Während Union Berlin sein Saisonfinale vor 2.000 Fans austrägt, verzichtet Holstein Kiel auf die Umsetzung eines solchen Modellprojekts. Damit zeigen beide Klubs auf ganz eigene Art, wie viel Wert sie wirklich auf den viel beschworenen Gemeinsinn legen.
Vor fast genau einem Jahr, genau genommen am 28. Mai, suspendierte der 1. FC Union Berlin Sebastian Polter. Der Stürmer blieb bei den letzten sechs Saisonspielen außen vor, durfte sich beim Training allerdings weiter fit halten, bevor er im August schließlich zu Fortuna Sittard in die Niederlande wechselte. Der Grund für die Suspendierung damals: Polter soll eine Gehaltskürzung abgelehnt haben, mit der Union während der Coronakrise Kosten sparen wollte. Der Verein warf ihm „unsolidarisches Verhalten“ vor.
Den Vorwurf könnte man nun erwidern. In der Frage um eine Rückkehr von Zuschauer*innen in die Stadien macht Union nämlich einen großen Schritt nach vorn – im Alleingang, wohl zumindest in der Bundesliga. Am Montag bestätigte der Berliner Senat das Pilotprojekt des 1. FC Union Berlin zur Rückkehr von Fans ins Stadion an der Alten Försterei. „Damit kann das Saisonfinale der Eisernen gegen RB Leipzig vor 2.000 Zuschauern stattfinden“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Der FC Hansa Rostock darf sein mögliches Aufstiegsspiel in der 3. Liga sogar vor 7.500 Fans bestreiten. Auch in der zweiten Bundesliga stellte die Stadt Kiel der KSV Holstein ein mögliches Modellprojekt in Aussicht. Während Union die Rückkehr aber umsetzen will, lehnte Kiel ab. Was zeigt: Die KSV Holstein scheint den Köpenickern in Sachen Verantwortungsbewusstsein und Fairness ein wenig voraus zu sein.
Aber von vorne. Die Köpenicker drängen nicht erst seit gestern darauf, Pläne zur Rückkehr der Fans zu erarbeiten, zu testen und umzusetzen. Schon im letzten Sommer hatte der Verein versucht, ein Pilotprojekt für den Beginn der neuen Saison zu starten. Zuschauer*innen und Pressevertreter*innen sollten vor Ort sein dürfen, wenn der am Stadioneingang durchgeführte Corona-Schnelltest negativ ausfiele. Allerdings: Die Infektionslage in Berlin, in ganz Deutschland, spitzte sich damals wieder so weit zu zu, dass das Projekt abgeblasen wurde. Vorerst. Jetzt entspannt sich die Lage wieder etwas, wenn es so bleibt, kann das Experiment doch noch in dieser Saison durchgeführt werden. Am letzten Spieltag. Womit sich Union nicht nur Freunde macht.
Natürlich wollen alle wieder zurück in die Stadien, ihre Mannschaften anfeuern, die es so dringend nötig hätten – Bremer, Kölner und Bielefelder schreien Hallo. Dafür wird es Pilotprojekte brauchen, keine Frage. Der Zeitpunkt – ausgerechnet am letzten Spieltag, an dem sich noch einiges entscheiden kann – erscheint allerdings als wenig geeigneter für einen Alleingang in dieser Angelegenheit.