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Lieber Olli,

zunächst eine Beichte. Als du 2012 zu uns kamst, haben wir uns ein biss­chen ver­äp­pelt gefühlt. Auf deinem Lebens­lauf standen Borussia Mön­chen­glad­bach, Armi­nina Bie­le­feld und der 1. FC Kai­sers­lau­tern. In unserer Start­auf­stel­lung standen Shinji Kagawa, Mats Hum­mels, Mario Götze. Alle­samt blut­junge Aus­nah­me­könner. Du gingst mit Ende Zwanzig nicht mal mehr als Per­spek­tiv­spieler durch. Wäre der Borussia-Kader dieser Jahre ein Ein­fa­mi­li­en­haus gewesen, wärst du ein Umzugs­karton auf dem Dach­boden, über den man sich gehörig wun­dert, wenn man ihn mal wieder her­vor­kramt.

Doch dann ver­än­derte ein Spiel am 8. April 2014 alles.

Wir hatten das Hin­spiel im Cham­pions League-Vier­tel­fi­nale gegen Real Madrid mit 0:3 ver­loren. Und die Aus­sichten für das Rück­spiel waren düster. Neven Subotić war ver­letzt, Sven Bender und Sokratis genauso. Kapitän Kehl? Gesperrt. Also traten wir mit einer Rumpf­de­fen­sive an, bestehend aus dem noch vor kurzem ver­trags­lose 33-jäh­rigen Manuel Fried­rich, Milos Jojic, der erst in der Win­ter­pause zu uns gekommen war – und dir. Auf der Gegen­seite: Karim Ben­zema, Ángel Di María, Gareth Bale. Uff.

Das Spiel star­tete ver­dammt schlecht, nach einer Vier­tel­stunde pfiff der Schieds­richter Elf­meter für Madrid. Doch als Roman Wei­den­feller den Schuss von Di María parierte, hatten wir zum ersten Mal das Gefühl, das dieses Spiel etwas Beson­deres werden kann. Und tat­säch­lich: In der 24. Minute drosch Manuel Fried­rich den Ball ein­fach mal nach vorne – über deinen Kopf hinweg, was irgendwie sym­pto­ma­tisch war, denn mit dem Spiel hat­test du bis dahin wenig zu tun. Madrid-Ver­tei­diger Pépe ver­schätzte sich beim Kopf­ball, Marco Reus stand plötz­lich allein vor Iker Cas­illas und machte das 1:0!

Dieses Tor war wie eine Initi­al­zün­dung für die Fans, für das Team und für dich. Den Stock­fehler im Madrider Auf­bau­spiel, der zum 2:0 für uns führte, hat­test du pro­vo­ziert. Du warst es, der in der 36. Minute Asier Illa­ra­mendi derart aggressiv anlief, dass dieser den Ball quasi frei­willig Marco Reus in den Lauf spielte, der das Ding rein­prü­gelte. Noch ein Tor, um die Hin­spiel­klat­sche zu aus­zu­glei­chen. Und noch einmal 45 Minuten Zeit, um es zu schießen.

Für uns Dort­munder war der April in diesen Jahren ja als Monat der Wunder reser­viert. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor das Rück­spiel gegen Malagá, in den davor­lie­genden zwei Jahren war uns Ende April jeweils klar, dass wir wohl wirk­lich Deut­scher Meister werden! Jetzt schien die nächste Sen­sa­tion in der Luft zu liegen. 

Spä­tes­tens seit der zweiten Halb­zeit warst du das Zen­trum der Mann­schaft. Ele­ganz und Spiel­be­herr­schung hatten plötz­lich einen neuen Namen: Oliver Kirch. Du nahmst auf dem Spiel­feld die Rolle ein, die eigent­lich für dein Gegen­über Xabi Alonso vor­ge­sehen war. Du strei­chel­test die Bälle durchs Mit­tel­feld, kein Angriff, der nicht über dich ein­ge­leitet wurde. 120 Ball­kon­takte zählten die Sta­tis­tiker am Ende. Die meisten auf dem Spiel­feld.

Genützt hat es nichts, wir schossen kein drittes Tor mehr. Trotzdem ist dieses Spiel gegen Madrid in der Rück­schau so viel schöner als der glor­reiche Tri­umpf ein Jahr zuvor, als Robert Lewan­dowski vier Tore im West­fa­len­sta­dion schoss. Denn damals siegten wir in Best­be­set­zung, was sich im Rausch dieser Saison seltsam logisch anfühlte. Dieses Mal waren wir mit einer Rumpf­truppe nur denkbar knapp gegen den spä­teren Pokal­sieger raus­flogen – ent­gegen aller Erwar­tungen. Auch weil du, Olli, das Spiel deiner Kar­riere gemacht hast. In diesem Sinne – alles Gute zu deinem Geburtstag.

In einer frü­heren Ver­sion des Textes war die Rede davon, dass Robert Lewan­dowski vier Tore im Ber­nabeú erzielt hätte. Er schoss sie aller­dings im West­fa­len­sta­dion. Wir haben das kor­ri­giert und bitten, den Fehler zu ent­schul­digen.