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Elende Eng­länder. Stehen dort inmitten des Glücks, eine jäm­mer­liche Horde von fünf, und rülpsen in die Welt hinaus, wie ordinär sie sind: Yaya, Ya-Ya, Yaya, Yaya, Ya-Ya, Ya-Ya, Yaya Touré.“ Mitten im Stadio Renato Dall’Ara, diesem bezau­bernden Mini-Kol­lo­seum von Bologna. Auf dessen Rasen sich der FC Bologna und Sampdoria Genua gegen­über­stehen.

Man möchte ihnen die Schie­ber­mützen vom rot­krau­sigen Kopf schlagen, ihnen die Har­rington-Jacken über die Ohren ziehen und sie schleu­nigst in den nächsten Bil­lig­flieger Rich­tung Heimat ver­frachten. Denn diese elenden Eng­länder, sie ver­stehen nichts. Sie ver­stehen nicht, dass sie hier gerade Zeuge eines Wun­ders werden. Sie ver­stehen nicht, dass sie hier dem Fuß­ball in seiner schönsten, seiner reinsten Form gegen­über­stehen.

Bologna: Fuß­ball pur

Und so singen diese elenden Eng­länder inmitten eines Spiels der Serie A einen eng­li­schen Fan-Gesang, der mit dem Geschehen auf dem Rasen so viel zu tun hat wie der Brexit mit dem Trans­rapid. Kolo, Kolo-Kolo, Kolo-Kolo, Kolo-Kolo, Kolo-Kolo, Kolo Touré.“ Und sie tanzen auf und ab. Und wie sie sich an ihrem Treiben erfreuen. Und sie ver­stehen nicht, dass sie gefunden haben, wonach sie, die Fuß­ball­tou­risten, gesucht haben. Und sie ver­stehen nicht, dass sie rui­nieren, wonach sie gesucht haben: Fuß­ball pur.

Denn zumin­dest in Bologna, zumin­dest an diesem 25. November 2017, ist der Fuß­ball nichts weiter als das: Fuß­ball pur. Keine Dau­er­be­wer­bung, kein Schnick­schnack. Ein­fach nur 22 Mann und das schönste Spiel der Welt. Einzig wenn beim 3:0‑Sieg für die Gast­geber eines der Tore fällt, ändert er sich, der Aggre­gat­zu­stand dieser Schick­sals­ge­mein­schaft Sta­dion.

Immer und immer wieder rufen sie dann den Namen des Schützen. Fünf Mal, sechs Mal, sieben Mal. Immer lauter, immer drän­gender. Je flüch­tiger die Liebe, desto lauter ihre Beteue­rung, so scheint es. Kredit für Zeiten, in denen nichts gelingen wird. Der heu­tige Lieb­ling der Massen ist eben immer auch das poten­ti­elle Feind­bild von Morgen.

Ansonsten aber bleibt das Sta­dion gelassen. Ein­zelne, gelun­gene Szenen werden mit grande“ oder bravo“ quit­tiert. Die Fan­kurven beider Anhän­ger­schaften singen hin und wieder Lieder, deren Melo­dien man auch in Bun­des­liga-Sta­dien zu Gehör bekommt. Der Ein­heits­brei als Kol­la­teral-Schaden des Glücks. Immerhin ver­breiten die Ultras ent­gegen deut­scher Gewohn­heiten kein Gefühl emo­tio­naler oder fuß­bal­le­ri­scher Deu­tungs­ho­heit.

Dass das Sta­dion nicht aus­ver­kauft ist, dass es nur einen ein­zigen Ver­pfle­gungs­stand für eine ganze Kurve gibt (mit Kaffee aus der Sieb­trä­ger­ma­schine) und dass der Ticket­kauf wegen der vor­ge­schrie­benen, umständ­li­chen Per­so­na­li­sie­rung und dem Umstand, dass über­haupt nur ein Schalter geöffnet ist, länger dauert als der Besuch eines deut­schen Bür­ger­amtes an einem schlechten Tag – ganz egal.

Wenn das die Krise des ita­lie­ni­schen Fuß­balls ist, dann her damit

Einige Leute halten Fuss­ball für eine Frage von Leben und Tod. Ich bin von dieser Ein­stel­lung sehr ent­täuscht. Ich ver­si­chere Ihnen, dass es viel viel wich­tiger als das ist“, sagte Bill Shankly einst. Die elenden Eng­länder würden ver­mut­lich zustimmen. Weil das in ihrem Folk­lore-Hand­buch, das sie sich auf ihre dummen, stö­renden Syn­apsen täto­wiert haben, so geschrieben steht.

Die Men­schen aus Bologna würden wohl ant­worten: Gut gespro­chen, mein Freund. Aber lass uns in Ruhe das Spiel zu Ende schauen. Danach gehen wir in eine Salu­meria, holen uns Brot und Käse und setzen uns in einer Bar auf ein paar Gläser Wein zusammen.

Und säße der deut­sche Fuß­ball dann mit am Tisch, und würde gefragt, er würde, sofern er nüch­tern im Geist und trunken vor Glück wäre und also bei Ver­stand, ant­worten: Wenn das die Krise des ita­lie­ni­schen Fuß­balls ist, dann her damit.

Von den elenden Eng­län­dern mal abge­sehen.