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Unten ergoss sich der Regen auf das unge­schützte Spiel­feld, und oben, unterm Dach, pfiffen die Zuschauer. Der Leip­ziger Alltag spielt sich in der Viert­klas­sig­keit ab, aber ein biss­chen mehr hätte die Kund­schaft schon gern gesehen als dieses knappe 2:0 (1:0) der deut­schen Natio­nal­mann­schaft gegen Israel. Erst das späte zweite Tor des ein­ge­wech­selten Lever­ku­seners André Schürrle besänf­tigte die 43.241 Zuschauer in der aus­ver­kauften Leip­ziger WM-Arena.

Neun Tage vor dem ersten Spiel bei der Euro­pa­meis­ter­schaft in Lem­berg gegen Por­tugal lief bei der Gene­ral­probe längst noch nicht alles nach Wunsch in der deut­schen Mann­schaft. Aber es sah schon ganz anders aus als am ver­gan­genen Samstag beim 3:5 gegen die Schweiz. 

Es war ja auch eine andere deut­sche Mann­schaft, in der Start­auf­stel­lung ver­än­dert um die Klei­nig­keit eines sieben Spieler starken Münchner Blocks. Zwölf Tage nach dem ver­lo­renen Cham­pions-League-Finale gegen den FC Chelsea durften Manuel Neuer, Holger Bad­s­tuber, Jerome Boateng, Philipp Lahm, Thomas Müller, Toni Kroos und Mario Gomez Zer­streuung auf dem Fuß­ball­platz suchen. Vom Deut­schen Meister Borussia Dort­mund durfte gegen Israel nur der kurz vor Schluss ein­ge­wech­selte Mario Götze für ein paar Minuten mit­ki­cken.

Den Münchner Natio­nal­spie­lern kam zugute, dass sie die kräf­te­zeh­rende Vor­be­rei­tung auf Sar­di­nien und der der Cote d’Azur ver­passt hatten, deren Folgen vor einer Woche in Basel nur allzu deut­lich sichtbar waren. Auf der andern Seite fehlte ihnen oft noch die Bin­dung zu den anderen Kol­legen aus Madrid, London und Köln. Sami Khe­dira etwa orga­ni­sierte mit dem unge­wohnten Partner Kroos das Spiel im defen­siven Mit­tel­feld längst nicht so effi­zient, wie er das bei Real mit Xabi Alonso tut (und in der Natio­nalelf sonst mit dem dieser Tage ange­schla­genen Bas­tian Schwein­steiger). Mesut Özil ist es bei Real gewohnt, Cris­tiano Ronaldo oder Karim Ben­zema in Szene zu setzen. Selten nur erreichten seine Pässe ges­tern den Münchner Gomez. Per Mer­te­sa­cker vom FC Arsenal offen­barte in der Innen­ver­tei­di­gung an der Seite von Bad­s­tuber ähn­liche Abstim­mungs­pro­bleme, wie er sie gegen die Schweiz neben Mats Hum­mels hatte. Und Lukas Podolski spielte auf dem linken Flügel vor Kapitän Philip Lahm ähn­lich unglück­lich, wie die Saison seines 1. FC Köln ver­laufen war.

Der starke Münchner Ein­fluss war also nach zwei gemein­samen Tagen mit dem Rest­kader noch nicht aus­schließ­lich ein Segen für die Natio­nal­mann­schaft. Wie gut es aber theo­re­tisch laufen könnte, dass wurde schon nach ein paar Minuten deut­lich. Als Philipp Lahms Pass Gomez fand, der noch ein par Meter lief und den Ball dorthin schießen wollte, wohin er in zuletzt sehr häufig geschossen hat, näm­lich ins Tor Doch bevor es dazu kommen konnte, schob sich als Ramm­bock der Israeli Rami Geshon in den Lauf von Gomez, der plötz­lich auf dem Rasen lag. Elf­meter? Nein, beschied Schieds­richter Blom aus den Nie­der­landen und ruderte zur Unter­maue­rung seiner Ent­schei­dung wild mit den Armen durch die Luft.

Tor­chancen waren eher Zufall
 
Ein frühes Füh­rungstor hätte dem Spiel wohl einiges von seiner Zäh­heit genommen. So aber lief in der Enge der viel­bei­nigen israe­li­schen Defen­sive noch einiges in die Breite, flog man­cher Pass ins Aus, waren Tor­chancen mehr Zufall denn das Pro­dukt durch­dachter Spiel­züge. Das war zum Bei­spiel dieses Zau­ber­kunst­stück von Jerome Boateng, der eher zufällig im israe­li­schen Straf­raum kam und dort auf engstem Raum zwei Gegen­spieler narrte. Noch im Fallen schoss Boateng, aber der Ball prallte vom linken Pfosten zurück ins Spiel­feld. Ein anderes Mal hatte Khe­dira Pech mit einem Kopf­ball, der aus nächster Distanz ganz knapp am Tor vorbei flog. Es war das erwar­tete Gedulds­spiel gegen eine Mann­schaft die sich bis auf wenige Sequenzen aus­schließ­lich in der eigenen Spiel­hälfte ver­bar­ri­ka­dierte. Solange es 0:0 stand, fand ein israe­li­sches Offen­siv­spiel nicht einmal in Ansätzen statt.

Diese Kon­stel­la­tion war zum einen undankbar, zei­tigte zum andren jedoch einen per­fekten Trai­nings­ef­fekt für die sich durch die Fin­dungs­phase mühende Mann­schaft. Von Esprit war noch wenig zu sehen, aber für das Selbst­wert­ge­fühl war es wichtig, dass das stete Anrennen kurz vor der Pause end­lich auch mit einem Tor belohnt wurde. Ein­ge­leitet wurde es von Khe­dira, dessen Pass Müller gedan­ken­schnell wei­ter­lei­tete auf Gomez, der nicht lange über­legte und den Ball humor­frei unter die Latte drosch.

Am grund­sätz­li­chen Cha­rakter des Spiels änderte dieses Tor schon einiges, denn in der zweien Hälfte spielten auch die Israelis ein biss­chen mit. Dabei wirkte das deut­sche Defen­siv­spiel nicht immer auf der Höhe, aber für die Offen­sive hatte es die ange­nehme Kon­se­quenz, dass die Räume ein wenig luf­tiger und die Chancen zahl­rei­cher wurden. Einmal kam Özil einen Tick zu spät, ein anderes Mal jagte Podolski den Ball aus guter Posi­tion knapp über das Tor und später noch einmal auf den Leib des israe­li­schen Tor­hü­ters. Und dann brachte Müller das Kunst­stück fertig, nach Özils Zuspiel und schöner Kör­per­täu­schung den Ball aus zehn Metern und bester Posi­tion völlig frei­ste­hend noch neben das Tor zu schießen.

Das Publikum verlor langsam die Geduld. Die Stim­mung drohte schon zu kippen, da traf der für Podolski ein­ge­wech­selte Schürrle aus gut 20 Metern zum finalen 2:0. Für Schürrle war es ein dop­pelt spätes Erfolgs­er­lebnis nach einer eher beschei­denen Saison. Und für Bun­des­trainer Joa­chim Löw der dezente Hin­weis darauf, dass der Erfolg nicht zwangs­läufig aus Mün­chen kommen muss.