Eintracht Frankfurt besiegt Bayern München – und zwar nicht zufällig, sondern durchaus verdient. Fünf Beobachtungen zum Spitzenspiel.
Am Ende waren sie zu erschöpft, um zu jubeln. 45 Minuten lang musste Eintracht Frankfurt zittern. Die Partie gegen Bayern München spielte sich in der zweiten Halbzeit ausschließlich um den Frankfurter Strafraum ab. Doch die Frankfurter verteidigten, bis ihre Beine krampften. Als der Schiedsrichter das Spiel abpfiff, sanken sie zu Boden.
Die Frankfurter sind Weltpokalsieger-Besieger. Die Eintracht ist erst das vierte Team, das seit der Corona-Pause im Frühjahr 2020 gegen die Bayern gewinnen konnte. Zugleich überraschte der Erfolg nicht: Die Frankfurter machten da weiter, wo sie zuletzt aufgehört hatten. Fünf Dinge, die bei der Partie aufgefallen sind.
1. Frankfurt ist eingespielt – und flexibel
Im Kalenderjahr 2021 hat Eintracht Frankfurt mehr Punkte geholt als jedes andere Bundesliga-Team. Das ist kein Zufall: Die Mannschaft von Adi Hütter spielt seit Wochen auf höchstem Niveau.
Bei Hütters Team sitzen die Abläufe mittlerweile nahezu perfekt. Die Startelf wechselt Hütter nur, wenn er muss. Die Mannschaft setzt um, was er fordert: Sie soll den Gegner im 3−4−3 nach Außen drängen, früh attackieren und nach Ballgewinnen schnell umschalten.
Zugleich passt Hütter sein System stets leicht auf die Stärken und Schwächen des Gegners an. Gegen die Bayern wurde aus dem 3−4−3 bei gegnerischem Ballbesitz ein 3−5−2. Ein Zehner rückte auf die Höhe von Stürmer Luca Jovic, um gemeinsam mit diesem Bayerns zwei Innenverteidiger anzulaufen. Dahinter schuf ein Drei-Mann-Mittelfeld eine Überzahl gegen Bayerns Doppelsechs.
2. Bayerns Schlafmützigkeit
Ein Matchplan funktioniert nur so lange, bis der Gegner ihn durchschaut. Die Bayern durchschauten Frankfurts Plan in Halbzeit eins nicht. Sie schenkten den Ball überraschend häufig her. So passten sie etwa häufig den Ball zu den Außenverteidigern und schlugen anschließend eine lange Verlagerung auf den anderen Flügel; einen Ball, mit dem die Eintracht gerechnet hatte.
Auch defensiv schwammen die Bayern teils beträchtlich. Frankfurts Trumpf ist die enorm bewegliche Doppelzehn: Amin Younes und Daichi Kamada wechseln häufig die Seiten. Aus dem Halbraum heraus leiten sie Chancen für die Eintracht ein oder schließen selbst ab. Auch gegen die Bayern zeigten sie sich sehr beweglich.
Deren Doppelsechs gab den Halbraum teils völlig frei. Joshua Kimmich und Marc Roca standen beide zu zentral, daher erhielten sie nur selten Zugriff auf Younes und Kamada. Die beiden Frankfurter Halbraum-Dribbler erzielten folgerichtig die beiden Treffer.
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3. Die Neuen sind Bayerns Schwachstellen
Apropos Roca: Es war erst der zweite Startelfeinsatz des Spaniers in der Bundesliga. Selbst fünf Monate nach seiner Ankunft in München wirkt er wie ein Fremdkörper in der Bayern-Mannschaft. Sein bedächtiges, aber langsames Passspiel, sein gemächliches Vorrücken ins Pressing: Es passt nicht so recht in den Vollgasfußball, den Trainer Hansi Flick spielen lassen will.
Auch Eric Maxim Choupo-Moting stand gegen Frankfurt in der Startelf. Er ersetzte Thomas Müller. Auch diese Idee ging nach hinten los: Choupo-Moting war wenig präsent. Der energische Müller fehlte seiner Mannschaft vor allem im Pressing.
Dass ausgerechnet Choupo-Moting und Roca schwächelten, beweist wieder einmal: Der zweite Anzug der Bayern sitzt nicht. Roca musste bereits zur Pause runter. Mit Stammspieler Leon Goretzka standen die Bayern sofort wesentlich stabiler im Mittelfeld.
4. Tief stehen bringt falsche Sicherheit
In der ersten Halbzeit hatten die Frankfurter mit schnellem Passspiel und hohem Pressing überzeugt. Nach der Pause blieb davon nicht viel übrig. Die Frankfurter ließen sich weit fallen. Zunächst verteidigten sie im 5−3−2 in einem Mittelfeldpressing, später zogen sie sich im 5−4−1 an den eigenen Strafraum zurück. Sie wollten die Führung über die Zeit retten.
Die tiefe Abwehrlinie lud die Bayern in die Frankfurter Hälfte ein. Eine Einladung, die die Bayern nicht ausschlugen: Wieder und wieder brachen sie über die Flügel durch, erarbeiteten sich Chance um Chance. Am Ende musste sich Eintracht Frankfurt bei Keeper Kevin Trapp bedanken, dass die Partie 2:1 ausging.
5. Der Rasen als Faktor
Nach der Niederlage konnte sich Bayern-Coach Flick einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. „Ich glaube, die Eintracht hat eine gute, eine sensationelle Form. Aber mit dem Rasen können sie sich noch etwas steigern.“
Wer im Nachgang einer Niederlage die Rasenqualität bemängelt, weckt stets den Eindruck, ein schlechter Verlierer zu sein. Ein schlechter Rasen betrifft schließlich beide Teams. Hütter wies daraufhin, dass auch seine Mannschaft gut kombinieren könne. Trotzdem: Die Mannschaft, die fast 200 kurze Pässe mehr gespielt hat, war am Ende vom Rasen mehr betroffen als jenes Team, das jeden fünften Pass lang schlug.
Besonders fiel auf, dass der Rasen auf einer Seite des Platzes wesentlich schlechter war als auf der anderen. Während in der ersten Halbzeit Bayerns Verteidiger öfter ausrutschten, fielen nach der Pause reihenweise die Frankfurter Verteidiger hin. So auch vor dem 1:2, als Leroy Sane mit schnellen Richtungswechseln die Frankfurter Defensive umspielte.
Auch das erklärt, warum die Partie zwischen München und Frankfurt ein Spiel zweier unterschiedlicher Hälften war. Eine Partie, die Frankfurt aufgrund der starken ersten Halbzeit für sich entschied.
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