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Es war Fei­ertag in Eng­land. Men­schen nahmen sich extra einen Tag frei, Kinder schwänzten die Schule und die Fern­seh­an­stalten über­schlugen sich mit Berichten aus dem Nir­gendwo. Transfer Dead­line Day“, der letzte Tag der Trans­fer­pe­riode, ist ein echtes Hei­ligtum auf der Insel. Der Autor Adam Hurrey drückt es in der BBC so aus: Es ist eine Sei­fen­oper, ein säku­lares Weih­nachten, an dem man hek­tisch um Mit­ter­nacht aus­packt, was man bekommen hat – und gleich­zeitig nei­disch auf die anderen Kinder schaut.“

Es ist der Tag, an dem Sky Sports“ seine Reporter an die ent­le­gensten Winkel des Landes schickt. Meist stehen sie dort auf einem Park­platz, vor einem ver­schlos­senem Ein­gangstor oder eben an einer Kreu­zung, um in blu­migen Worten Spe­ku­la­tionen anderer Medien oder Gerüchte unter den Fans wie­der­zu­käuen. Sie mur­meln etwas wie It is said/​It is our understanding/​According to… “, um die Mono­tonie ihres Ein­satz­ortes mit geheu­chelter Span­nung zu über­tün­chen.

Nach­richten aus dem Nir­gendwo – live aus Burnley

Der Guar­dian“ beschrieb den Job der Reporter in seinem Sport-Blog sehr amü­siert: Sie lun­gern herum. Sie schwatzen. Sie glotzen. Und manchmal krie­chen sie. Und sie ver­wi­ckeln unschul­dige Pas­santen in gestelztes, unan­ge­nehmes Geplauder. Wenn die Tore und Fenster, die sie bela­gern, zu Schulen gehören würden, dann wären sie schon längst im Gefängnis oder zumin­dest hätte sie jemand zum Gehen auf­ge­for­dert.“

Aller­dings geht es dabei gar nicht um echte Neu­ig­keiten, wichtig scheint den Eng­län­dern nur zu sein, dass sich über­haupt jemand von irgendwo meldet – und sei es aus Burnley. So sendet Sky“ nicht nur in Dau­er­schleife im TV, son­dern auch in einer eigens initi­ierten Radio­show zum Ende der Trans­fer­pe­riode. Wie in einer Schluss­kon­fe­renz schalten die Mode­ra­toren abwech­selnd zum rasenden Reporter am St. James Park oder Old Traf­ford, der schnell wei­ter­gibt zum Arsenal-Reporter, der wie­derum Erstaun­li­ches zu berichten hat: Last year Arsenal stole the thunder with the sig­ning of Mesut Özil, this year there might be no repeat.“ Even no news are good news.

Bei wirk­lich bahn­bre­chenden Trans­fer­mel­dungen bleiben die Reporter aller­dings nicht lange alleine. Clive Martin ver­brachte für das Vice“-Magazin den Transfer Dead­line Day“ 2013 vor dem Sta­dion von Arsenal, wo eine große Fan­schar auf die Ver­kün­dung des Trans­fers von Mesut Özil war­tete. In seiner lesens­werten Repor­tage beschreibt Martin, wie der Sky-Reporter Geraint Hughes sich hilf- und ahnungslos einer auf Vollzug war­tenden Menge kon­fron­tiert sah. Als sich kurz­zeitig abzeich­nete, dass der Wechsel schei­tern könnte, wurde das TV-Team sogar mit Dosen beworfen. Martin schreibt: Es ist lustig, man sieht sich diese Berichte im Fern­sehen an und hält es für einen abge­klärten Job. Aber diese Leute waren genauso ver­loren wie alle anderen. Das waren nur ein paar fette Typen, die nicht wollten, dass ihre Kameras zer­stört werden.“

Die Sorgen sind berech­tigt. Nicht selten nutzen eng­li­sche Fans die Mög­lich­keit, im Rücken des Sky-Repor­ters ihre 15 Minuten Ruhm“ aus­zu­kosten. Eine Horde Schul­kinder machte dem Reporter in Wigan einst das Leben schwer, zwei Fans stellten mal vor dem Ein­gangstor von Nor­wich City eine koitale Zusam­men­kunft nach, andere in Sout­hampton eine zünf­tige Kei­lerei. Wobei auch bei diesem Hin­ter­grund­flim­mern regio­nale Cha­rak­te­ris­tika offen zu Tage treten. So bemerkte der Guar­dian“, dass in New­castle wilde Halb­wüch­sige den Sky-Reporter umla­gerten und mit obs­zönen Hand­gesten in die Kamera winkten, wäh­rend in Sun­der­land Stu­denten mit Sei­ten­scheitel und Händen in den Taschen in respekt­vollem Abstand andächtig den Aus­füh­rungen lauschten.