Mit dem Rausschmiss seines Kapitäns hat der Chemnitzer FC ein eindeutiges Zeichen gesetzt. Hooligan-Experte Robert Claus erklärt, was dahinter steckt und was Daniel Frahn mit rechten Fangruppen zu schaffen hat.
Kann man denn von einem gesamten Umdenken im Verein sprechen?
Ich kann von außen nur beurteilen, dass die Kündigung von Daniel Frahn sehr konsequent ist. Der Klub wurde offenbar zu einem starken Umdenken bewegt, insofern liegt in so einer Katastrophe wie dem Haller-Gedenken auch eine Chance. Indem der Verein das Ruder herumreißt.
Und vonseiten der Fans?
Im Frühjahr wurde die Gruppe „CFC-Fans gegen Rassismus“ gegründet. Dass es diese Initiative gibt, ist Gold wert. Bisher war Chemnitz einer der wenigen Standorte im deutschen Fußball, an dem es überhaupt keine anti-rassistische Faninitiative gab. Es fehlte bisher ein Gegengewicht, zivilgesellschaftliches und anti-rassistisches Engagement. Wenn der jetzt langsam entsteht und vom Verein langfristig gefördert und gestützt wird, dann sind sie auf dem richtigen Weg.
Wie geht es mit dem Verein weiter? Kann das ramponierte Image von dem Rauswurf profitieren?
Ich würde das nicht nur auf einen Imagegewinn beschränken. Wenn ein Verein einen seiner Top-Spieler aufgrund solcher Vorfälle kündigt, hat offensichtlich ein starkes Umdenken im Verein selbst stattgefunden. Und wichtig ist, dass solche Dinge mittlerweile viel kritischer behandelt werden, als noch vor einem halben Jahr. Der Imagegewinn ist nur eine Folge davon.
Scheinbar wird Daniel Frahn in rechten Fankreisen gerade zum Märtyrer erkoren. Wird er eine neue Symbolfigur für rechte Fans?
Das ist möglich. Die Frage ist: Will Daniel Frahn noch weiter Fußball spielen? Er hätte ja eventuell noch ein paar Jährchen, auch im höheren Fußballbetrieb. Die Frage, ob er eine neue sportliche Heimat findet, hängt wahrscheinlich sehr eng mit der Frage zusammen, wie er sich in den nächsten Tagen verhält.
Manche Fans meinen, dass der Chemnitzer FC diese weitere Entgleisung von Daniel Frahn zum Vorwand genommen hat, sich eines gut bezahlten Spielers zu entledigen. Der Verein ist finanziell nicht auf Rosen gebettet.
Dass der CFC finanzielle Querelen hat, ist zwar bekannt, aber so detailliert kann ich das nicht beurteilen. Und es ändert auch nichts daran, dass die Entscheidung, ihn zu kündigen, richtig ist. Das macht den politischen Anteil, die Haltung dahinter, nicht weniger wertvoll.
Robert Claus wurde 1983 in Rostock geboren und studierte Europäische Ethnologie und Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er gilt als Experte für Rechtsextremismus und Hooliganismus. 2017 erschien sein Buch „Hooligans. Eine Welt zwischen Fußball, Gewalt und Politik“. Zur Zeit arbeitet er bei der „Kompetemzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“ in Hannover.