Olympiakos Piräus ist in die Gruppenphase der Champions League eingezogen. Mittendrin: Marko Marin. Warum er so stark aufspielte wie lange nicht. Oder noch nie.
Er winkt: Spiel zu mir, ich mach das hier klar! Und plötzlich ganz viel Wiese vor ihm. Und der Mann, der die Nummer zehn trägt, der sie stolz trägt, mit geradem Rücken und der Aura eines „Jetzt komme ich“-Spielers, kennt nur noch ein Ziel – das Tor. Fünf dieser kleinen, einer Nähmaschine gleichen Trippelschritte noch, dann ab ins Eck mit der Kugel. 1:0 für Olympiakos Piräus in Rijeka, die Champions League ist erreicht. Der Matchwinner: Marko Marin. Der Spielmacher des 44-fachen griechischen Meisters. Ein Leistungsträger.
„Es geht bergab für Marko Marin“ titelte der „Weser-Kurier“ noch im März dieses Jahres. Eine Aussage, die einen damals überraschen konnte, allein, weil man geneigt war, zu denken: Noch weiter bergab?
Marin, der Nationalspieler – eine Ewigkeit her
Denn Marko Marin, der, den sie rund um seinen Wechsel zum FC Chelsea im Sommer 2012 zum „German Messi“ hochgejazzt hatten, war gerade mal ein halbes Jahr bei Olympiakos Piräus. Der achten Station seiner Profikarriere. Mit inzwischen 28 Jahren.
Und man kennt ja die Wegmarken dieser Karriere. In der Jugend von Eintracht Frankfurt ausgebildet, der frühe Wechsel in das Nachwuchszentrum von Borussia Mönchengladbach. Dort, gleich in seiner zweiten Profisaison (2007÷08), absoluter Leistungsträger. Zweite Liga zwar, aber eigentlich ist das umso erstaunlicher: Dass sich eine 1,68 Meter kleine Fummelkutte im deutschen Unterhaus der fliegenden Grätschen so durchzusetzen wusste. 17 Scorer-Punkte in 31 Partien. Marin-Hype und Länderspieldebüt inklusive. Als Zweitligaspieler. Eine Auszeichnung, die insgesamt nur wenig mehr als einer handvoll Spieler zuteil wurde. 16 Länderspiele hat er seither absolviert. Das letzte datiert vom 17. November 2010. Eine Ewigkeit ist das her.
Abzusehen war das nicht. Der Wechsel zu Werder Bremen 2009 schien noch logisch. Werder, hallo Ewigkeit, war damals schließlich ein Titelanwärter. Doch irgendwie lief es schon an der Weser nicht mehr so richtig rund. Immer häufiger verfing sich Marin in seinen Dribblings. Immer weniger effektiv wirkte sein Spiel. Umso überraschender der Wechsel zu Chelsea. Doch Marin glaubte an seine Chance, mangelndes Selbstbewusstsein war nie sein Problem. Vielleicht ist es auch nur der grenzenlose Optimismus eines Sportlers, der weiß, dass es am Ende doch alles nur ein Spiel ist.
Wendepunkt Anderlecht. Ausgerechnet
Dann begann die Lei(h)denszeit. Während Marin eigentlich an der Stamford Bridge unter Vertrag steht, also in den vier Saisons zwischen Sommer 2012 und Sommer 2016, kommt er auf fast so viele Premier-League-Spiele (6) wie Leihstationen (4). Deren Namen sich in ihrer Abfolge allein schon lesen wie der langsame Abstieg in die Bedeutungslosigkeit: Sevilla, Florenz, Anderlecht, Trabzonspor.
Doch man täte Marin unrecht, würde man ihn allein an Zahlen und immer weniger wohlklingenden Vereinsnamen bemessen. Denn ein wesentlicher Teil seiner Geschichte spielt sich in den Krankenakten ab, die er über die Jahre gesammelt hat wie andere Trophäen. Als er in Sevilla gerade den Anschluss gefunden zu haben schien, verletzte er sich. Spielte trotz Verletzung, spielte unter seinen Möglichkeiten und verletzte sich umso nachhaltiger. Geht angeschlagen nach Florenz, ist auch dort kaum auf dem Rasen zu finden. Der Wendepunkt kam ausgerechnet in Anderlecht. Dort, wo ihn viele an seinem Tiefpunkt wähnten.