Mit einem Sieg gegen Gladbach verschafft sich Lucien Favre etwas Ruhe. Doch die nächsten Wochen versprechen weiter beste Unterhaltung in Dortmund.
Noch einmal segelt eine Flanke in den Dortmunder Strafraum. Direkt in die Arme von Marwin Hitz. Ein Roar der Erleichterung geht durch das Westfalenstadion. Jetzt muss es vorbei sein. Zum ersten Mal an diesem Abend wird die Südtribüne laut. „Nur der BVB! Unser ganzes Leben, unser ganzer Stolz.“ Noch bevor das Stadion einstimmen kann, beendet Schiedsrichter Sascha Stegemann die Partie. Die Spieler fallen sich vor Erleichterung in die Arme, vom Spielfeldrand tapert Maskottchen Emma in Richtung Mittelkreis. Der Bienendarsteller weiß nicht, wohin mit seiner Freude. So hüpft er und tapert. Lange nicht gesehen im Westfalenstadion.
Wenig später sagt Axel Witsel: „Wir atmen. Immer. Wir leben. Wir haben dreimal unentschieden gespielt. Aber das heißt doch nicht, dass wir nicht atmen!“ Damit hat der belgische Nationalspieler natürlich recht. Mehr und angestrengter geatmet wurde in den letzten Wochen an keinem anderen Bundesligastandort.
Nach nur einem Sieg aus fünf Pflichtspielen, nach drei aufeinanderfolgenden, späten 2:2‑Unentschieden in der Liga war der BVB auf Platz 8 abgestürzt. Zwar nur vier Punkte hinter Tabellenführer Borussia Mönchengladbach, aber eben auf Platz 8. Und das als selbsternannter Meisterschaftskandidat.
Deutschlands neues Vizekusen?
In die ohnehin vorhandene Aufregung veröffentlichte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke seine Liebeserklärung an Ex-Trainer Jürgen Klopp, dessen sieben Jahre in Dortmund immer mehr zu einer alttestamentarischen Last für den Verein werden. In der fünften Spielzeit nach Jürgen sehnt sich ganz Dortmund weiterhin nach ihm.
Aber es sind Nuancen zu erkennen. Dortmund lernt. Das BVB-Fanzine kritisierte Watzke und Sportdirektor Michael Zorc, warf ihnen eine gewisse Hilf- und Planlosigkeit in der Trainer- und Philosophiefindung vor. 2019, wie bereits in den meisten Vorjahren, bleibt der BVB im oberen europäischen Mittelmaß stecken. Es gibt kein vor und kein zurück. Für immer gefangen in der Champions-League-Gruppenphase, für immer Deutschlands neues Vizekusen. Das zerrt an den Nerven.
Nur Trainer Lucien Favre hat davon nichts mitbekommen. Sagt er. Denkt von Training zu Training, von Spiel zu Spiel, von Tag zu Tag. Nicht in übergeordneten Kategorien. Nicht daran, dass Watzke noch 2018 versucht haben will, Klopp von einer Rückkehr nach Dortmund zu überzeugen.
Am Morgen des Spieltags zirkulieren nach einem Bericht der Süddeutschen bereits drei mögliche Favre-Nachfolger: Massimo Allegri, Ralf Rangnick und Jose Mourinho. Aber jeder hat einen Makel. Der eine könne kein Deutsch, der andere sei bei den Ultras nicht vermittelbar und Mourinho warte lieber auf einen Anruf aus Madrid.