Nach dem Länderspiel ist vor dem ARD-Club. Allerdings nicht mehr mit Waldemar Hartmann. Die Sendung heißt nun „Sportschau-Club“, ist schlichter gehalten und mit Gästen aus der Fußballszene besetzt. Eine Richtung fehlt ihr allerdings noch. Es sei denn, die nächsten Jahre wird fortlaufend über das Italien-Spiel diskutiert.
Bis vor kurzem ging es nach einem Länderspiel in der ARD gewollt spaßig weiter. Waldemar Hartmann lud ein zum Nachklapp der guten Laune. Hansi Müller, der Europameister von 1980, war Stammgast, und sogar Jürgen von der Lippe oder Campino gaben sich hin und wieder die Ehre. Doch das war einmal. „Waldis Club“ ist weg. Das heißt: So halb. Die Nachfolgesendung heißt auch Club – „Sportschau-Club“. Ohne Waldi. Mit Opdenhövel. Ohne Showbiz-Menschen. Mit Fußball-Gästen. Gestern feierte die Sendung Premiere.
Das Konzept ist ein anderes. Das Studio ist zum Beispiel im schlichten Talkshow-Schick gehalten. Es gibt es eine weiße Couch statt Holzbank, dafür kein Publikum. Und statt Weißbier in rauen Mengen bekommen die Gäste nicht mal ein Glas Wasser. Moderator Matthias Opdenhövel traut man mehr Seriosität zu. Gut gelaunt sollen die Gäste weiterhin sein, sonst wäre wohl kaum Österreichs Spaßkanone Franz Wohlfahrt bei der Premiere dabei gewesen. Der Unterschied zu früher: Wohlfahrt hatte als ÖFB-Torwarttrainer tatsächlich was zu tun mit dem gerade beendeten Spiel. Wie Oliver Bierhoff. Oder indirekt Ralf Rangnick, Sportdirektor von RB Salzburg. Eine Expertenrunde, die den 2:1‑Zittersieg der DFB-Elf auseinandernehmen wird. So der erste Eindruck.
„Das hier war zum Auflockern“, sagt er. „Jetzt Tacheles!“
Doch erst einmal ist vieles wie immer – hartmannesk. Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass man den alten VfB-Keeper Wohlfahrt als Gast begrüßt, der vor Jahren unter Joachim Löw mit Stuttgart den DFB-Pokal gewann. Das Tagesgeschehen ist deswegen zunächst irrelevant. Opdenhövel macht die Zuschauer heiß. „Da haben wir gleich noch sensationelle Bilder“, jubelt er. Sie zeigen die feiernden Franz Wohlfahrt und Jogi Löw. Abgehakt. Auch mit Bierhoff geht es zunächst nicht um Österreich gegen Deutschland, sondern um Austria Salzburg, Saison 1990/91 – die erste sportliche Auslandsstation des späteren Golden-Goal-Helden. Bevor Bierhoff loslegt, besinnt sich Opdenhövel. „Das hier war zum Auflockern“, sagt er. „Jetzt Tacheles!“
Tacheles geht bei Opdenhövel so: „Wir wollen hier nicht die Analyse der Analysen betreiben.“ Was aber sonst? Den deutschen Zittersieg schönreden? Nein, es kommt ein anderes Thema auf den Tisch: Die EM 2012. Der Evergreen, das heiße Eisen, über das man nie genug diskutieren kann. Gerade mit einem Franz Wohlfahrt, der genug Zeit hatte, alle Spiele zu verfolgen. Oder mit Ralf Rangnick. Der frühere Bundesliga-Trainer könnte durch seine Erfahrungen in Österreich erläutern, warum das ÖFB-Team den Löw-Jungs so große Probleme bereitet hat. Doch das wäre ein zu aktueller Ansatz. It’s EM-Time! Mit dem allzeit beliebten Diskussionspunkt: Das Italien-Spiel! Da kommt Freude auf. Endlich mal wieder über ein Spiel parlieren, das über zwei Monate zurückliegt. Sich mit der Frage herumschlagen, warum es in Gottes Namen nicht zum Finaleinzug gereicht hat.
Es entwickelt sich eine Diskussionsrunde, die mit der Zeit keine Runde mehr ist, sondern ein Tandem zwischen Bierhoff und Opdenhövel. „Typfrage“, „Einstellung“, „flache Hierarchien“, „Führungsspieler“ – der Moderator lässt keinen der üblichen Tagesordnungspunkte aus. Begriffe, die unbedingt mal wieder auf den Tisch mussten. Dabei nennt er sie selbst „Unworte des Jahres“.
Bleibt Bierhoff Stammgast?
Doch Oliver Bierhoff hat keine Lust mehr, über das Italien-Spiel zu sprechen. Das war schon nach dem Argentinien-Spiel so, als er Oliver Kahns Kritik nach der fehlenden Enttäuschung mit dem zweifelhaften Verweis konterte, der Titan saß nach der WM 2002 auch nur ruhig am Boden und sei nicht emotional geworden. Gestern plötzlich die nächste Kahn-Spitze, herausgefordert durch die Begriffe „Typen“, „Italien“, „Hierarchien“, „EM“, „Titel“ und so weiter und sofort. „Diese Namen, die immer genannt werden, wie zum Beispiel Oliver Kahn“, sagte Bierhoff. „Der stand 2000 und 2004 auch im Tor und wir sind bei der EM ausgeschieden. Da hat man auch nicht nach Führungsspielern gerufen.“ Oli K. und Oli B. sind also immer noch nicht die besten Freunde. Mehr bleibt als Erkenntnis nicht haften.
Den Kreis, in dem sich Bierhoff und Opdenhövel drehen, durchbrechen sie nicht. Da helfen auch die wenigen Wortmeldungen von Rangnick („Der Führungstreffer zu diesem Zeitpunkt ist ein Zeichen von Qualität“) und Wohlfahrt („Ich bin überzeugt, dass wir den zweiten Platz erreichen können“) nicht. „Es wird Zeit, dass wir diese Fragen um das Italien-Spiel mal ausdiskutieren“, legt sich Opdenhövel zwischendrin fest. Es bleibt abzuwarten, ob diese Fragen bis zur WM 2014 weiterhin ausdiskutiert werden müssen. Und ob Oliver Bierhoff als Stammgast dabei bleibt.