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Axel Springer war ein weiser Mann. Er wusste, dass sich Zei­tungen besser ver­kaufen, wenn sie ein Horo­skop ent­halten. Men­schen brau­chen Füh­rung, sie brau­chen Hoff­nung – und wenn die Dru­cker­schwärze auf den bunten Seiten diese von Zeit zu Zeit befeuert, sinkt die Gefahr des Volks­auf­standes. 

Auch Fans leben von ihren Träumen. Die meisten hoffen darauf, dass es mit ihrem Team eines Tages wieder auf­wärts geht. Und des­halb gibt es viele Men­schen, die ihr Tag­werk als TV-Experten“ ver­sehen. Die meisten haben selbst einmal als Profi gewirkt, was ihnen Glaub­wür­dig­keit ver­leiht. Ihre Erzie­hung ermög­licht ihnen, dass sie zwei Haupt­sätze feh­ler­frei bauen und aus­spre­chen können. 

Fuß­baller, die wie Taxi­fahrer reden

Die Guten plau­dern wie Fri­söre über Haar­spray, sie reden über Dinge, die nie­mandem wirk­lich weh tun und doch für die Dauer eines Haar­schnitts unge­heuer staats­tra­gend erscheinen. Sie geben Hin­weise wie Taxi­fahrer, die man beim Aus­steigen respek­tive Aus­schalten längst wieder ver­gessen hat. Sie sitzen da in ihren dunklen Jacken, auf­ge­reiht wie Vögel auf der Stange und wenn ein Team hoch ver­loren hat oder sich im Abstiegs­kampf schwer tut, dann stellen sie mit geballter Fach­kenntnis fest: Jetzt hilft nur noch ein Wunder“.

Manchmal tritt es ein, meis­tens nicht. Ist aber auch egal, denn Mei­nungen im Fuß­ball ver­senden sich schneller als der Schall. Schließ­lich ist morgen schon das nächste Spiel. Wäh­rend früher das Ende der aktiven Kar­riere oft in die Lotto-Annah­me­stelle führte, geht es heute für viele arbeits­su­chende Ex-Kicker schnur­stracks in die Cate­ring-Räume der TV-Sender. Da ist gut geheizt, es gibt Frei­ge­tränke und Fin­ger­food. 

Steffen Freund gab mir einen weisen Rat

Sogar als Mit­ar­beiter eines Mediums wie 11 FREUNDE tritt man von Zeit zu Zeit im Fern­sehen auf und lie­fert Ana­lysen, die im Ide­al­fall eine schwung­voll vor­ge­tra­gene Melange aus Zei­tungs­lek­türe, gesunder Mensch­kenntnis und Pres­se­kon­fe­renz­schnipp­seln sind.Einmal saß ich im War­te­raum eines Nach­rich­ten­sen­ders Steffen Freund gegen­über. Der DFB hatte Wich­tiges zu ver­künden und wir beide wech­selten uns als Experten“ (zumin­dest in meinem Fall gespro­chen Ecchs­spääade“) im Halb­stun­den­takt im Studio ab. Ich war etwas später ein­ge­troffen, also fragte ich Freund, was genau die Mode­ra­toren denn so wissen wollten. Er sagte: Ach, die fragen ab und zu was, und dann ant­wor­test Du halt.“

Markt­for­schungen haben ergeben, dass der belieb­teste unter den TV-Experten Ottmar Hitz­feld ist. Dicht gefolgt von Franz Becken­bauer und, Sie ahnen es bereits, Steffen Freund. Deut­li­cher nied­riger in der Gunst der Zuschauer stehen der hin­ter­sin­nige Jan Age Fjor­toft und Motzki“ Sammer. Da jeder sich auf seine Weise um den Fuß­ball ver­dient gemacht hat, wird wohl kein TV-Zuschauer auf die Idee kommen, am Sach­ver­stand dieser Men­schen zu zwei­feln. 

Ironie ist im Fuß­ball eine Tod­sünde

Es liegt also der Ver­dacht nahe, dass ein Ecchs­spääade“ vor allem eine Qua­lität braucht, um beim Fan zu landen: Er darf nicht beläs­tigen. Seine Mei­nung muss aus­ge­wogen for­mu­liert sein, relaxt vor­ge­tragen werden, nicht bes­ser­wis­se­risch wirken und auf keinen Fall einen dop­pelten Boden besitzen. Denn die Ironie ist im Fuß­ball immer noch eine Tod­sünde. Ist auch besser so, denn das größte Pro­blem dieses Spiels ist doch, dass wir zum Glück vorher nicht wissen können, wie es hin­terher aus­geht. 

Wenn also die Woche über sich Ecchs­spääaden“ den Kopf zer­bre­chen, ob Podolski seinen Zenit über­schritten hat oder die Hertha vor einem Scher­ben­haufen steht, sind all diese Vor­aus­sagen aus beru­fenem Mund nur Quatsch mit Soße, wenn es am Samstag dann ganz anders kommt. Tief­gründig wie ein in Fernost von einem Wind­hauch umkip­pender Sack mit Reis, kom­pe­tent wie die mor­gend­liche Rasur. Naß oder tro­cken, schwarz oder weiß, hell oder dunkel. Ist doch egal. Das ganze Geld mit Quatsch ver­dient – und wenn einem mal wieder gar nichts ein­fällt: Jetzt hilft nur noch ein Wunder!“

Ein­fach Scheiße reden, kommt am besten an“

Dazu noch eine Geschichte: Vor einiger Zeit nahm ein Kol­lege an einer Talk­runde mit arri­vierten TV-Ecchs­spääaden teil. Er war das erste Mal dort und setzte er sich schüch­tern an den Tisch. Ein älterer Kol­lege grinste ihn an und sagte: Junge, mach dir keinen Kopp. Ein­fach Scheiße reden, kommt am besten an.“