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Der Text von Per Mer­te­sa­cker erschien zuerst auf dem Blog von The­resa Enke. Er wurde uns freund­li­cher­weise zur Ver­fü­gung gestellt. Wer sich über die wich­tige Arbeit der Robert-Enke-Stif­tung infor­mieren möchte, folgt diesem Link.

Wenn ich zu einem Län­der­spiel im Hotel ein­traf, gab es für mich erst einmal zwei Dinge zu erle­digen: ein­che­cken und Robert anrufen. Bist du schon hier? Ich bin gerade ange­kommen. Kommst du rüber auf mein Zimmer?“ Wenige Minuten nach unserer Ankunft saßen wir zusammen und redeten über alles, was uns gerade in den Sinn kam.

Die Tat­sache, dass sich sein Todestag heute zum achten Mal jährt, dass meine Gespräche mit ihm also gut ein Jahr­zehnt zurück­liegen, erschreckt mich. Das kann doch nicht so lange her sein, was habe ich in den ganzen Jahren seitdem getan? Die Jahre eines Fuß­ball­profis ver­fliegen, weil unser Blick immer nur nach vorne geht, wie komme ich weiter, kon­zen­trier dich aufs nächste Spiel. Meine Erleb­nisse mit Robert scheinen aber auch des­halb so viel näher als acht Jahre, weil sie mir so viel bedeuten. Robert Enke hat mein Leben positiv beein­flusst wie kaum ein Kol­lege.

Ich war ein 19-jäh­riger Frisch­ling, der gerade seine ersten Par­tien in der Bun­des­liga hinter sich gebracht hatte, als Robert im Sommer 2004 bei Han­nover 96 in unsere Umklei­de­ka­bine trat und mich begrüßte: Ah, hallo, und du bist der Per.“ Er kam aus Spa­nien, er hatte für den FC Bar­ce­lona gespielt, er war 27, und er gab mir von Anfang an das Gefühl, er schätze mich, den Frisch­ling. Ich war der Ver­tei­diger, er der Tor­wart: Er stand im wahrsten Sinne des Wortes hinter mir. Er ermun­terte mich, ich würde meinen Weg gehen, er wies mich auf meine Qua­li­täten hin – die man als unsi­cherer 19-Jäh­riger ja manchmal selbst nicht mehr sieht. Er ließ mich spüren, dass er sich mit mir in der Ver­tei­di­gung sicher fühlte. Ich denke, eine schö­nere Erfah­rung kann man bei der Arbeit kaum machen, egal, welche Arbeit man ver­richtet: Er schenkte mir sein Ver­trauen.

So half er mir ent­schieden, dass ich mich als junger Ver­tei­diger ent­wi­ckelte. Allein der Gedanke: Hab keine Angst, wenn du mal eine geg­ne­ri­sche Flanke nicht klärst – Robert ist da. Er strahlte gleichsam Ruhe und Ent­schlos­sen­heit aus, er war einer, von dem wir im Fuß­ball­jargon sagen: Er geht voran. Ich denke, das ist wichtig fest­zu­halten, nicht, um Robert irgendwie zu glo­ri­fi­zieren, son­dern um zu ver­deut­li­chen: Men­schen, die von Depres­sionen getroffen werden, sind kei­nes­wegs schwach; es kann auch die Stärksten wie Robert treffen, weil es wie Krebs ein­fach eine Krank­heit ist.

Als ich 2006 zu Werder Bremen wech­selte und Robert in Han­nover blieb, hatten wir einen gemein­samen Traum: Noch einmal zusam­men­zu­spielen, und zwar in der Natio­nal­mann­schaft. Wir erin­nerten uns gegen­seitig oft daran. Mit 29 schaffte er den Sprung in die deut­sche Aus­wahl tat­säch­lich noch. So wie wir uns sofort nach der Ankunft im Hotel suchten, so saßen wir abends nach dem Spiel wieder im Hotel zusammen. Für mich waren das rare Momente: Hier, mit Robert, schauten wir für ein paar Stunden mal nicht immer nur nach vorne, zum nächsten Spiel, son­dern genossen, was wir geschafft hatten.