Jorge „El Inmortal“ Campos wird 55. Kein wirklich runder Geburtstag – aber was jucken den Unsterblichen schon irgendwelche Zahlen. Wir huldigen Campos mit ein wenig 90er-Romantik. Leute, es wird bunt.
Wer letztendlich wem als Vorbild diente, ist nicht übermittelt. Ob der Amazonenpapagei Jorge Campos oder andersherum. Jedenfalls präsentierte „El Inmortal“ der Fußballwelt in den neunziger Jahren ein prächtiges Federkleid. Jürgen Klinsmann, der alten Singdrossel, blieb nichts anderes übrig, als sich neidisch abzuwenden.
Auch seine geringe Körpergröße machte Campos zu einem besonderen Torhüter: 168 Zentimeter wurden Zeit seines Wirkens gehandelt. Machte aber nichts…
…denn mit ausgestrecktem Arm knackte Campos die zwei Meter locker.
Außerdem: Wer achtet schon auf die Körpergröße, wenn stattdessen auch Schmuckstücke wie dieses zu bewundern sind. Campos entwarf manche seiner Trikots übrigens selbst.
Erwischte er allerdings mal ein etwas unauffälligeres Exemplar, schien die Körpergröße plötzlich wieder von Belang zu sein. Beim Mannschaftsfoto wurde dann eben der Ball zweckentfremdet.
Im Spiel konnte sich Campos dagegen auf seine Sprungkraft verlassen. Der Keeper aus Acapulco galt als enorm athletisch. Da staunte auch Italiens Paolo Maldini – selbst eher vom Typ Kleiderschrank – im Vorrundenspiel bei der WM 1994.
Ein Foto wie ein Gedicht: Nicht nur in der mexikanischen Heimat wurde Campos schnell zur Ikone.
Für dieses Trikot, so munkelt man, studierte Campos über Monate englische Straßenschilder. Die pinken Highlights im Schulterbereich? Ehrensache.
Bei all der Finesse in Sachen Design vergaß Campos manchmal, die richtige Größe zu bestellen. Was soll’s – gejubelt wurde trotzdem.
Auch im Achtelfinale der WM 1994 gegen Bulgarien. Allerdings nur kurz: Außer Krassimir Balakow ließ sich im Elfmeterschießen kein Bulgare von der Farbenpracht auf der Torlinie verwirren. Aus für Mexiko.
Campos verkraftete den Knockout und zog weiter sein Ding durch. Dazu gehörte auch, sich unter die Feldspieler zu mischen. Der Torwart wagte regelmäßig Ausflüge, von denen Manuel Neuer nicht einmal zu träumen wagt. Auf Vereinsebene ging er noch weiter. Im Trikot der UNAM Pumas lief Campos zeitweise im Sturm auf. Konnte der Tausendsassa natürlich auch – 38 Buden sprechen für sich.
Einmal die Neunziger, bitte. Danke, reicht schon.
Bei der WM 1998 trafen die Mexikaner auf Europameister Deutschland. Mexiko verlor mit 1:2 und schied aus – wohl zurückzuführen auf das zu schlichte Trikot von Keeper Campos.
Prompt kam es auch zum Handshake mit der zuvor noch eingeschnappten Singdrossel Klinsi.
1999 tütete Campos – in lila-gelber Tracht – noch den Confed Cup ein, anschließend zog er sich allmählich aus dem Nationalteam zurück. Zu dieser Zeit verließ „El Inmortal“ auch die MLS in Richtung Heimat – er galt als einer der ersten großen Stars der nordamerikanischen Profiliga.
Später machte Campos dann das, was ein knallbunter Ex-Profi eben so macht: Schaulaufen. Wie bei der Auslosung der Gruppen zur WM 2006…
…oder beim Freundschaftskick mit anderen Altherren.
Wenn es ein Abziehbild bräuchte, um zu beweisen, dass Torhüter einen Knall haben: Campos stünde bereit. Auf dass es einmal wieder so schön bunt wird!