freund Christian Streich… Dabei ist es nicht etwa so, dass sie in Freiburg studiert oder früher an der Bundesstraße von Lörrach nach Karlsruhe neben der Metzgerei von Streichs Eltern gewohnt hat. Nein, die schnöde Wahrheit ist: Sie ist dem Mann nie begegnet.
Aber so geht es ja vielen, ob sie nun Fußballfreunde sind oder nicht: dass sie beim Freiburger Trainer emotional andocken, wie es ihnen bei anderen Protagonisten des Spiels nie in den Sinn käme. In den mehr als zehn Jahren, die Streich jetzt als Cheftrainer des SC Freiburg arbeitet, hat er sich zu einer Type entwickelt, die in der heutigen Bundesliga, ach was, wahrscheinlich in der Bundesligageschichte ihresgleichen sucht. Eine einzigartige Mischung aus Erklärbar, Spielphilosoph und Seitenlinienvulkan, die uns tröstliche Gewissheit schenkt, dass das Spiel noch nicht komplett vor der Diktatur der Expected Goals kapituliert hat.
Dabei sollte sich niemand von seinem charmanten, aber immer leicht putzig wirkenden alemannischen Akzent täuschen lassen. Der Mann weiß, was er tut, und er weiß genau, was er damit auslöst. Kaum hatte Streich das Traineramt in Freiburg übernommen, wurde er als ebenso kauziger wie erfolgreicher Gegenentwurf zum modernen Fußball gefeiert, und es hat ihn nicht überrascht. „Das klingt jetzt komisch, aber ich habe gewusst, dass es so kommen könnte“, hat er in einem frühen Interview mit 11FREUNDE gesagt. „Man hat ja auch schon vorher ohne Kameras 46 Jahre gelebt, und ich weiß ja, wie ich auf Menschen wirke.“
Wobei allerdings selbst Streich nicht geahnt haben dürfte, wie langlebig der Hype um seine Person sein würde. Und dass eines Tages sogar die „New York Times“ um die Ecke kommt und ein großes Porträt über den „Philosophen vom Schwarzwald“ schreibt. Aber das kommt davon, wenn die Menschen sogar aus andernorts öden Spieltags-Pressekonferenzen mit dem hoffnungsfrohen Gefühl herausgehen, dass die Welt zwar womöglich in ernsten Kalamitäten, aber noch nicht ganz verloren ist.