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Wäh­rend die meisten Fans die Halb­zeit­pause nutzen, um Bier und Brat­wurst zu erstehen, kam den Fans von Roda JC Kerk­rade am ver­gan­genen Freitag eine andere Idee: Sie schmissen kur­zer­hand ihren unge­liebten Investor aus dem Sta­dion.

Die Stim­mung bei der Partie des finan­ziell klammen nie­der­län­di­schen Zweit­li­gisten war schon in der ersten Hälfte eher unge­müt­lich: Die Mann­schaft lag mit 0:1 gegen de Graafschap hinten. Die Anhänger griffen ihren mexi­ka­ni­schen Investor Mau­ricio Garcia de la Vega zunächst mit Ban­nern aus der Kurve an. Darauf zu lesen Bot­schaften wie Fuck you Mau­ricio“, Liar“ oder Faker“.

Sie wollten doch nur reden

In der Pause kam es dann zu kuriosen Szenen. Eigent­lich hätten die Fans von Kerk­rade nur mit Garcia de la Vega über die schlechte Ver­fas­sung des Klubs dis­ku­tieren wollen, berichtet die nie­der­län­di­sche Zei­tung NRC“. Doch der ehe­ma­lige Ban­kier aus Gua­d­a­la­jara über­legte es sich spontan anders und wollte nicht reden. Also mar­schierten die auf­ge­brachten Anhänger in seine VIP-Loge und drängten den Mann mit den sil­bernen, nach hinten gegelten Haaren aus der Arena. Die Ordner griffen kaum ein, sorgten nur dafür, dass die Situa­tion nicht voll­ends eska­lierte. Die Fans ges­ti­ku­lierten wild und traten durchaus kör­per­be­tont auf. Und Garcia de la Vega war sicht­lich ein­ge­schüch­tert.

Um die Gescheh­nisse zu ver­stehen, braucht es einen kurzen Rück­blick: Denn im Juni dieses Jahres war der Mexi­kaner noch als großer Hoff­nungs­träger in Kerk­rade emp­fangen worden. Roda JC spielte jah­re­lang in der Ere­di­visie, dem nie­der­län­di­schen Ober­haus, ehe der Verein 2014 abstieg und nach dem direkten Wie­der­auf­stieg seit 2018 in der zweiten Liga um seine Exis­tenz im Pro­fi­fuß­ball kämpft. Der ehe­ma­lige Klub­be­sitzer, Frits Schrouff, wollte im Sommer aus gesund­heit­li­chen Gründen aus­steigen. Glück­li­cher­weise ver­sprach Mau­ricio Garcia de la Vega, für das finan­zi­elle Wohl­ergehen des Ver­eins zu sorgen.

Vom Gehalt eines Spie­lers die ganze Mann­schaft bezahlt

Doch das ist nun vier Monate her und der Verein hat noch immer keinen Cent von ihm gesehen, son­dern statt­dessen ein Haus­halts­de­fizit von knapp einer Mil­lion Euro zu ver­bu­chen.

Beson­ders deut­lich wird die finan­zi­elle Schief­lage des Klubs in Person von Ike Ugbo. Der Stürmer ist eine Leih­gabe des FC Chelsea, traf bis­lang in sieben Spielen viermal. Die Lon­doner über­weisen monat­lich 43.000 Euro in die Nie­der­lande, um einen Groß­teil der 48.000 Euro Gehalts des Briten zu decken. Doch Roda JC nutzt das Geld offenbar, um andere Spieler zu bezahlen – nach dem Motto: Lieber Stress mit einem ein­zigen Top­ver­diener, als es sich mit der ganzen Mann­schaft zu ver­scherzen. Wie konnte es so weit kommen?

Garcia de la Vega ist kein Unbe­kannter im euro­päi­schen Fuß­ball. Und den besten Ruf hat er auch nicht. NRC“ fand heraus, dass er in Mexiko seine Lizenz als Spie­ler­ver­mittler ver­loren hat. In Spa­nien ver­suchte er den Dritt­li­gisten Real Murcia zu über­nehmen. Schon da zeigte er sich wenig spen­dier­freudig, sodass Haupt­ak­tionär Moro Martin im Nach­hinein resü­mierte: Dieser Mann rui­niert deinen Verein.“ Aus Murcia haben sie ihn ver­trieben, auch wenn der Mexi­kaner der­zeit ver­sucht, sich seine Anteile dort auf recht­li­chem Weg zu sichern.

