Halbfinale! Crunchtime! Ein Blick in die Historie zeigt: Einige Halbfinal-Begegnungen haben WM-Geschichte geschrieben.
7. Ungarn – Uruguay 4:2 n.V., 1954
Die Wachablösung des Weltmeisters Uruguay durch die als unbesiegbar geltenden Ungarn wurde erwartet. Das vorweggenommene Finale, wie alle sagten. Und kein Spiel für schwache Nerven: Ungarn ging früh mit zwei Toren in Führung, doch der Titelverteidiger wollte sich so nicht verabschieden. Als Überlebensretter erwies sich Juan Hohberg. In der Schlussphase erzielte er beide Tore, beim anschließenden Jubel erlitt er eine Herzattacke. Neben dem Platz wurde er erfolgreich reanimiert, erhielt ein südamerikanisches Medikament gegen Höhenkrankheit und spurtete zurück auf den Platz. Dort schoss Ungarns Torjäger Nandor Hidegkuti das 3:2 und 4:2.
6. Deutschland – Schweden 1:3, 1958
Wie ein Gewitter donnerten die Rufe der schwedischen Fans über das Stadion von Göteborg. „Heja, Heja!“ Das aggressive Auftreten der Fans wird nur von der schwedischen Mannschaft überboten. Beim Stand von 1:1 hatte Schiedsrichter Istvan Zsolt bereits ein schwedisches Handspiel zum Ausgleich übersehen und dem Weltmeister einen fälligen Elfmeter vorenthalten. In der 59. Minute wird es Erich Juskowiak, dem Verteidiger von Fortuna Düsseldorf, zu viel, er revanchiert sich mit einem harten Einsteigen gegen Kurt Hamrin – und wird des Feldes verwiesen. Auf der anderen Seite wird Fritz Walter zusammengetreten. Er humpelt über den Platz. Schweden gewinnt in der Schlussphase mit 3:1. Das Spiel hat diplomatische Folgen. Die DFB-Delegation reist entrüstet ab. Bei der Kieler Woche wird eine schwedischer Kinderkapelle mit Pfiffen empfangen. In Hamburg verschwinden die „Schwedenplatten“ von der Speisekarte, und die „Saar-Zeitung“ tritt übel nach: „Es ist der Hass eines Volkes, dem man das Schnapstrinken verbieten muss, weil es sonst zu einem Volk von maßlosen Säufern wird.“
5. Brasilien – Niederlande 5:3 n.E., 1998
Dieses Spiel sollte entscheiden, wer der beste Stürmer seiner Generation werden würde. Das Wunderkind aus Rio de Janeiro, Ronaldo. Oder die Skandalnudel aus Amsterdam, Patrick Kluivert. Für viele Beobachter galt es als vorgezogenes Finale. Und zumindest Ronaldo hatte vor, auf dieser großen Bühne zu brillieren. Mehrfach setzte er zu Sololäufen an, die einem den Atem raubten. Beim 1:0 setzte er sich gegen den herauseilenden Edwin van der Sar durch. Doch Kluivert glich per Kopfball aus. Was folgte, war ein Elfmeterschießen, das als „Thriller im Vélodrome“ in die Geschichte einging. Im Stadion von Olympique Marseille verloren Philipp Cocu und Ronald de Boer die Nerven – und verschossen.
4. Deutschland – England 5:4 n.E., 1990
Dramen verstecken sich manchmal in den kleinsten Augenblicken. Oder in den Tränen eines Mannes, der noch gar nicht verloren hat. Weinend stand Paul Gascoigne in der 98. Minute vor Schiedsrichter José Roberto Wright. Er konnte es nicht fassen: Gelbe Karte. Damit wäre Gascoigne für ein mögliches Finale gesperrt. Nicht dass es dazu kommen würde, vorher hätte sich England im Elfmeterschießen gegen Deutschland durchsetzen müssen. Doch Stuart Pearce scheiterte an Illgner, und Chris Waddle schoss übers Tor – war das schon Protest? Egal. Gascoigne weinte schon wieder.