Für die neue 11FREUNDE-Ausgabe #231 sprachen wir mit Fans des KFC Uerdingen über die Ankündigung des Klubinvestors, sich im Sommer zurückzuziehen. Doch nach Redaktionsschluss überschlugen sich in Krefeld die Ereignisse.
Die aktuelle Ausgabe #231 ist ab sofort am Kiosk eures Vertrauens oder hier im Shop erhältlich.
Michail Ponomarew hat als Investor den KFC Uerdingen zurück in die Dritte Liga geführt. Gleichwohl hat er seit 2016 den KFC nach Gutsherrenart regiert, wiederholt Angestellten mit Gehaltskürzungen gedroht und so den Krefeldern das Image eines Chaosklubs verschafft. Im Dezember kündigte Ponomarew an, er wolle seine Klubanteile an einen neuen Investor übertragen, den er erst kurz nach Redaktionsschluss der neuen 11FREUNDE-Ausgabe den Fans und Mitgliedern präsentieren wolle. Über diese Lage sprachen wir mit fünf eingefleischten Fans. Wir wollten wissen: Wie lebt es sich mit dem unschönen Gefühl, sich zwischen Pest und Cholera entscheiden zu müssen?
Doch es kam ganz anders als erwartet. Drei Tage nachdem wir das Heft in die Druckerei geschickt hatten, verkündete der russische Geldgeber tränenreich, dass er wider Erwarten keinen neuen Investor gefunden habe und es deshalb wahrscheinlich sei, dass der KFC zukünftig nicht mehr in der 3. Liga spielen werde. Um in jener Spielklasse gegen den Abstieg zu spielen, braucht der Klub ein Polster von drei bis vier Millionen Euro. „Wer will das zahlen?“, fragte Ponomarew bei der Infoveranstaltung und gab die Antwort gleich selbst: „Niemand.“ Dennoch gab der Russe vor, sich weiterhin intensiv um die Belange des Vereins zu kümmern, dem er in Personalunion auch als Präsident vorsteht.
Doch keine 24 Stunden erfolgte der nächste Paukenschlag: Ponomarew informierte den Verwaltungsrat, zum 20. Januar auch als Präsident des e.V. zurückzutreten. Das Datum ist insofern pikant, da nur einen Tag später alle Drittligisten mögliche Liquiditätslücken gedeckt und dies dem DFB mitgeteilt haben müssen. Aus diesem Grund haben wir alle fünf KFC-Anhänger, deren Stimmungsbild wir in der neuen 11FREUNDE-Ausgabe abfragen, nach den jüngsten Ereignissen um ein aktuelles Statement gebeten:
„Nun hat sich also das bestätigt, was ich schon die ganze Amtszeit von Ponomarew vermutet habe: Der Mann ist eine tickende Zeitbombe und in seinen Entscheidungen völlig unkalkulierbar. Er erzählt den Leuten, was sie hören wollen, und am Ende lässt er sie an der langen Leine verhungern. Er hat uns – auf deutsch gesagt – verarscht! Wie es jetzt weitergeht, weiß keiner. Wir können nur hoffen, dass jetzt endlich Leute in der Vereinsspitze ans Ruder kommen, denen wirklich etwas am KFC liegt und die nicht nur ihre eigenen Interessen verfolgen. Im Idealfall können wir in der Regionalliga einen Neustart machen und uns als Verein neu aufstellen, auch mit einem funktionierenden Unterbau im e.V.. Mehr als das zu hoffen, bleibt uns als Fans derzeit leider nicht.“
„Ich bin menschlich schwer von Ponomarew enttäuscht. So wie es sich darstellt, hat er uns vorsätzlich die Unwahrheit gesagt. In einem Gespräch mit einigen Fanklubvertretern, hatte er zugesagt, dass er trotz der widrigen Umstände im Verein weiter machen würde. Er habe den Mut und die Kraft dazu. Jetzt aber behauptet er, die Entscheidung zurückzutreten, habe er bereits im Sommer getroffen. Wer weiß, vielleicht haben ihn einige Forderungen von uns so genervt, dass es zu einer Kurzschlussreaktion gekommen ist. Dass er uns vor vollendete Tatsachen stellt, ist aber einfach nur enttäuschend. Aber ich hatte eh schon so ein ungutes Gefühl, dass am Ende kein neuer Investor gefunden wird. Wir als Fanszene sind nun in regem Austausch und uns einig, dass wir uns ab sofort gemeinschaftlich intensiv um dem e.V. kümmern müssen. Denn wie es aussieht, ist demnächst bei der Profiabteilung Schluss. Heißt: Wir gehen runter in die Regional‑, vielleicht sogar in die Oberliga – und bei der Infrastruktur und der Jugendarbeit muss jetzt ganz dringend was passieren.“