Investor kann nichts inves­tieren

In Kerk­rade hatte es zunächst noch gut aus­ge­sehen. Garcia de la Vega hatte einen Deal mit der UAC Hol­ding“ an Land gezogen: Für eine Mil­lion Euro sollte das Sta­dion nach dem deut­schen Unter­nehmen aus der Kryp­to­wäh­rungs­branche umbe­nannt werden. Damit wäre der Klub vor­erst gerettet gewesen. Doch das Geld kam nie, statt­dessen erste große Zweifel am neuen Investor. Darauf ange­spro­chen, warum er denn keine so drin­gend benö­tigte Bank­ga­rantie von 910.000 Euro abgeben würde, die der Verein dem nie­der­län­di­schen Fuß­ball­ver­band KNVB vor­weisen muss, meinte Garcia de la Vega nur: Er sei Geschäfts­mann, kein Wohl­täter.

Der wahre Grund aber: Der Mexi­kaner hat das Geld nicht. So berichtet es jeden­falls NRC“. Der KNVB steckte dem Verein vor einigen Wochen, Garcia de la Vega hätte eine frag­wür­dige Zah­lungs­moral“. Von der UAC Hol­ding ist nichts mehr zu hören, statt­dessen orga­ni­sierte der Investor ledig­lich ein dubioses Dar­lehen von 150.000 Euro aus einer unbe­kannten deut­schen Quelle.

So spitze sich die Lage zu, am Montag ver­gan­gener Woche standen dem Verein nur 21.000 Euro zu Ver­fü­gung. Es kam zu den Eng­pässen bei den Gehäl­tern. Und dem Miss­brauch der Über­wei­sungen vom FC Chelsea.

Ex-Besitzer kri­ti­siert die Fans

Vor dem Spiel gegen de Graafschap trafen sich Ex-Besitzer Schrouff und sein Berater Huub Mull­en­ders mit Garcia de la Vega. Angeb­lich habe man sich auf einen Rückzug des Mexi­ka­ners geeignet, wollte aber am Wochen­ende weiter ver­han­deln.

Doch am Abend dann besagte Partie. Garcia de la Vega kam ins Sta­dion, obwohl sowohl die Polizei als auch die Bür­ger­meis­terin von Kerk­rade, Petra Dassen-Housen, ihm aus Gründen der Sicher­heit davon abge­raten hatten. Und die Fans hatten das lange Warten und die vielen Ver­spre­chen satt.

Schrouff und Mull­en­ders halten indes nichts vom Sta­dion-Raus­schmiss des Inves­tors: So sind wir zu einem Verein geworden, in dem ein Mann absicht­lich beschä­digt wird und dem tri­um­phie­rend die Tür gezeigt wird“, heißt es in einer Mail der beiden, die NRC“ vor­liegt.

Unbe­zahlter Spieler schießt das Tor

Roda JC steckt nun in einem Dilemma: Einer­seits will jeder Garcia de la Vega los­werden. Doch der ver­langt nun 250.000 Euro als Abfin­dung für seinen Rückzug. Viel Geld – aber ange­sichts seines bis­he­rigen Ver­halten könnte der Schaden bei einem Ver­bleib des Mexi­ka­ners noch um einiges größer aus­fallen. Und neue Inves­toren müssen erst einmal gefunden werden. Ein Club, dessen Markt­wert für Spon­soren und poten­zi­elle Inves­toren an einem Abend dezi­miert wurde“, wie Schrouff und Mull­en­ders in ihrer Mail schrieben.

Sport­lich zumin­dest sollte der Verein aller­dings noch attraktiv sein. Denn nach dem inof­fi­zi­ellen Sta­di­on­ver­weis des Inves­toren am Frei­tag­abend pas­sierte auf dem Spiel­feld noch etwas Erstaun­li­ches: Die Mann­schaft kämpfte den als Tabel­len­führer ange­reisten Gästen ein 1:1 ab. Rodas Tor­schütze in der zweiten Hälfte: Die unbe­zahlte Leih­gabe Ike Ugbo.