Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte zieht Manchester City ins Finale der Champions League ein – in der Saison, in der die UEFA den Verein eigentlich für den Wettbewerb gesperrt hatte. Was von der Strafe bleibt: ein müdes Lächeln.
Nach zahlreichen Anläufen hat es Manchester City endlich geschafft: Die Mannschaft von Pep Guardiolasteht im Champions-League-Finale. Beim 2:1 in Paris und dem 2:0 in Manchester am Dienstagabend zeigten die Citizens mit ihrem disziplinierten Spiel PSG die Grenzen auf. Durch die beiden Siege steht City erstmals in seiner Geschichte im Finale der Champions League. Aber Moment mal – Manchester City? Champions League? War da nicht etwas?
Genau – im Februar vergangenen Jahres verkündete die UEFA das Urteil: Manchester City werde für zwei Jahre von der Champions League ausgeschlossen und müsse zusätzlich dreißig Millionen Euro Strafe zahlen. Der Grund dafür waren Verstöße gegen das Financial Fairplay, aufgedeckt in den Football-Leaks vom Spiegel. Von 2012 bis 2016 soll der britische Verein der UEFA falsche Informationen übermittelt haben, bei denen Zahlungen des Besitzers Scheich Mansour bin Zayed al-Nahjan als Sponsoreneinnahmen angegeben wurden. Der Fall kam vor die Finanzkontrollkammer der UEFA und die Fußballwelt war positiv überrascht über das Zeichen, das der Verband mit dem Urteil setzte. Es schien, als könnten die großen Klubs und ihre noch größeren Eigentümer eben doch nicht tun und lassen, was sie wollen. Im Sommer gab es dann allerdings den Rückschlag: City war in Berufung gegangen, vor den Sportgerichtshof Cas gezogen, und hatte dort gewonnen. Und steht jetzt also im Champions-League-Finale, in einer Saison, in der der Verein gemäß UEFA-Entscheid gar nicht hätte teilnehmen dürfen.
Aus rein fußballerischer Sicht ist die Finalteilnahme absolut verdient, denn Manchester City spielt eine unfassbar gute Saison und gerade in der Premier League begeisternden Fußball, lieferte auch in beiden Partien gegen Paris Saint-Germain starke Leistungen ab. Es macht Spaß, ihnen zuzusehen. Zumindest, bis man sich erinnert, dass das eigentlich gar nicht sein dürfte: City in der Champions League. Zumal auch das Cas-Urteil, die Sperre der UEFA einzukassieren und die Strafzahlung auf zehn Millionen Euro zu senken, Fragen aufwirft. So hatte City zwei der drei Richter selbst vorgeschlagen. Zudem legte der Verein nicht alle Dokumente offen. Die UEFA selbst erhob weder dagegen, noch gegen neue Zeugen Widerspruch. Letztendlich bezog sich der Cas in seiner Begründung nicht auf Verstöße und Dokumente von 2016, sondern auf frühere, die unter die Verjährungsfrist von fünf Jahren fielen.
Mit Verstößen gegen das Financial Fairplay sind die Citizens nicht allein, keine Frage. Schon ein Blick auf den Halbfinalgegner Paris Saint-Germain reicht: Auch PSG machte falsche Angaben zu den Sponsorenverträgen, um die Bilanz positiver aussehen zu lassen als sie es tatsächlich war. So umging PSG die Regel des Financial FairPlay, nur so viel Geld ausgeben zu dürfen, wie der Verein auch einnimmt. Aber City ist der einzige Klub, der bisher dafür in großem Ausmaß bestraft wurde. Beziehungsweise werden sollte. Nun könnte Manchester City stattdessen Ende Mai die Champions League gewinnen, die Meisterschaft ist nur noch Formsache, und ganz nebenbei mischte der Klub ja auch noch bei der Einführung der Super League kräftig mit. Der Verlauf dieser Geschichte könnte fast lustig sein, wäre er nicht so traurig.
Mittlerweile ist es fast abgedroschen und scheint naiv, sich immer wieder über Vereine wie eben Manchester City oder Paris Saint-Germain aufzuregen. Über „die Bösen da oben“ zu schimpfen und darüber, dass es ja sowieso nur um Geld und Macht geht. So läuft es nun mal. Und wenn ein Verein die Regeln des Financial FairPlay, das bislang ohnehin wenig zu Fairness beigetragen hat, so offensichtlich umgeht und trotzdem weiter machen kann wie bisher, was bleibt einem da noch außer einem müden Lächeln? Ein achselzuckendes „Was willst du auch machen?“ Wir haben uns eben daran gewöhnt. Das schrieben wir übrigens vor über einem Jahr, als die UEFA die Sperre verkündet hatte. Weil wir nicht damit gerechnet hatten, dass es solch ein Durchgreifen überhaupt noch einmal geben würde. Vielleicht hätten wir damals gut daran getan, uns weiterhin auf unsere Gewohnheiten zu verlassen. Dem Braten nicht zu trauen und damit zu rechnen, dass die Sperre keinen Bestand haben würde.
Ähnlich war es in diesem Jahr mit den Plänen der Super League. Die Fanproteste und die Reaktion der involvierten Vereine darauf schienen ebenfalls ein gutes Zeichen zu sein. Kurz keimte die Hoffnung auf, dass Veränderungen vielleicht doch möglich sein könnten. Mit Manchester Citys Erreichen des Champions-League-Finals ausgerechnet in dem Jahr, in dem sie eigentlich hätten gesperrt sein sollen, erhält die leichte Hoffnung auf Veränderung jedoch einen herben Dämpfer. Es ruft ins Gedächtnis: Die Super League mag (vorerst) Geschichte sein. Die Reform der Champions League mit noch mehr Spielen, noch mehr Geld und quasi einer Teilnahmegarantie für die Topteams ist trotzdem durchgesetzt.
Pep Guardiola sagte auf der Pressekonferenz nach der Partie gegen PSG übrigens: „Dieser Erfolg war auch darin begründet, was wir in den letzten vier Jahren gemacht haben.“ Damit hat er recht – und zwar nicht nur aufs Sportliche bezogen.