Auf dem Spiel standen der palästinensische Cup und die Qualifikation zur asiatischen Champions League. Doch Israel unterband das Duell zwischen FC Balata und Khadamat Rafah. Warum?
Das Hinspiel zwischen Khadamat Rafah, einem Klub aus dem Gazastreifen, und dem FC Balata aus der West Bank stieg bereits am 30. Juni. Es endete 1:1. Spannung war also garantiert vor dem Rückspiel im diesjährigen Finale des palästinensischen Pokalwettbewerbs. Am 3. Juli sollte die entscheidende Partie steigen, in Nablus in der West Bank. Wer nach 180 oder mehr Minuten die Nase vorn haben würde, so viel war klar, würde den Sprung in die asiatische Champions League (Saison 2020) schaffen.
Keine Durchreise
Doch es gab kein Rückspiel. Es wird wohl auch kein Rückspiel mehr geben, wie die englischsprachige „Jerusalem Post“ berichtete – weil Israel sich nämlich bei einem Großteil der Spieler aus Rafah hartnäckig weigert, ihnen die Durchreise durch Israel zum Rückspiel in der territorial vom Gazastreifen abgeschnittenen West Bank zu genehmigen. „Aus Sicherheitsgründen“, wie die „Jerusalem Post“ die zuständigen israelischen Behörden kurz und knapp zitierte.
Rückblick, Ende Juni: Wenige Tage vor dem eigentlichen Rückspieltermin am 3. Juli teilte die israelische Palästinenser-Behörde mit dem sperrigen Namen Coordinator of Government Activities in the Territories (COGAT) der Vereinsführung in Rafah mit, dass 31 der 35 für den Auswärtstrip nach Nablus gemeldeten Delegationsmitgliedern nicht würden reisen dürfen. Nur einer von den vier Personen, die eine Genehmigung erhalten hatten, war ein Spieler.
Protestbriefe an die FIFA
Khadamat Rafah und der palästinensische Fußballverband wandten sich daraufhin mit Protestbriefen an den Weltverband FIFA und kündigten an, in Israel Rechtsmittel einzulegen. Das Spiel wurde vorsorglich weit nach hinten verlegt, auf den 25. September – in der Hoffnung, es würde vielleicht doch noch stattfinden können. Irgendwie.
Die Klubführung von Khadamat Rafah stellte zugleich einen neuerlichen Reiseantrag für eine 35-köpfige Delegation aus Spielern, Trainern und sonstigen Begleitern. Diesmal beschied die israelische Behörde immerhin zwölf der Ein- bzw. Durchreisegesuche positiv. Wobei: Auf der Liste jener, die hätten passieren dürfen, fanden sich laut „Jerusalem Post“ lediglich fünf Namen von Spielern.
Warum aber bleibt Khadamat Rafah bzw. großen Teilen des Klubs die Durchreise durch Israel und die Einreise in die West Bank verwehrt, während die Konkurrenz des FC Balata (aus dem gleichnamigen Flüchtlingslager in der West Bank) im Juni ungehindert nach Gaza passieren durfte? Das Nachrichtenportal „worldisraelnews.com“ zitierte dazu den israelischen Inlandsgeheimdienst „Shin Bet“. Demnach hätten „die meisten“ aus dem Tross von Khamadat „Verbindungen zum Terrorismus“.
Dazu sollte man vielleicht wissen, dass die Palästinenser im Gazastreifen viel stärker im Fokus israelischer Sicherheitsbehörden stehen als jene in der West Bank, seit 2007 die radikal-islamische Organisation Hamas die politische Macht in Gaza erlangte. Die Hamas wird von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft. Immer wieder kommt es vom Gazastreifen aus zu Raketenangriffen auf Israel. Immer wieder rückt die israelische Armee in diesen schmalen Landstrich zwischen Israel und östlichem Mittelmeer vor und führt dort Militärschläge aus.
Kritik auch aus Israel
Djibril Rajoub, der Präsident des Palästinensischen Fußballverbandes PFA, sieht im Reiseverbot für große Teile der Delegation von Khadamat Rafah eine Aggression Israels: „Wir denken, dass dies ein klarer Beweis dafür ist, dass die israelische Okkupation grausam ist“, sagte Rajoub der internationalen Presseagentur Associated Press: „Von unserer Seite aus werden wir dies auf allen Ebenen bei der FIFA vorbringen. Wir bestehen auf unser Recht, und wir werden weiterhin alles unternehmen, damit die Mannschaft ihr Match austragen kann.“
Selbst in Israel stößt die starre Haltung der Behörden auf einigen Widerspruch. Doch auch der Einsatz der israelischen Menschenrechtsorganisation „Gisha“ konnte diese Haltung nicht auflockern. Die Aktivisten hatten Mitte September gemeinsam mit Betroffenen von Khadamat Rafah Beschwerde beim Jerusalemer Bezirksgericht eingereicht. Dabei machte „Gisha“ geltend, dass der palästinensische Pokalwettbewerb letztlich Bestandteil des FIFA-Veranstaltungskalenders sei – und dass eine weitere Verzögerung oder ein Ausfall des Spiels die Teilnahme von Rafah bzw. Balata an der asiatischen Champions League gefährde. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
Greift die Fifa ein?
Die Israel-kritische Menschenrechtsorganisation „The Euro-Mediterranean Human Rights Monitor“ (Euro-Med) bedauerte die Entscheidung des Jerusalemer Gerichts. Die in Genf ansässige NGO erklärte, Israel missbrauche seine gesetzliche Autorität, um palästinensische Fußballspiele zu unterbinden. Dies, so Euro-Med, stelle eine nicht zu rechtfertigende Verletzung der Menschenrechte nach internationalem Recht dar. Euro-Med-Jurist Mohammed Imad forderte deshalb FIFA-Präsident Giovanni Infantino persönlich auf, Druck auf Israel auszuüben.
Die asiatische Champions League startet übrigens am 10. Februar kommenden Jahres in ihre Gruppenphase – wie es aussieht, ohne Khadamat Rafah. Und ohne den FC Balata. Falls nicht noch ein Wunder geschieht.