„Dass Ponomarew keinen neuen Investor präsentieren konnte, kam für mich nicht so überraschend. Ich habe ihn ja über Jahre kennengelernt. Dass er jedoch zwölf Stunden später auch seinen Rücktritt als Vereinspräsident bekannt gibt, hatte ich nicht erwartet. Das alles ändert für mich aber nichts an der Situation, dass der KFC sich dringend neu aufstellen muss. Schließlich zeigen die Ereignisse nur noch einmal deutlich, wie wichtig die 50+1‑Regel ist. Heißt: Eine Trennung von Profi GmbH und eingetragenem Verein ist unumgänglich! Perspektivisch muss es nun darum gehen, den e.V. in seinen Strukturen mit einem eigenem Gelände, Trainingsmöglichkeiten und einer funktionierenden Jugendarbeit weiterzuentwickeln. Damit der Verein auch in der Stadt wieder an Wert und Anerkennung gewinnt. Die Mitgliederversammlung muss also zwingend darauf achten, dass nun Leute in die Verantwortung kommen, die diese Aspekte im Auge behalten.“
„,Eines Tages wird’s geschehen, ja da fahren wir nach Mailand, nur um Uerdingen zu seh’n!’, singen wir im Fanblock. Jetzt ist klar: Dieser Tag verschiebt sich wohl. Aber mir ist klargeworden: Wichtig ist nicht, dass der Inhalt des Gesangs wahr wird. Sondern, dass er überhaupt gesungen werden kann, dass es weitergeht. Liga egal, Hauptsache Grotenburg, Hauptsache mit Bierchen im Block mit den ganzen Bekloppten, die eh mit dabei sind, ob Wülfrath oder Lautern. Aber ich bin es so leid, als Fan das ganze beschissene Drumherum auszublenden. Dass VAR, Katar-WM, „Die Mannschaft“ oder das Wohl meines Vereins davon abhängt, ob ein Millionär und die Mitglieder des Stadtrates gut miteinander auskommen. Und so heißt es zum was weiß ich wievielten Mal in meinen zwanzig Jahren KFC-Fandasein: Hoffen, dass alles gut wird und dass wir Fans in den Neuaufbau unseres geilen Traditionsvereins eingebunden werden. Und bis dahin gucke ich mir Zusammenfassungen von Wacker Burghausen aus der Zweitligasaison 2004/05 an.“
„Die letzten Tagen waren schrecklich. Die Informationsveranstaltung hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Man weiß nicht wie es weitergeht, das macht mich kaputt. Ich versuche eine Taktik, in Ponomarews Rücktritt zu erkennen. Er weiß, dass so lange er im Verein sitzt, niemand neues kommen wird. Vielleicht tritt er nur zurück, um noch eine geordnete Übergabe zu ermöglichen. Das hätte er aber besser kommunizieren müssen. Sollte sich diese Hoffnung als falsch herausstellen, wäre sein Handeln völlig absurd. Er ist länger im Verein geblieben und hat mehr bezahlt, als er ursprünglich wollte. Aber er hat auch versprochen, den Verein nie hängen zu lassen.
Dass jetzt Heinz Mörschel weggeht (Wechsel zu Dynamo Dresden, d. Red), spricht dafür, dass die Mannschaft auch nicht weiß, wie und ob es weitergeht. Jetzt bräuchte es ein starkes Zeichen aus Fankreisen, stattdessen registriere ich aber vor allem Lethargie. Für das Überleben des KFC ist eine renovierte Grotenburg unabdingbar. Die Stadt wäre hier am Zug. Durch die Erfahrungen der letzten Jahre bin ich jedoch skeptisch. Für einen Verein wie unseren geht es auf keinen Fall ohne Investor, da bin ich mir sicher. Ich glaube nicht an die romantische Idee vom fangeführten Verein. Ohne Hilfe von außen haben wir ja nicht mal einen Ascheplatz.“
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