Fußball-Zwerg San Marino musste 14 Jahre auf ein Tor warten. Gegen Litauen hat es mal wieder geklappt. Und alle drehen durch.
In der 55. Minute der Partie gegen Litauen passierte dann aber folgendes: die Gastgeber vertändelten leichtfertig den Ball und ermöglichten einen überraschenden Konter der Gäste. Den Litauens Torwart Giedrius Arlauskis nur mit einer Notbremse gegen den heranstürmenden Matteo Vitaioli zu stoppen wusste – Rot für den Schlussmann, Freistoß für San Marino.
Der Schütze spielt in der vierten italienischen Liga
Den legte sich der Gefoulte selbst zurecht. Matteo Vitaioli. Ein 25-jähriger Modellathlet, 1,88 Meter groß und lange Zeit das größte Talent des san-marinesischen Fußballs. Beinahe wäre er für den FC Empoli mal zu einem Einsatz in der Serie A gekommen. Aber eben nur beinahe. Aktuell steht Vitaioli beim AC Sammaurese unter Vertrag. Serie D, vierte Liga.
Eher unterklassig sah dann auch die Freistoßvariante aus, die sich San Marino ausgedacht hatte. Linksfuß täuscht kurz an, Rechtsfuß (Vitaioli) haut einfach drauf. Eine vielleicht dann doch nicht so dumme Idee, war doch Ersatztorwart Vytautas Cerniauskas gerade erst eingewechselt worden. Matteo Vitaioli zog also ab, Cerniauskas riss die Fäuste nach oben, erwischte den Ball nicht richtig – und, oh Wunder, der Ball landete im Netz. 1:1 nach 55 Minuten. Das erste Auswärtstor nach 14 Jahren. Nach 34 Spielen. Nach 3060 Minuten.
Alle durften sich mitfreuen
Die Bilder vom san-marinesischen Torjubel sind bereits um die Welt gegangen. Sie zeigen eine Mannschaft samt Trainerstab in Ekstase, schwitzende glückliche Männer liegen aufeinander, springen durcheinander, wissen nicht, wohin mit ihren Emotionen. Es sind fantastische Szenen, auch deshalb, weil der geübte Fußballfan auf solche Gefühlsexplosionen normalerweise bis zum Ende einer spannenden Saison oder eines Endspiels warten muss. Gestern bekam er das bereits nach 55 Minuten in einer Partie zwischen dem Vorletzten (Litauen) und dem Letzten (San Marino) der EM-Quali-Gruppe E geboten. Ein kleines Wunder, und alle durften sich mitfreuen.
Am Ende übrigens auch die Litauer. Sie gewannen noch mit 2:1 durch ein Tor von Lukas Spalvis in der Nachspielzeit. Armes San Marino? Wohl kaum. Es galt ja ein Wunder zu feiern. Und den dafür notwendigen Humor haben sie offenbar auch. Der Twitter-Account des Verbandes wies dezent auf einen Vorteil in einem eigentlich ungleichen Duell hin: „Tore von San Marino im September: 1. Tore von Cristiano Ronaldo im September: 0“.