Auf den Scilly Inseln, 50 Kilometer westlich von Cornwall, treten Woche für Woche zwei Teams in der kleinsten Liga der Welt gegeneinander an. Wird das nicht irgendwann langweilig?
Mark Twynham, 43, liebt die Erzählungen von Männern wie Stomper. Er besitzt den einzigen Sportpub der Scillies, das „Bishop and Wolf“. Früher hörte er dem inzwischen verstorbenen Skipper Williams zu, später Grant Tucker, der vor Jahren schon aufs Festland verzogen ist, kantige Männer, die aus einer vergessenen Zeit berichteten, von Spielen, als die Knochen noch knackten, als es im Fußball um mehr ging als um Leben und Tod.
„Weißt du, Fußball braucht schöne Tore und Hackentricks. Doch er braucht vor allem den Wettbewerb. Sieger und Verlierer“, sagt er. „Deswegen haben wir ja die Liga. Manchmal gehst du mit 1:6 runter, doch du weißt: Nächste Woche geht der Kampf von vorne los.“
„Das härteste Spiel, das ich je erlebt habe“
Vor einigen Jahren, erzählt er, haben sie in der örtlichen Schule und auch im restlichen Königreich angefangen, den Kids zu erzählen, es gehe beim Sport nur ums Mitmachen. Und plötzlich gab es in der Scilly Football League keine Zweikämpfe mehr, Tacklings und Grätschen verschwanden vollends. Die Spiele nahmen den Charakter von Freundschaftsspielen an, und die Pfeife des Schiedsrichters ertönte bei nahezu jeder Berührung. Immer wieder beteten sie ihr Credo: Dabei sein ist alles. „Das ist doch großer Quatsch!“ schimpft Twynham mit sonorer Bassstimme, lehnt sich vor und brummt im breitesten Kornisch: „Ich will Spiele, bei denen ich noch Tage später den Rasen riechen kann.“
Heute sei es wieder besser geworden, auf dem Garrison Field tacklen sie wieder, und die letzten Saisons wurden alle am finalen Spieltag entschieden. Dann berichtet er von den Reisen, die das St. Mary‘s‑Allstar-Team jedes Jahr im März aufs Festland unternimmt. Es geht häufig gegen Falmouth Town, die normalerweise in der South Western League spielen. „Letztes Jahr war es unmenschlich. Die dachten, dass sie uns zweistellig putzen würden. Schnell führten sie tatsächlich 2:0. Doch wir spielten uns in einen Rausch. Am Ende stand es 2:2. Es war das härteste Spiel, das ich je erlebt habe.“
Kurz braust er auf, seine Stimme beginnt zu kippen. Dann Stille. Twynham blickt durch seinen Pub, an der Wand hängt die Geschichte des englischen Fußballs. Als sein Vater zurück aufs Festland ging, hinterließ er ihm etliche Devotionalien, etwa das Programmheft des WM-Endspiels 1966 samt Eintrittskarte, Rosetten von Leicester City und West Bromwich aus den sechziger Jahren oder ein Leeds-Trikot vom Centenary-Cupfinale 1972. In einer Vitrine stehen die Pokale der Scilly League. Dann sammelt sich Twynham wieder und nuschelt: „Pal! It was the toughest game ever.“
Leg‘ dich nicht mit dem Schiri an!
Momentan spielt Twynham für die Woolpack Wanderers im Tor. Früher war er Stürmer, doch das mit der Fitness läuft nicht mehr so gut, sagt er, und dann streicht über seinen großen Bauch, der die Blousontrainingsjacke spannt. Es gab sogar Spiele, da half Twynham als Linienrichter aus, die Lust daran ist ihm vor einiger Zeit vergangen. „Es war ein Schützenfest, die Gunners schossen damals ein Tor nach dem anderen. Allerdings“, sagt er, und auch wenn er grinst, wird die Stimme wieder lauter, „drei waren mindestens Abseits.“ Twynham wedelte jedes Mal, doch der Schiedsrichter, der einzige der Insel, der jedes Spiel pfeift, ignorierte ihn. Irgendwann war Twynham so wütend, dass er seine Fahne auf den Boden warf. Der Referee wühlte in seiner Gesäßtasche und zeigte ihm die Rote Karte. Twynham pöbelte lautstark. Aber es nützte nichts, verbittert verließ er das Feld.