It’s a match! In Brasilien wollen alle Tore schießen, aber niemand will ins Tor. Eugen Braun hat deshalb eine App entwickelt, über die man Torhüter mieten kann.
Eugen Braun, Sie vermieten Torhüter. Warum?
In Brasilien will keiner Torhüter sein. Bei den traditionellen Hobbyspielen unter Freunden, den Peladas, gibt es richtige Streitereien deswegen.
Weil jeder Pelé oder Ronaldinho sein will?
Mehr noch als in anderen Ländern ist in Brasilien der Torjäger und Trickser der große Held. Es ist oft ganz egal, ob er vorher drei Elfmeter verballert hat. Der Torhüter hingegen wird mit Skepsis betrachtet. Das hat kulturgeschichtliche Gründe und viel mit dem WM-Trauma von 1950 zu tun. Brasilien verlor damals das entscheidende Spiel gegen Uruguay mit 1:2. Für die Leute gab es damals nur einen Schuldigen: Torhüter Moacyr Barbosa.
Barbosa sagte einmal, für das zweite Gegentor habe er lebenslänglich gebüßt.
Im Jahr 2000 soll er verarmt und einsam gestorben sein. Oliver Kahn hat im WM-Finale 2002 das erste Gegentor verschuldet. Aber die Deutschen sagten sich, dass sie ohne Kahn überhaupt nicht ins Finale gekommen wären. In Brasilien würden die Leute so nicht denken.
Also haben Sie den Torwart-Verleih gegründet.
Weil es bei den Teams oft keine festen Torhüter gibt, wird nach jedem Gegentor durchgewechselt. Bei der Diskussion, wer als Nächster in den Kasten muss, schreit jeder: „Ich war schon.“ Oder es kommt vor, dass der Torwart den Ball extra reinlässt, damit er wieder spielen kann. Nach einer Stunde steht es dann schon mal 25:22. Mein Kumpel Samuel Toaldo kam daher auf die Idee, sich für Geld bei fremden Teams ins Tor zu stellen, die einen Keeper suchten.
Wie war die Reaktion?
Schon in den ersten Monaten konnte er die vielen Anfragen gar nicht bewältigen und suchte deshalb nach Mitstreitern. Ich meldete mich. Mein erstes Spiel als Miettorwart war eines der besten meiner nicht existenten Karriere. Samuel und ich wurden bald Geschäftspartner und entwickelten eine App: Für 30 Real (etwa 6,80 Euro, d. Red.) kann man sich bei uns für eine Stunde einen Hobbytorwart buchen, der für ein Spiel 18 Real bekommt.
Wie funktioniert die App?
Der Kapitän stellt die Spielanfrage: Uhrzeit, Dauer und Belag. Auf der anderen Seite registriert sich der Torhüter mit seiner Adresse und gibt an, in welchem Umkreis er spielen würde. Wenn eine Anfrage in seiner Umgebung reinkommt, kann er die annehmen oder ablehnen. Geht er hin, wird er nach dem Spiel vom Team bewertet. Es ist ein bisschen wie Tinder oder Uber – nur für Torhüter.