Kurz vor Weihnachten der letzten Saison war David Abraham Fußballdeutschlands Buhmann. Dabei ist Frankfurts Kapitän viel mehr als der plumpe Treter, für den ihn alle halten.
Die Hälfte seiner Abwehrpartner aus der letzten Saison haben den Klub verlassen. Und auch durch das dauerhafte Verletzungspech, das ihm im Fall von Alex Meier die Kapitänsbinde einbrachte, muss er im Frankfurter Stadtwald in immer neuen Konstellationen ran. Doch Abraham macht unbeirrt weiter: Diese Saison stehen für ihn bislang 630 Minuten aus sieben Spiele zu Buche.
Klar, mit seiner Körperlichkeit reiht er sich ein in die harte Frankfurter Abwehrschule der jüngeren Vergangenheit, mit Vorgängern wie den berüchtigten Carlos Zambrano und Maik Franz. Mit ihr gewinnt er allerdings auch fast 70 Prozent seiner Zweikämpfe. Und Abraham ist auch enorm wichtig für die Spieleröffnung, gerade wenn Makoto Hasebe mal wieder verletzt ausfällt. Setzt die Eintracht wie so häufig auf lange Bälle, wird der Abwehrchef plötzlich zum Spielmacher – mit einer mehr als soliden Passquote von 83 Prozent.
Mittlerweile 31 Jahre alt, bringt er auch viel Erfahrung ins Team, die er während einer intensiven Karriere gesammelt hat: Geboren im argentinischen Chabas wird er mit 17 bei Independiente, der dritten Kraft in Argentinies Fußball, zum Profi. 2005 gewinnt er an der Seite von Messi und Agüero die U‑20-Weltmeisterschaft. Drei Jahre später folgt der Wechsel nach Europa, der FC Basel macht fast drei Millionen für die Abwehrkante locker.
Von Engeln und Teufeln
Am Hochrhein wird er drei Mal Meister und holt zwei Mal den Schweizer Pokal. Im Sommer 2012 wechselt Abraham trotzdem zum FC Getafe nach Spanien, wo er nicht glücklich wird. Schon in der Winterpause geht es weiter – nach Deutschland. Zur TSG Hoffenheim. Jenem Verein also, bei dessen Gastspiel in Frankfurt er sich endgültig seinen Ruf ruiniert.
Abraham sagt heute über das Foul: „Ich hatte mich nicht so unter Kontrolle, wie ich es eigentlich möchte. Es soll mir in Zukunft nicht mehr passieren.“ Und: „Ich habe mich da selbst kritisch gesehen, das war unverantwortlich.“ Diese Selbstreflektion ist die vielleicht größte Stärke von Frankfurts Kapitän. Abraham ist nicht der plumpe Schlägertyp, als der er verteufelt wurde. Er kommt zwar über die Körperlichkeit, aber brilliert mit Übersicht, Stellungsspiel und Spielintelligenz. Er ist kein Lautsprecher, aber kann dirigieren und Zeichen setzen.
Seit 2015 im Verein gehört Abraham im wechselhaften Kader der Eintracht schon fast zu den Alteingesessenen. Sein Vertrag läuft noch bis 2019, wenn es nach ihm ginge, würde er sofort verlängern. Die Fans in Mainhattan würde es freuen. Muss nur noch die Eintracht mitmachen. Damit es dahingehend keine Probleme gibt, sollte Abraham in Zukunft weniger zuschlagen, auch am Wochenende gegen den aktuell starken Martin Harnik und Hannover 96. Er sollte sich stattdessen auf seinen zweiten Vornamen besinnen. Denn der heißt übersetzt „Engel“.