Dreimal scheiterte der SV Waldhof Mannheim in der Relegation, jetzt spielt er 3. Liga – trotz vieler Widerstände.
Immer Glück ist Können, hat Hermann Gerland einmal gesagt. Aber was bedeutet es dann, dreimal in Folge im letzten Moment den Aufstieg zu verspielen? Als Markus Scholz, Torwart des SV Waldhof Mannheim, an diesem Aprilsamstag den Schlusspfiff hört, kann er darüber nicht nachdenken. In diesem Augenblick geben seine Knie nach. Und Scholz, der Hüne mit dem Kurzhaarschnitt, beginnt zu weinen.
Seit vier Jahren ist Scholz ein Mannheimer. Vorher hat er für den VfL Bochum II gespielt, wurde Fußballprofi, stand mit Dynamo Dresden in der zweiten Bundesliga. Doch seit Scholz bei Waldhof ist, schreibt er eine Geschichte des Scheiterns. In jedem Jahr erreichten er und seine Mitspieler die Aufstiegsrelegation zur Dritten Liga. In jedem verdammten Jahr scheiterten sie. 2016 gegen SF Lotte. 2017 im Elfmeterschießen gegen den SV Meppen. Und 2018 verloren sie auch noch gegen den KFC Uerdingen.
„Wir sind jetzt Meister“
Doch diesmal, im vierten und letzten Anlauf, hat es Waldhof Mannheim geschafft: Aufstieg in die Dritte Liga. Wie ist es möglich, dass ein Verein sich nach drei harten Rückschlägen wieder aufrafft? Und wie haben die Fans diese Achterbahn der Emotionen weggesteckt?
Als Scholz noch auf dem Rasen des Mannheimer Carl-Benz-Stadions sitzt, stürmen Anhänger den Platz. Wobei Platzsturm eine reißerische Beschreibung ist für Tausende, die eher zögerlich, ja beinahe ungläubig die Werbebanden beiseiteschieben und aufs Feld spazieren. Soeben hat Waldhof Mannheim 1:0 gegen Wormatia Worms gewonnen. Im ersten Jahr, nachdem der DFB die Relegationsspiele in der Regionalliga Südwest abgeschafft hat, ist Mannheim fünf Spieltage vor Schluss Meister geworden. Ein Schlagerhit dieser Tage wird: „Wir sind jetzt Meister. Ob ihr wollt …“, eine kurze Kunstpause folgt, „… oder nicht!“ Und dann stimmen alle ein: „Scheiß DFB!“
Grausige Erinnerungen
Die Beziehung zwischen Waldhof und dem Verband ist aufgeladen. Da wäre zum einen die Relegation. Nicht, dass sich die Spieler mit Verbandspolitik beschäftigen würden, aber die Erinnerungen bleiben. Drei Tage nach dem Aufstieg sitzt Markus Scholz in der Geschäftsstelle zusammen mit seinem besten Freund, dem Innenverteidiger Marcel Seegert, umringt von Kartons, in denen blaue Shirts bedruckt mit dem Waldhof-Wappen und dem Wort „Aufsteiger“ lagern. Gleich nebenan ist der Fanshop untergebracht. Bei Seegert, 25 Jahre und Führungsspieler, geistern die Erinnerungen an das erste Jahr gegen Lotte durch den Kopf. Sie waren besser, aber Lotte schoss zwei Tore binnen weniger Minuten. „Danach bist du tot“, sagt Seegert. Im Anschluss fuhr er mit Freunden nach Barcelona. „Auf ’ne Sauftour, alles vergessen.“ Das Schlimmste aber, sagen beide, sei Meppen gewesen. Da ist Mannheim das bessere Team. Im Hinspiel spielen sie sogar eine Halbzeit in Überzahl. „Aber wir machen das Scheißtor nicht“, schüttelt sich Scholz. Am Ende entscheidet es sich im Elfmeterschießen.