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Es gibt einen tollen Text über David Silva, geschrieben hat ihn der bri­ti­sche Autor und Man­chester-City-Fan Simon Hat­ten­stone, erschienen ist er im Sommer im Guar­dian. Darin zeichnet Hat­ten­stone im Detail die Kar­riere von Silva nach und erklärt, warum der geniale Spa­nier viel zu oft über­sehen wurde, wenn es darum ging, die besten Spieler der Welt zu küren. Zudem beschreibt er mit warmen Worten, warum man den Spiel­ma­cher als Fuß­ball-Fan nicht nicht lieben kann – und bringt in zwei Sätzen auf den Punkt, was das Spiel des Tech­ni­kers aus­macht. Nor­ma­ler­weise können wir als Zuschauer im Sta­dion mög­liche Pässe vor den Spie­lern erkennen“, schreibt Haf­fen­stone. Aber Silva sieht die Pässe immer vor uns.“ Was vor allem bedeutet: David Silva ist einer der wenigen Spieler im genormten Fuß­ball­be­trieb, der die Men­schen noch über­rascht. Mit Pässen in Räume, die bis eben doch eigent­lich gar nicht da waren. Mit blitz­schnellen Dre­hungen. Mit tech­ni­schen Unmög­lich­keiten wie seinem legen­dären Volley-Voll­spann-Dia­go­nal­ball auf Edin Dzeko beim 6:1 gegen Man­chester United, einem Pass, der eine Son­der­aus­stel­lung im New Yorker MoMA ver­dient hätte.

Denn der Fuß­ball im Jahr 2020 mag so rasant und dyna­misch und tak­tisch anspruchs­voll sein wie noch nie, oft ist er ein­fach nur fad. Grei­fende Auto­ma­tismen und ein­stu­dierte Abläufe mögen für Trainer von unschätz­barem Wert sein (vor allem für ihre Rede­bei­träge auf Pres­se­kon­fe­renzen), aber sie sorgen eben auch dafür, dass Situa­tionen vor­her­sehbar werden. Dass sich Mann­schaften neu­tra­li­sieren. Dass das Spiel, das die meisten Fans vor allem dann von den Sitzen reißt, wenn es wild wird, domes­ti­ziert und sediert daher­kommt. Bis einer wie David Silva einen Steil­pass aus dem Fuß­ge­lenk zau­bert. Nicht umsonst nennen sie ihn El Mago, den Zau­berer“, nicht umsonst taufte sein ehe­ma­liger Mit­spieler Joleon Les­cott ihn Merlin, weil er für ihn, und nicht nur für ihn, gar der beste unter allen Zau­berer ist. 

Dieser Junge wird uns mal ein neues Haus kaufen!“

Was David Silva einem Fuß­ball­spiel gibt, lässt sich nur schwer mit Zahlen und Sta­tis­tiken greifen. Obwohl seine Sta­tis­tiken kei­nes­wegs schlecht sind, im Gegen­teil. In 436 Spielen für Man­chester City hat er 77 Tore geschossen und 141 vor­be­reitet, kein Spieler hat im ver­gan­genen Jahr­zehnt in der Pre­mier League so viele Assists gegeben wie der kleine Spa­nier. Für die spa­ni­sche Natio­nal­mann­schaft sind es gar 35 Tore und 32 Vor­lagen in 125 Par­tien. Macht zusammen 285 Scor­er­punkte. Zwei­hun­dert­fünf­und­achtzig. Dazu die Titel. Welt­meister, zweimal Euro­pa­meister, viermal Eng­li­scher Meister, zweimal FA-Cup-Sieger, fünfmal eng­li­scher Liga­po­kal­sieger, zweimal eng­li­scher Super­po­kal­sieger, U19-Euro­pa­meister. Eine beein­dru­ckende Bilanz. Ande­rer­seits hat er eben nie das eine sta­tis­tisch her­aus­ra­gende Jahr gespielt, nur in einer Pre­mier-League-Saison traf er zwei­stellig. David Silva war nicht kurz her­aus­ra­gend, son­dern ein­fach nur kon­stant wahn­witzig gut. Egal, ob er auf dem Flügel stürmte wie zu Beginn seiner Kar­riere oder aus dem Zen­trum heraus das Spiel domi­nierte wie in den ver­gan­genen Jahren. Es dürfte schwer sein, eine Partie zu finden, in der er wirk­lich mies gespielt hat. Denn selbst wenn er keine Tore erzielt oder sie vor­be­reitet, dann leitet er sie ein. Oder kre­iert zumin­dest Chancen. Oder löst kniff­lige Situa­tionen mit einem lis­tigen Pass. Oder oder oder.

Es gibt eine Szene in einer von Man­chester City in Auf­trag gege­benen Doku­men­ta­tion, in der Silva als kleiner Junge zu sehen ist. Viel­leicht ist er neun Jahre alt, viel­leicht auch schon elf, er trägt ein Trikot der spa­ni­schen Natio­nal­mann­schaft, gefilmt wird er von seinem Vater. Aus dem Off sagt der irgend­wann: Dieser Junge wird uns mal ein neues Haus kaufen!“ Der kleine David lächelt. Schon damals ist anschei­nend klar: Dieser Junge hat ein beson­deres Talent. Eltern von Kin­dern, gegen die Silva damals spielt, beschweren sich nach den Spielen dar­über, wie unfair es sei, dass ihre Zög­linge gegen diesen wuse­ligen Zwerg antreten müssen. Seine Mutter, eine Frau mit japa­ni­schen Wur­zeln, erzählt in der Doku­men­ta­tion, sie habe ihrem Sohn einst ein Spiel­zeug­auto geschenkt. Das dieser aller­dings nicht mal eines Bli­ckes gewür­digt hätte. Statt­dessen habe er lieber weiter mit Orangen und Kar­tof­feln Fuß­ball gespielt. 

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Der kleine David ist so vom Spiel besessen, dass er schon mit 14 Jahren seine Heimat Gran Canaria ver­lässt und (zunächst) alleine nach Fest­land-Spa­nien, nach Valencia zieht. In der Jugend­ab­tei­lung vom FC Valencia wird er U‑Nationalspieler, nach zwei Leihen zu Eibar und Celta Vigo setzt er sich 2006 als 20-Jäh­riger auch bei den Profis von Valencia durch. Mit David Villa, Juan Mata und Joa­quin stürmt er durch Spa­nien und Europa, nach her­aus­ra­genden Auf­tritten in der Europa League (Per Mer­te­sa­cker und Naldo dürften sich mit Schre­cken daran erin­nern) und dem Welt­meis­ter­titel 2010 wech­selt er schließ­lich nach Eng­land. Wo er zunächst, wie schon von Real Madrid in der Jugend, für zu leicht befunden wird. Für zu schmächtig. Nur um sich schluss­end­lich doch durch­zu­setzen. Weil seine Dre­hungen auch eng­li­sche Ver­tei­diger über­for­dern. Weil seine Pässe auch Vie­rer­ketten auf der Insel über­rum­peln. Weil er zu gut ist, um zu schei­tern. Zehn Jahre später zählt er zu den größten Ver­eins­le­genden des eng­li­schen Tra­di­ti­ons­ver­eins.

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