Der Staatschef von Mauretanien soll das Supercup-Finale vorzeitig abgebrochen haben, weil ihm langweilig war. Das weckt Erinnerungen an Bier und Malteser.
Klar, Fußball soll eigentlich Spektakel sein. Nervenkitzel von Minute eins an. Chancen hüben wie drüben! Zumindest eine richtige Abwehrschlacht. Irgendwas. Bloß nicht langweilig.
Anregend wie Bauschaum-Bratwurst
Die Realität sieht freilich anders aus. Jeder Fan weiß: 90 Minuten können verdammt lang sein. Dann frieren wir uns im Stadion die Zehen ab und fragen uns minütlich, warum wir uns ausgerechnet heute ein torloses Remis in der Regionalliga geben. Oder entschlafen sanft in der Stammkneipe, weil die Bundesliga-Konferenz mal wieder anregend ist wie eine Bratwurst aus Bauschaum.
Vielleicht ist auch das ein Geheimnis der so dermaßen erfolgreichen Fußball-Videospiele. Da fungieren wir als Manager, steuern nicht nur das Spiel und die Spieler, sondern auch noch die Spielzeit. Zweimal vier Minuten, dafür aber reinstes Spektakel. Und wenn der Gegner einfach besser ist, schalten wir die Konsole aus, fühlen uns kurz schlecht, dann aber verdammt gut. Weil wir das Spiel nach unseren Regeln spielen.
Wir sind Masochisten – leider!
Als Zuschauer sind wir den 90 (oder sogar mehr) Minuten dagegen hilflos ausgeliefert. Wenn es mal öde wird, bleibt uns vielleicht noch die Flucht aus Stadion, Kneipe oder TV-Programm. Doch sind wir leider gleichzeitig Masochisten, also sitzen (oder stehen) wir das aus, bis zum erlösenden Schlusspfiff.
Erinnert sei an dieser Stelle noch einmal an den legendären Auftritt des Schiedsrichters Wolf-Dieter Ahlenfelder, der im November 1975 die erste Halbzeit zwischen Werder Bremen und Hannover 96 bereits nach 32 Minuten abpfeifen wollte. Er ließ dann zwar weiterspielen, die Posse um den verfrühten Pausenpfiff war dennoch nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Offizieller Grund für Ahlenfelders Fauxpas: Er hatte sich nach eigener Aussage ein Bier und einen Malteserschnaps vor dem Anstoß gegönnt, was die schöne Pointe zur Folge hatte, dass man bis heute in Bremer Kneipen Bierchen und Malteser auf den Tisch geknallt bekommt, wenn man einen „Ahlenfelder“ ordert.
Mögliches Szenario: Die Alkohol-Geschichte (Ahlenfelder wurde, auf den Konsum hingewiesen, später mit dem wunderbaren Satz „Wir sind Männer und trinken keine Fanta“ zitiert) war nur Vorwand. Der Schiedsrichter hatte einfach keine Lust mehr auf den grauen Kick (Endergebnis tatsächlich 0:0) an diesem noch graueren Novembertag und wollte sich und die Fans erlösen. Fragen können wir Wolf-Dieter Ahlenfelder leider nicht mehr. Er starb am 2. August 2014.
Elfmeterschießen, Ende, Aus
Womit wir bei Mohamed Ould Abdel Aziz wären. Der ist Präsident von Mauretanien und sah sich am Wochenende das Supercup-Finale zwischen Tevragh-Zeina und ACS Ksar an. Beim Stand von 1:1 soll laut Informationen der „Gazzetta dello Sport“ in der 63. Minute folgendes passiert sein: Weil ihn der Kick zu sehr anödete, befahl der Präsident, das Spiel abzubrechen und eine schnelle Entscheidung per Elfmeterschießen herbeizuführen. Das Tevragh-Zeina gewann.
Inzwischen hat der mauretanische Fußballverband diese Version dementiert. Verbandspräsident Ahmed Ould Abderrahmane erklärte: „Ich bestreite eine Intervention des Präsidenten der Republik aufs entschiedenste. Die Entscheidung erfolgte aus organisatorischen Gründen in Abstimmung mit den Präsidenten und Trainern beider Mannschaften.“ Welche „organisatorischen Gründe“ das gewesen sein sollen, verriet Herr Abderrahmane leider nicht.
Demnächst mit eckigen Bällen?
Eine mögliche Deutung: Wenn die Partie nicht abgebrochen worden wäre, hätte Staatspräsident Aziz relativ zügig recht unangenehme Strafen organisiert. Der Mann hat sich 2008 an die Macht geputscht und pflegt einen eher diktatorischen Führungsstil. Jeder fünfte Mauretanier soll Sklavenarbeit verrichten, Todesstrafen sind an der Tagesordnung. Was bedeuten einem solchen Mann Sätze wie „Der Ball ist rund. Und das Spiel dauert 90 Minuten“? Wenn Mohamed Ould Abdel Aziz will, dann wird in Mauretanien demnächst mit eckigen Bällen gespielt.
Und so sollte sich auch unsere Bewunderung für seinen Spielabbruch aus Langeweile in Grenzen halten – so gerne wir es dem Mann ab und an mal gleichtun würden. Erinnern wir lieber noch mal an den deutschen Schiedsrichter. Der war laut 11FREUNDE-Informationen niemals als Diktator tätig. Darauf ein Bierchen plus Malteser-Schnaps!