Wohl kaum jemand hätte vor der Saison mit dem Abstieg des VfB Stuttgart gerechnet. Warum er dann doch kam, wie es jetzt weitergeht und wer als Einziger zum Hoffnungsträger taugt.
Unser Gastautor Andreas Zweigle schreibt ansonsten auf dem VfB-Blog vertikalpass.de
Es gab eine Zeit, da konnte man vermuten, das Vereins-Lokal des VfB Stuttgart befindet sich nicht in Bad Cannstatt in der Mercedes Straße, sondern im beschaulichen Stadtteil Gablenberg im Osten der Landeshauptstadt. Dicke Karossen mit dem Stern parkten dort auf dem Gehweg vor dem Restaurant „Vivaldi“, weil die VfB-Spieler beim Edel-Italiener Siege, Geburtstage oder ihre neuen Tattoos feierten. Aber nach dem zweiten Abstieg in drei Jahren ist beim VfB keinem mehr nach Party zumute.
Vor etwa einem Jahr präsentierte der VfB-Sport-Vorstand Michael Reschke in einer spektakulären Pressekonferenz mit Marc-Oliver Kempf, Borna Sosa, Pablo Maffeo, Roberto Massimo und David Kopacz gleich fünf Neuverpflichtungen, zwei Vertragsverlängerungen (Emiliano Insua und Jens Grahl) und ein 100-prozentiges Bekenntnis von Mario Gomez zum VfB. Vorbei schien die Zeit der sogenannten Reschke-Rampe und als kurz danach die Rückkehr Daniel Didavis und die Verpflichtungen von Gonzalo Castro und Nicolas Gonzalez bekannt gegeben wurden, freuten sich alle auf die neue Saison. Allzu gerne hörte man die Einschätzung Reschkes: „Der VfB Stuttgart wird mit dem Abstieg nichts zu tun haben – da lehne ich mich aus dem Fenster“. Jubel, Trubel, Champions League!
Selbstüberschätzung und Schönreden
Heute wissen wir es besser. Reschkes Plan, jungen Talenten erfahrene Routiniers an die Seite zu stellen, ging nicht auf. Das Ergebnis war ein gewissenloser Kader ohne Balance, Widerstandskraft, Tempo und Leistungsbereitschaft. Am Ende ist der einst stolze VfB Stuttgart, immerhin Fünfter in der ewigen Bundesligatabelle, abgestiegen. Und das vollkommen zurecht. Seine Fehleinschätzungen haben Reschke den Job gekostet. 20 Niederlagen, lachhafte 28 Punkte und unglaubliche 70 Gegentore sind das Zeugnis seines Versagens.
Neben personellen Fehlentscheidungen, zu denen die Vertragsverlängerung mit Trainer Tayfun Korkut und die Verpflichtung seines Nachfolgers Markus Weinzierl gehörten, sind Selbstüberschätzung und Schönreden die Konstanten der schlechtesten Saison in der Geschichte des VfB. Niederlagen wurden nonchalant kommentiert („Gegen Mainz muss man nicht gewinnen“, Kapitän Christian Gentner), schlechte Leistungen herunter gespielt („Es gab auch gute Phasen, die wir ins nächste Spiel mitnehmen“) oder Tatsachen schlicht ignoriert („Augenblicklich ist das eine sportliche Delle“, Präsident Wolfgang Dietrich).