Die Winterpause ist die Zeit der Testspiele – und der Wettbetrüger, die mit manipulierten Partien Millionen verdienen. Ein System, das seit Jahren weiter wächst, wie ein Experte erklärt.
Wie prüfen Sie denn letztlich, ob ein Spiel manipuliert sein könnte?
Das Programm, das wir dafür entwickelt haben, nennt sich Fraud Detection System (FDS). Den Impuls hierfür gab übrigens der Hoyzer-Skandal 2004. Im Kern handelt es sich beim FDS um eine massive Datenbank, die alle Wettquoten und Wettquotenänderungen aller weltweit relevanten Buchmacher in Echtzeit erfasst. Wie an einer Börse, wo verschiedene Titel gehandelt werden und der Markt permanent beobachtet werden muss. Denn nur, wenn sie alle Transaktionen in Echtzeit erfassen, können sie Insider-Trading aufspüren.
Sie meinen geheime Absprachen unter Marktteilnehmern, die so durch frühzeitige Käufe oder Verkäufe viel Geld verdienen können?
Richtig. Und nichts anderes ist die sportwettbezogene Manipulation. Eine oder mehrere Personen wissen vorab, wie ein Fußballspiel ausgeht und wetten darauf. Der Buchmacher akzeptiert die Wetten und passt sein Angebot, sprich seine Quoten, entsprechend an. Quoten sind Fakten. Fakten, die nicht lügen. Am Tag fließen so durchschnittlich fünf Milliarden Datensätze in unser FDS ein – von Hand lassen sich diese Massen nicht analysieren. Das übernehmen speziell entwickelte Algorithmen und Programme.
Hört sich kompliziert an.
Schlussendlich ist es aber nur ein intelligent programmierter Filterprozess. Die Quotenänderungen werden quantitativ analysiert und als auffällig oder unverdächtig eingeordnet. Gibt es eine ungewöhnlich starke Quotenveränderung bei einem Spiel, schlägt das System Alarm.
Wie oft meldet sich denn das Programm an einem normalen Fußballsamstag mit Spielen in der ganzen Welt?
In der Regel mehrere hundert, manchmal über tausend Mal.
Und dann machen Sie was?
Dann kommt der Faktor Mensch ins Spiel. Wir haben knapp drei Dutzend Wettexperten in unseren Büros in London, Hongkong und Sydney, die sich dann die verdächtigen Spiele vornehmen und analysieren. Oft lassen sich ganz einfache Erklärungen für die veränderten Wettquoten ausmachen, wenn wir die Informationen rund um die Partie analysieren. Nehmen wir an, der FC Barcelona spielt gegen Real Madrid; die Quoten werden Barca als leichten Favoriten führen. Dann verletzt sich aber Lionel Messi beim Warmmachen vor Spielbeginn – die Gewinnwahrscheinlichkeit von Barcelona sinkt automatisch, als Folge passen die Wettanbieter ihre Quoten an.
Ihr System schlägt aber trotzdem Alarm, da die Quoten sich deutlich ändern.
Genau. Das erklärt, warum sich 98 von 100 dieser Warnungen nachträglich als unverdächtig herausstellen. Verhärtet sich allerdings der Verdacht, schreiben wir einen bis zu 50-seitigen Bericht und übergeben ihn an unsere Auftraggeber, also Strafverfolgungsbehörden oder Sportverbände. Wir arbeiten seit Jahren unter anderem mit Europol oder dem österreichischen und australischen Bundeskriminalamt zusammen. Dadurch haben wir gelernt, sichere Analyseprozesse zu definieren und zu garantieren.