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In dieser und in den kom­menden Wochen erleben wir in der Cham­pions League die Begeg­nungen kno­chen­hart spie­lender deut­scher Teams mit zart auf­spie­lenden Gemü­tern aus Eng­land. Das jeden­falls könnte man meinen, wenn man sich die Zahl der Fouls anschaut, die pro Spiel gepfiffen werden. In der ver­gan­genen Saison waren es in der Bun­des­liga näm­lich 27,8 pro Spiel, in der Pre­mier League hin­gegen nur 20,7. Auch in Deutsch­lands zweiter Liga werden mehr Fouls gepfiffen (29,8) als in der eng­li­schen (24,2).

Nun braucht man nicht selber an einem win­digen Abend in Preston oder Mill­wall auf der Tri­büne gesessen haben, um zu ahnen, dass gerade Eng­lands zweite Liga eine kno­chen­harte Ange­le­gen­heit ist. Und das Spiel zwi­schen den Mus­kel­pa­keten von Tot­tenham Hot­spur und den dagegen fast leicht­ge­wichtig erschei­nenden Dort­munder Borussen war Beleg genug dafür, wie phy­sisch das eng­li­sche Spiel auch in der abso­luten Spitze ist.

Das Foul ziehen“ – eine grau­en­hafte For­mu­lie­rung

Neu ist diese Erkenntnis bei­leibe nicht, und immer schon hatte es auch damit zu tun, dass eng­li­sche Schieds­rich­tern die Zwei­kämpfe deut­lich groß­zü­giger inter­pre­tiert haben. Außerdem werden Spieler mit Fall­sucht vom Publikum auf der Insel tra­di­tio­nell so inbrünstig gehasst, dass es nur sehr selten jemand ver­sucht. Hier­zu­lande hin­gegen hat sich die grau­en­hafte For­mu­lie­rung ein­ge­bür­gert, dass ein Spieler das Foul zieht“. Das ist nicht nur sprach­li­cher Schrott, auch das Kon­zept dahinter ist depri­mie­rend. Es meint, dass ein Spieler ein Rem­peln, Tri­kot­zupfen oder aus­ge­stelltes Bein dazu nutzt, um sich fallen zu lassen, obwohl er wei­ter­spielen könnte. Im Wissen, dass der Schieds­richter pfeift.

Das hat nicht nur etwas Zyni­sches, son­dern lähmt auch den Spiel­fluss und damit die Energie des Spiels. Ein Grund, warum eng­li­scher Fuß­ball auch in unteren Klassen meist auf­re­gender ist, hat damit zu tun, dass ins­ge­samt gleich­zeitig härter und fairer gespielt wird. Das sorgt für mehr Tempo und Dynamik.

Es ist noch Luft nach oben

Nun ist das Aus­druck einer anderen Fuß­ball­kultur, und diese bei uns zu ver­än­dern, kann man sicher­lich nicht allein bei den Schieds­rich­tern abladen. Aber teil­weise eben doch, denn jeder klein­liche Pfiff zieht in der nächsten Situa­tion Dis­kus­sionen mit den Spie­lern nach sich, dass doch nun wieder so ent­schieden werden müsse. Dass es auch anders geht, zeigt der Ber­liner Schiri Manuel Gräfe, der auch des­halb bei Spie­lern und Fans so beliebt ist, weil er die Spiele laufen lässt, wo immer es geht. Seit 2010 hat er in jeder Saison die wenigsten Fouls gepfiffen.

In dieser Saison ist die Zahl der Fouls in der Bun­des­liga auf 23,9 zurück­ge­gangen, übri­gens in der zehnten Saison in Folge. Die an sich erfreu­liche Ent­wick­lung wird von den Schieds­rich­tern aller­dings eher dadurch erklärt, dass die Mann­schaften das Spiel von hinten lang­samer und risi­ko­loser auf­bauen. Das aller­dings würde bedeuten, dass sich zwar das Spiel ver­än­dert hat, aber bei der Hal­tung dazu noch Luft nach oben ist.