Es ist ein tristes Bild. Inmitten der Eich­kamp­sied­lung in Berlin-Char­lot­ten­burg stehen die Über­reste eines nie­der­ge­brannten Con­tai­ners. Die mit einem Poli­zei­band abge­sperrte Ruine wirkt wie ein Fremd­körper in der sonst so beschau­li­chen Umge­bung.

Dieser unscheinbar wir­kende Con­tainer war lange Zeit das Herz des ehe­ma­ligen Ber­liner Bun­des­li­gisten Tennis-Borussia: Das Fan­heim Zum Gol­denen Lachs­hirsch“. Es war die Spiel­tags­kneipe der Fans des heu­tigen Ober­li­gisten, in der Erfolge gefeiert und Nie­der­lagen in Alkohol ertränkt wurden. Dazu befand sich in den Räum­lich­keiten eine über Jahre hinweg und voller Liebe zusam­men­ge­tra­gene und gepflegte Samm­lung his­to­ri­scher Fanu­ten­si­lien aus der Ver­eins­ge­schichte Tennis Borus­sias. Kurz: Ein Stück Ber­liner Fuß­ball­kultur.

Der Con­tainer wurde ursprüng­lich vor Jahr­zehnten für eine Bau­stelle an der S‑Bahn-Sta­tion Messe-Süd errichtet und sollten nach Erfül­lung seines Zwecks wieder abge­baut werden. 2014 ent­schied die Stadt, nach langer Über­zeu­gungs­ar­beit der TeBe-Fans, den Con­tainer stehen zu lassen und der Fan­szene zu über­lassen. Mona­te­lang haben die Fans des Ama­teur­ver­eins dar­aufhin gebas­telt, geschraubt und gema­lert und aus der Baracke einen ein­zig­ar­tigen Ort geschaffen.

Die größten Ver­luste sind uner­setzbar

Am Tag nach dem Feuer erreichten die Tebe-Fans soli­da­ri­sche Grüße aus anderen Fan­la­gern. Oft wurden Aus­wärts­fans nach dem Spiel in den Gol­denen Lachs­hirsch ein­ge­laden und auf die ein der andere Partie Tisch­ki­cker her­aus­ge­for­dert. Der emo­tio­nale Wert dieser Kneipe über­stieg den mate­ri­ellen Wert natür­lich um ein Viel­fa­ches.“ erklärt TeBes Vor­stands­vor­sit­zender Jens Red­lich. Er hat den Fans sofort seine Unter­stüt­zung beim Aufbau eines neuen Fan­heims ange­boten. Auch wenn die größten Ver­luste uner­setzbar sind. Denn nach dem ver­hee­renden Brand blieb von den Samm­lungen nicht mehr viel übrig. An einigen Stellen blitzen die lila Ver­eins­farben von Tennis Borussia aus dem schwarzen Schutt und der Asche hervor, doch die meisten his­to­ri­schen Uten­si­lien wurden bis zur Unkennt­lich­keit zer­stört.

In dem Ver­eins­in­ternen Inter­net­forum Lila Kanal“ bekun­deten unzäh­lige Fans ihre Trauer und spen­deten sich gegen­seitig Trost. Unver­züg­lich wurde geplant, zusammen den Ort zu besich­tigen, um mit eigenen Augen zu sehen, was von ihrer Stamm­kneipe übrig geblieben ist. Ein User schrieb: Ich komme nicht. Ich will nicht einen halb-ver­brannten lila-weißen Teddy finden, den ich mal im Mär­ki­schen Viertel am Rande eines Floh­marktes für 5€ ergat­tert habe – und dann anfangen zu heulen.“

Die Polizei ermit­telt wegen Brand­stif­tung

Viele Fans ver­muten hinter dem Unglück einen Anschlag geg­ne­ri­scher Fans. Im letzten Heim­spiel gegen Blau Weiß 90 Berlin kam es gegen die als poli­tisch links ein­zu­ord­nenden TeBe-Fans zu hass­erfüllten, anti­se­mi­ti­schen und homo­phoben Fan­ge­sängen. Das Feuer rührte von explo­die­renden Gas­fla­schen inner­halb des Con­tai­ners. Aber die wurden ord­nungs­gemäß gela­gert“, erklärt Red­lich und ruft trotzdem zur Gelas­sen­heit auf: Natür­lich ermit­telt das LKA bei diesen mys­te­riösen Umständen in Rich­tung Brand­stif­tung. Aber das bedeutet erstmal gar nichts. Solange die Ermitt­lungen laufen sollten wir nicht zu viel spe­ku­lieren“.

Unab­hängig von den lau­fenden Poli­zei­er­mitt­lungen sitzt der Schock tief. Aber TeBe-Fans sind von ihrer in den Ama­teur­be­reich abge­rutschten Lila-Weißen Liebe Rück­schläge gewohnt. So können ein­zelne Fans schon wieder nach vorne schauen. Ein Teil von mir befindet sich in Schock­starre und ist den Tränen nah, aber ein anderer Teil ist schon im Trüm­mer­frau­en­modus“, schreibt ein User im Fan­forum und ani­miert den Rest der Anhänger dazu, sich nicht ent­mu­tigen zu lassen.

Aber auch wenn sich bereits jetzt viele bereit erklärt haben, beim Wie­der­aufbau zu helfen, bleibt eine trau­rige Gewiss­heit: Ein Stück Ber­liner Fuß­ball­kultur ist für immer ver­loren.